G7 einigen sich auf weltweite Mindeststeuer
Multinationale Großkonzerne wie Apple und Google sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden
London. Große Digitalkonzerne wie Apple oder Google sollen nach dem Willen der führenden Industrienationen künftig weltweit mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die Finanzminister der G7-Staaten am Samstag in London auf eine globale Steuerreform. Neben der Mindeststeuer von 15 Prozent soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen, wie aus einer gemeinsamen Erklärung der G7 hervorgeht.
„Luxemburg begrüßt die heute von der G7 erzielte allgemeine Einigung über eine minimale effektive Besteuerung (15 Prozent) und einen gerechteren Steuerrahmen für die sehr profitablen multinationalen Unternehmen“, twitterte am Samstag Finanzminister Pierre Gramegna (DP). Er freue sich darauf, zu einer detaillierten Vereinbarung bis zum Ministertreffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Oktober beizutragen. Sein deutscher Amtskollege Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „Steuerrevolution“. Der Durchbruch gilt als wichtige Grundlage für eine weitere Einigung der G20Staaten.
Gewinnmarge zählt
Ziel ist es, die multinationalen Konzerne stärker zur Kasse zu bitten. Bisher werden Unternehmenssteuern nur am Firmensitz fällig, aber nicht in den Ländern, wo die Konzerne aktiv sind, was bei den Digitalunternehmen oft in fast der ganzen Welt der Fall ist. Das führte dazu, dass viele Unternehmen ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Unternehmensteuern verlagerten. „Die sieben wichtigsten Industrienationen haben sich heute hinter das Konzept einer Mindestbesteuerung für Unternehmen gestellt“, sagte Scholz. „Das ist eine sehr gute Nachricht für die Steuergerechtigkeit und die Solidarität, und eine schlechte Nachricht für Steueroasen in aller Welt.“Konzerne könnten sich nun nicht mehr ihrer Steuerpflicht entziehen. Nach den Plänen der G7 sollen Konzerne mit einer Gewinnmarge von mehr als zehn Prozent künftig auch dort steuerpflichtig werden, wo sie ihre Umsätze machen. Die über diese Marge hinausgehenden Gewinne sollen zu 20 Prozent in den jeweiligen Ländern versteuert werden.
Der Gastgeber und britische Finanzminister Rishi Sunak bezeichnete die Einigung wie Scholz als „historisch“und erklärte, die Reform mache das Steuersystem „fit für das globale digitale Zeitalter“. Sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire sprach auf Twitter von einer ambitionierten Einigung, auf die man nach vierjährigem Einsatz für das Thema stolz sein könne.
Zugleich sagte er, der Kampf werde weitergehen. „Das ist ein Anfangspunkt und in den kommenden Monaten werden wir uns dafür einsetzen, dass die Mindeststeuer so hoch wie möglich ist.“
US-Finanzministerin Janet Yellen geht von einer positiven Wirkung der Reform auf die Weltwirtschaft aus, weil Unternehmen unter gleichen Bedingungen konkurrieren und investieren könnten. Auch Facebook begrüßte auf Twitter die Einigung – auch unter dem Eingeständnis, dass diese bedeuten könnte, dass das Unternehmen bald mehr Steuern zahlen muss.
Neben Großbritannien, Frankreich, den USA und Deutschland sind auch Italien, Japan und Kanada Mitglieder der G7, wie sich die Gruppe sieben führender demokratischer Wirtschaftsmächte nennt. Möglich geworden ist die Einigung auf der Ebene der G7 auch auf Drängen der neuen USRegierung, die zuvor sogar eine Mindeststeuer von 21 Prozent vorgeschlagen hatte, später dann 15 Prozent. In den vergangenen Jahren hatte es bereits mehrfach – auch auf EU-Ebene – Anläufe für eine solche internationale Digitalsteuer gegeben, die allerdings nie zum Durchbruch kamen.
G20 sollen ins Boot
Im nächsten Schritt gilt es nun, die G20 – eine umfassendere Gruppe führender Wirtschaftsnationen – ins Boot zu holen. Gelegenheit dazu gibt es schon im kommenden Monat bei einem Treffen in Italien. Auch bei der OECD wollen die Staaten für ihre Pläne werben.
OECD-Generalsekretär Mathias Cormann nannte die Einigung einen wichtigen Schritt hin zu einer notwendigen weltweiten Übereinkunft. Dennoch bleibe wichtige Arbeit zu tun.
Von der Besteuerung der Internetgiganten versprechen sich die G7-Staaten auch deutliche Mehreinnahmen. „Stabile Steuereinnahmen sind wichtig, damit Staaten ihre Aufgaben erfüllen können“, sagte Scholz. „Das wird nach der Corona-Pandemie noch dringlicher.“Die meisten Staaten haben zur Bewältigung der Corona-Krise Schulden in Rekordhöhe aufgenommen, um Unternehmen und Arbeitnehmer finanziell zu unterstützen. dpa/mer
Luxemburg begrüßt die allgemeine Einigung. Finanzminister Pierre Gramegna (DP)