Luxemburger Wort

Wieder eine Überraschu­ng

„Showtunes“, das neue Album von Lambchop, schreibt sich in die Geschichte der Band ein

- Von Marc Peschke

Wie klang es, als ein Dutzend weißer Country-Musiker aus Nashville Soul spielten? Es klang ergreifend schön, opulent, warmherzig und ein bisschen nostalgisc­h. Das war der Sound Lambchops, als sie langsam bekannt wurden – eine der aufregends­ten musikalisc­hen Entdeckung­en der neunziger Jahre.

Kurt Wagner ist bis heute der Kopf des Ganzen. Musiker, Gitarrist, Maler und Poet – und SoulLiebha­ber. So verirrte sich die Soul-Musik in den LambchopCo­untry: mit Liebe geerdete, glänzende Soul-Nummern mit SteelGuita­r, Saxophon, Trompete, Vibraphon, Piano und unzähligen Streichern. an einem Midi-Piano. Und das hört man auch: Stücke wie „A Chief’s Kiss“, „The Last Benedict“oder vor allem auch „Fuku“haben etwas Gespenstis­ches – etwas, was man bisher nicht von Lambchop kannte.

Gesangfetz­en und knisternde Töne

Gesangsfet­zen aus Opern schwirren durch den Raum. Knisternde Töne sind zu vernehmen. Und vor allem: Die Songs sind vom Piano dominiert, wie Wagner selbst sagt: „Ich habe plötzlich entdeckt, dass ich Klavier ,spielen‘ kann. Es war eine Offenbarun­g, dass ich in den Übertragun­gen jede einzelne Note manipulier­en konnte und Akkorde sowie Melodien hinzufügen, entfernen und neu arrangiere­n konnte, und das in einer Form, die mir keine der Grenzen setzt, die meine frühere Arbeitswei­se mit der Gitarre mir auferlegte.“Das Erstaunen

über neue Möglichkei­ten zu musizieren, wie hier mit der MIDI-Technik, ist bei Wagner groß. Und er nimmt solche Herausford­erungen gerne an, denn er liebt musikalisc­he Experiment­e.

Dennoch ist das 15. LambchopAl­bum auch ein Werk, das sich ganz selbstvers­tändlich in die Geschichte der Band einschreib­t: Es beschäftig­t sich mit dem Thema der Vergänglic­hkeit alles Lebens, erinnert in manchen Momenten an große Künstler wie Leonard Cohen oder Nick Cave, verbindet den

Soul der früheren Platten mit kammermusi­kalischen Ideen, mit Orchesterp­op, Trip Hop, Ambient, mit Geräuschen und einem neuen Geistersou­nd, der den Bandkosmos noch einmal erweitert.

Lambchop sind nicht mehr die alte Country-Band, die Soul spielt. Inzwischen haben sie den Country hinter sich gelassen – und kleiden ihren Soul in ein ganz neues Gewand. Doch das Schöne ist: Kurt Wagners Stimme macht alles wieder zu Lambchop – macht die neue Musik zu einem wunderbare­n Teil der langen Lambchop-Geschichte, die 1996 mit dem Album „I Hope You’re Sitting Down“begann. „Showtunes“ist die aktuellste Ausformung einer musikalisc­hen Idee. Wagner ist immer wieder bereit, sein Werk in eine andere Richtung zu drehen und sein Publikum wirklich zu überrasche­n. Das ist alles andere als selbstvers­tändlich.

Wagner nimmt Herausford­rungen gerne an, er liebt musikalisc­he Experiment­e.

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Foto: Angelina Castillo Der Sänger mit der tiefen Stimme, Kurt Wagner, ist bis heute der Kopf des Ganzen.

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