Stärke durch Einheit
Lokal- und Nationalpolitiker plädieren bei Informationsversammlung für eine Fusion der Gemeinden Grosbous und Wahl
Grosbous. Luxemburgs Fläche reicht zwar nicht ganz an jene Russlands heran, dennoch kann man als Innenministerin auch nach zweieinhalb Jahren im Amt immer noch Neues entdecken. So erging es Taina Bofferding am Donnerstagabend, als sie laut eigener Aussage erstmals in der Gemeinde Grosbous im Norden des Großherzogtums zu Gast war. Dabei könnte der erste bereits einer der letzten Besuche gewesen sein, denn am 27. Juni stimmen die Einwohner der Gemeinden Grosbous und Wahl über eine Fusion der beiden Kommunen zum Juli 2023 ab. Bei der letzten Informationsversammlung rührten mehrere Politiker noch einmal kräftig die Werbetrommel, der Gegenwind hielt sich in Grenzen.
Zu Beginn der Veranstaltung hatten einige ausgewählte Bürger das Wort, und zwar als Protagonisten eines Werbefilms. Sie unterstrichen vor allem die Bedeutung der Vereine und die Notwendigkeit, die Menschen mit ins Boot zu nehmen: „Das Wir-Gefühl muss auch auf Bürgerebene stattfinden, denn sonst ist es nur eine administrative Fusion, aber keine der Herzen“, meint beispielsweise Claude Glesener, Präsident des lokalen Tischtennisvereins, in dem Werbefilm.
Mehr Ressourcen als Vorteil
Anschließend warben die Bürgermeister von Grosbous und Wahl, Paul Engel und Christiane Thommes-Bach, für die Fusion und ließen den bisherigen Prozess Revue passieren. So wurde unter anderem eine Stärken-Schwächen-Analyse erstellt, der zufolge sich die beiden Gemeinden auf Augenhöhe befinden. Zudem wurde in jedem der sieben Dörfer eine Bürgerversammlung für jeweils maximal 40 Personen organisiert und es gab einen Austausch mit den Vertretern der Vereine.
Thommes-Bach unterstrich, dass alle Gemeinden mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert seien, größere Kommunen jedoch über wesentlich mehr finanzielle und personelle Mittel verfügten. Engel erinnerte daran, dass zunächst auch ein Zusammenschluss von mehr als zwei Gemeinden im Raum stand, doch zu diesem Zeitpunkt nur Grosbous und Wahl für diesen Schritt bereit seien. „Eine größere Fusion wäre auch gut gewesen, aber jetzt machen wir dann eben den Anfang.“
Sowohl Syvicol-Präsident Emile Eicher wie Taina Bofferding betonten, dass die Initiative für Fusionen stets von den Gemeinden ausgehen müsse und Zusammenschlüsse nicht erzwungen werden dürften. Was den finanziellen Anreiz betrifft, erinnerte Bofferding daran, dass das Fusionssubsid von 2 000 auf 2 200 Euro pro Einwohner erhöht wurde. Bei 2 200 Einwohnern würde die Gemeinde Grosbous-Wahl also knapp fünf Millionen Euro erhalten.
Im Anschluss an die Stellungnahmen konnten die Bürger Fragen stellen respektive Denkanstöße geben. Von drei Wortmeldungen im Saal war zwar nur eine kritisch, dafür deckte sie aber gleich mehrere Punkte ab. Ähnlich wie beim ersten Infoabend zwei Tage zuvor in Grevels war es die Sorge, dass Grosbous-Wahl im Vergleich zu den fünf Nordstad-Gemeinden, die ebenfalls eine Fusion anstreben, finanziell benachteiligt werden könnte. Diese fordern nämlich ein Subsid von 5 000 Euro pro Einwohner.
Warnung vor Proporzwahlrecht
Außerdem wurden eine mangelhafte Einbindung der Bürger bemängelt und die Befürchtung geäußert, dass die neue Fusionsgemeinde schnell die Einwohnergrenze von 3 000 erreichen könnte und somit vom Majorz- zum Proporzwahlrecht wechseln müsste. Das Aufstellen von Parteilisten werde jedoch zu Konflikten in der Dorfgemeinschaft führen, so die Befürchtung.
Bofferding stellte klar, dass es sich bei den 5 000 Euro pro Einwohner lediglich um eine Forderung der Nordstad-Gemeinden handele. Auch wenn sie diese nicht explizit zurückwies, zeigte sie sich dennoch skeptisch: „Das wären 100 Millionen Euro, ich weiß nicht, wo wir die hernehmen sollen.“Um künftig wieder mehr Menschen für ein Engagement in der Lokalpolitik zu motivieren, stellte sie die Schaffung eines eigenes Statuts in Aussicht, dies im Rahmen der Reform des Gemeindegesetzes.