Effizienter und schneller
Eine „Spac“als Investitionsmöglichkeit – und Alternative zur klassischen Übernahme
Das Schweizer Unternehmen Lakestar will mit seinem Luxemburgischen Investmentvehikel, einer „Spac“, den Marktplatz für Ferienunterkünfte Hometogo aus Berlin übernehmen und an die Börse bringen. Beide Firmen teilten am Freitag mit, eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet zu haben. Der Airbnb-Konkurrent Hometogo listet Zehntausende Anbieter und betreibt 23 länderspezifische Webseiten und Apps. Interessant ist dabei vor allem das Investmentvehikel, über das die Transaktion vonstatten geht.
„Eine solche Akquisition wird durch die Kapitalbeschaffung durch die Spac im Zuge seines eigenen Börsengangs finanziert“, erklärt die Kanzlei Arendt & Medernach, die auch die Initiatoren der Lakestar Spac 1 beim Börsengang in Frankfurt Anfang des Jahres beriet, „und die so beschafften Erlöse werden auf einem Treuhandkonto gehalten, um Gelegenheiten schnell ergreifen zu können.“Sobald ein potenzielles Zielunternehmen identifiziert wurde, muss der Unternehmenszusammenschluss von einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf einer Hauptversammlung der Spac genehmigt und in der Regel innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Start vollzogen werden. Andernfalls wird die Spac liquidiert.
Öffentliche Aktionäre in der Spac haben die Möglichkeit, zunächst in ein Akquisitionsvehikel zu investieren, während sie die Sicherheitsvorkehrungen einer börsennotierten Gesellschaft genießen, insbesondere Regulierung und Transparenz, und ein Mitspracherecht bei dem Unternehmenszusammenschluss. Wenn der Unternehmenszusammenschluss genehmigt wird, können die öffentlichen Aktionäre, die den geplanten Unternehmenszusammenschluss nicht unterstützt haben, die Rücknahme ihrer Aktien verlangen. Für das Zielunternehmen stellt der Unternehmenszusammenschluss eine attraktive Alternative zum klassischen Börsengang (IPO, „Initial Public Offering“) dar.
Neues Potenzial für Luxemburg
Der Start der ersten luxemburgischen Spac nach mehr als einem Jahrzehnt deutet auf attraktive Möglichkeiten für den Finanzplatz Luxemburg hin. „Als Europas führendes Zentrum für Investmentfonds“, so auch die Kanzlei Allen & Overy zur Investmentform Spac, „ist Luxemburg mit seiner Erfahrung als Strukturierungsjurisdiktion für Fusionen und Übernahmen, Private Equity, Börsengängen und seiner Expertise bei der Notierung von Luxemburger Unternehmen an ausländischen Börsen ideal geeignet, um Spacs anzuziehen“.
„Eine Spac bietet eine neue Art des Börsengangs, die dem heutigen Wunsch nach Effizienz und verkürzter Markteinführungszeit entspricht“, erläutert der Kapitalmarktexperte François Warken, Partner bei Arendt & Medernach. Die Lakestar Spac 1 SE sieht er als ein gutes Beispiel für die Vielseitigkeit des luxemburgischen Gesellschaftsrechts und der Corporate-Governance-Regeln, die es ermögliche, die wichtigsten Merkmale von Akquisitionsgesellschaften nach US-amerikanischem Vorbild in einer luxemburgischen Gesellschaft genau nachzubilden und gleichzeitig die EU-Wertpapierund Börsenvorschriften vollständig einzuhalten.
Durch ein Spac-Vehikel Unternehmen erwerben zu können, sei eine gute Chance für Luxemburg, so Alexander Olliges, Partner bei Arendt & Medernach und Experte für Gesellschaftsrecht, Fusionen und Übernahmen. Das luxemburgischen Gesellschaftsrecht biete bei der Umsetzung gute Marktbedingungen für eine Spac, und das internationale Umfeld ermöglichen eine schnelle Realisierung von Projekten „so wie wir im Fall der Lakestar Spac 1 SE gesehen haben.“Laut Arendt & Medernach ebnet diese erste Transaktion den Weg für das Comeback weiterer Spacs mit Sitz in Luxemburg an europäischen Börsen. Und das scheint auch zu geschehen: Nach Lakestar im Februar folgten mit 468 Spac im April und OboTech Acquisition im Mai die dritte Luxemburger Spac an der Börse in Frankfurt. Die jüngste dieser Mantelgesellschaften will in Frankfurt 200 Millionen Euro aufbringen, um ein Unternehmen aus den Bereichen Immobilien- und Klimatechnologie zu erwerben.
Die Wirtschaftskanzlei Ogier weist darauf hin, dass Spacs im Jahr 2020 etwa 60 Prozent der Börsengänge in den USA ausmachten. Sie sieht das Potenzial Luxemburgs, „zur europäischen Drehscheibe für diese Art von Finanzierungsstruktur zu werden.” Im Gegensatz zu Private-EquityFonds fallen Spacs nicht in den Anwendungsbereich der AIFM-Richtlinie (für Alternative Investmentfondsmanager,
d. Red), da sie mit dem Zusammenschluss mit dem Zielunternehmen zu einer operativen Gesellschaft und/oder Holdinggesellschaft eines Konzerns werden.
Ein weiterer Vorteil von Spacs bestehe darin, „dass Private Equity-Transaktionen über die Börse abgewickelt werden können, so dass die Anleger von allen Garantien profitieren, die börsennotierte Unternehmen vor allem in Bezug auf Regulierung und Information bieten, und dass sie dann problemlos Wertpapiere austauschen können“, führt die Kanzlei Ogier aus. Der andere große Vorteil einer Spac ist ihre Fähigkeit, schnell agieren zu können: Sobald sie börsennotiert sind, können sie Gelegenheiten schneller ergreifen, als wenn sie nach der Identifizierung des Ziels erst die Mittel aufbringen müssten, erklärt Bertrand Géradin, Partner der Wirtschaftskanzlei Ogier Luxembourg Legal.
2020 ist bereits ein Rekordjahr für Spacs in den Vereinigten Staaten. Laut einer der führenden Datenquellen der Branche wurden 2020 etwa 40 Milliarden US-Dollar an Bruttoerlösen von 99 SpacBörsengängen aufgebracht.
Eine neue Art des Börsengangs. François Warken, Partner bei Arendt & Medernach