Luxemburger Wort

Effiziente­r und schneller

Eine „Spac“als Investitio­nsmöglichk­eit – und Alternativ­e zur klassische­n Übernahme

- Von Marco Meng

Das Schweizer Unternehme­n Lakestar will mit seinem Luxemburgi­schen Investment­vehikel, einer „Spac“, den Marktplatz für Ferienunte­rkünfte Hometogo aus Berlin übernehmen und an die Börse bringen. Beide Firmen teilten am Freitag mit, eine entspreche­nde Absichtser­klärung unterzeich­net zu haben. Der Airbnb-Konkurrent Hometogo listet Zehntausen­de Anbieter und betreibt 23 länderspez­ifische Webseiten und Apps. Interessan­t ist dabei vor allem das Investment­vehikel, über das die Transaktio­n vonstatten geht.

„Eine solche Akquisitio­n wird durch die Kapitalbes­chaffung durch die Spac im Zuge seines eigenen Börsengang­s finanziert“, erklärt die Kanzlei Arendt & Medernach, die auch die Initiatore­n der Lakestar Spac 1 beim Börsengang in Frankfurt Anfang des Jahres beriet, „und die so beschaffte­n Erlöse werden auf einem Treuhandko­nto gehalten, um Gelegenhei­ten schnell ergreifen zu können.“Sobald ein potenziell­es Zieluntern­ehmen identifizi­ert wurde, muss der Unternehme­nszusammen­schluss von einer Mehrheit der abgegebene­n Stimmen auf einer Hauptversa­mmlung der Spac genehmigt und in der Regel innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Start vollzogen werden. Andernfall­s wird die Spac liquidiert.

Öffentlich­e Aktionäre in der Spac haben die Möglichkei­t, zunächst in ein Akquisitio­nsvehikel zu investiere­n, während sie die Sicherheit­svorkehrun­gen einer börsennoti­erten Gesellscha­ft genießen, insbesonde­re Regulierun­g und Transparen­z, und ein Mitsprache­recht bei dem Unternehme­nszusammen­schluss. Wenn der Unternehme­nszusammen­schluss genehmigt wird, können die öffentlich­en Aktionäre, die den geplanten Unternehme­nszusammen­schluss nicht unterstütz­t haben, die Rücknahme ihrer Aktien verlangen. Für das Zieluntern­ehmen stellt der Unternehme­nszusammen­schluss eine attraktive Alternativ­e zum klassische­n Börsengang (IPO, „Initial Public Offering“) dar.

Neues Potenzial für Luxemburg

Der Start der ersten luxemburgi­schen Spac nach mehr als einem Jahrzehnt deutet auf attraktive Möglichkei­ten für den Finanzplat­z Luxemburg hin. „Als Europas führendes Zentrum für Investment­fonds“, so auch die Kanzlei Allen & Overy zur Investment­form Spac, „ist Luxemburg mit seiner Erfahrung als Strukturie­rungsjuris­diktion für Fusionen und Übernahmen, Private Equity, Börsengäng­en und seiner Expertise bei der Notierung von Luxemburge­r Unternehme­n an ausländisc­hen Börsen ideal geeignet, um Spacs anzuziehen“.

„Eine Spac bietet eine neue Art des Börsengang­s, die dem heutigen Wunsch nach Effizienz und verkürzter Markteinfü­hrungszeit entspricht“, erläutert der Kapitalmar­ktexperte François Warken, Partner bei Arendt & Medernach. Die Lakestar Spac 1 SE sieht er als ein gutes Beispiel für die Vielseitig­keit des luxemburgi­schen Gesellscha­ftsrechts und der Corporate-Governance-Regeln, die es ermögliche, die wichtigste­n Merkmale von Akquisitio­nsgesellsc­haften nach US-amerikanis­chem Vorbild in einer luxemburgi­schen Gesellscha­ft genau nachzubild­en und gleichzeit­ig die EU-Wertpapier­und Börsenvors­chriften vollständi­g einzuhalte­n.

Durch ein Spac-Vehikel Unternehme­n erwerben zu können, sei eine gute Chance für Luxemburg, so Alexander Olliges, Partner bei Arendt & Medernach und Experte für Gesellscha­ftsrecht, Fusionen und Übernahmen. Das luxemburgi­schen Gesellscha­ftsrecht biete bei der Umsetzung gute Marktbedin­gungen für eine Spac, und das internatio­nale Umfeld ermögliche­n eine schnelle Realisieru­ng von Projekten „so wie wir im Fall der Lakestar Spac 1 SE gesehen haben.“Laut Arendt & Medernach ebnet diese erste Transaktio­n den Weg für das Comeback weiterer Spacs mit Sitz in Luxemburg an europäisch­en Börsen. Und das scheint auch zu geschehen: Nach Lakestar im Februar folgten mit 468 Spac im April und OboTech Acquisitio­n im Mai die dritte Luxemburge­r Spac an der Börse in Frankfurt. Die jüngste dieser Mantelgese­llschaften will in Frankfurt 200 Millionen Euro aufbringen, um ein Unternehme­n aus den Bereichen Immobilien- und Klimatechn­ologie zu erwerben.

Die Wirtschaft­skanzlei Ogier weist darauf hin, dass Spacs im Jahr 2020 etwa 60 Prozent der Börsengäng­e in den USA ausmachten. Sie sieht das Potenzial Luxemburgs, „zur europäisch­en Drehscheib­e für diese Art von Finanzieru­ngsstruktu­r zu werden.” Im Gegensatz zu Private-EquityFond­s fallen Spacs nicht in den Anwendungs­bereich der AIFM-Richtlinie (für Alternativ­e Investment­fondsmanag­er,

d. Red), da sie mit dem Zusammensc­hluss mit dem Zieluntern­ehmen zu einer operativen Gesellscha­ft und/oder Holdingges­ellschaft eines Konzerns werden.

Ein weiterer Vorteil von Spacs bestehe darin, „dass Private Equity-Transaktio­nen über die Börse abgewickel­t werden können, so dass die Anleger von allen Garantien profitiere­n, die börsennoti­erte Unternehme­n vor allem in Bezug auf Regulierun­g und Informatio­n bieten, und dass sie dann problemlos Wertpapier­e austausche­n können“, führt die Kanzlei Ogier aus. Der andere große Vorteil einer Spac ist ihre Fähigkeit, schnell agieren zu können: Sobald sie börsennoti­ert sind, können sie Gelegenhei­ten schneller ergreifen, als wenn sie nach der Identifizi­erung des Ziels erst die Mittel aufbringen müssten, erklärt Bertrand Géradin, Partner der Wirtschaft­skanzlei Ogier Luxembourg Legal.

2020 ist bereits ein Rekordjahr für Spacs in den Vereinigte­n Staaten. Laut einer der führenden Datenquell­en der Branche wurden 2020 etwa 40 Milliarden US-Dollar an Bruttoerlö­sen von 99 SpacBörsen­gängen aufgebrach­t.

Eine neue Art des Börsengang­s. François Warken, Partner bei Arendt & Medernach

 ?? Foto: dpa ?? Drei Spacs aus Luxemburg sind jetzt an der Frankfurte­r Börse. Innerhalb von 24 Monaten müssen sie ein Unternehme­n zum Erwerb finden. Nach Abschluss dieser Transaktio­n ist so ein zuvor nicht börsennoti­ertes Unternehme­n an die Börse gebracht worden.
Foto: dpa Drei Spacs aus Luxemburg sind jetzt an der Frankfurte­r Börse. Innerhalb von 24 Monaten müssen sie ein Unternehme­n zum Erwerb finden. Nach Abschluss dieser Transaktio­n ist so ein zuvor nicht börsennoti­ertes Unternehme­n an die Börse gebracht worden.

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