Wieder eine Überraschung
„Showtunes“, das neue Album von Lambchop, schreibt sich in die Geschichte der Band ein
Wie klang es, als ein Dutzend weißer Country-Musiker aus Nashville Soul spielten? Es klang ergreifend schön, opulent, warmherzig und ein bisschen nostalgisch. Das war der Sound Lambchops, als sie langsam bekannt wurden – eine der aufregendsten musikalischen Entdeckungen der neunziger Jahre.
Kurt Wagner ist bis heute der Kopf des Ganzen. Musiker, Gitarrist, Maler und Poet – und SoulLiebhaber. So verirrte sich die Soul-Musik in den LambchopCountry: mit Liebe geerdete, glänzende Soul-Nummern mit SteelGuitar, Saxophon, Trompete, Vibraphon, Piano und unzähligen Streichern. an einem Midi-Piano. Und das hört man auch: Stücke wie „A Chief’s Kiss“, „The Last Benedict“oder vor allem auch „Fuku“haben etwas Gespenstisches – etwas, was man bisher nicht von Lambchop kannte.
Gesangfetzen und knisternde Töne
Gesangsfetzen aus Opern schwirren durch den Raum. Knisternde Töne sind zu vernehmen. Und vor allem: Die Songs sind vom Piano dominiert, wie Wagner selbst sagt: „Ich habe plötzlich entdeckt, dass ich Klavier ,spielen‘ kann. Es war eine Offenbarung, dass ich in den Übertragungen jede einzelne Note manipulieren konnte und Akkorde sowie Melodien hinzufügen, entfernen und neu arrangieren konnte, und das in einer Form, die mir keine der Grenzen setzt, die meine frühere Arbeitsweise mit der Gitarre mir auferlegte.“Das Erstaunen
über neue Möglichkeiten zu musizieren, wie hier mit der MIDI-Technik, ist bei Wagner groß. Und er nimmt solche Herausforderungen gerne an, denn er liebt musikalische Experimente.
Dennoch ist das 15. LambchopAlbum auch ein Werk, das sich ganz selbstverständlich in die Geschichte der Band einschreibt: Es beschäftigt sich mit dem Thema der Vergänglichkeit alles Lebens, erinnert in manchen Momenten an große Künstler wie Leonard Cohen oder Nick Cave, verbindet den
Soul der früheren Platten mit kammermusikalischen Ideen, mit Orchesterpop, Trip Hop, Ambient, mit Geräuschen und einem neuen Geistersound, der den Bandkosmos noch einmal erweitert.
Lambchop sind nicht mehr die alte Country-Band, die Soul spielt. Inzwischen haben sie den Country hinter sich gelassen – und kleiden ihren Soul in ein ganz neues Gewand. Doch das Schöne ist: Kurt Wagners Stimme macht alles wieder zu Lambchop – macht die neue Musik zu einem wunderbaren Teil der langen Lambchop-Geschichte, die 1996 mit dem Album „I Hope You’re Sitting Down“begann. „Showtunes“ist die aktuellste Ausformung einer musikalischen Idee. Wagner ist immer wieder bereit, sein Werk in eine andere Richtung zu drehen und sein Publikum wirklich zu überraschen. Das ist alles andere als selbstverständlich.
Wagner nimmt Herausfordrungen gerne an, er liebt musikalische Experimente.