Die schnellste Mama der Welt
Die Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce sprintet in Kingston zur zweitbesten jemals gemessenen Zeit
Sie hüpfte wie ein Flummi über die Bahn, sie jubelte, sie schlug die Hände vors Gesicht, sie schrie ihre Freude heraus – Shelly-Ann Fraser-Pryce konnte ihr Glück nach diesem Wahnsinnslauf in Kingston kaum fassen. 10''63 über 100 m, als Mama, als 34-Jährige. Nur die berühmt-berüchtigte Florence Griffith-Joyner (USA/10''49) war jemals schneller.
„Zuerst muss ich Gott dafür danken. Ich bin ein bisschen überrascht“, sagte die Jamaikanerin, nachdem sie in Kingston ihren Anspruch auf das dritte Olympiagold über die 100 m nach 2008 und 2012 zementiert hatte: „Die harte Arbeit hat sich endlich ausgezahlt.“
Fraser-Pryce ist seit Jahren der Star schlechthin im Sprint, sechs Olympiamedaillen hat sie in der
Vitrine, elf Mal holte sie bei Weltmeisterschaften Edelmetall, davon sind neun aus Gold – und doch wirft ihre Vorstellung Fragen auf.
Schließlich verbesserte sie ihre Bestleistung gleich um sieben Hundertstelsekunden, die 10''70 rannte sie vor neun (!) Jahren. Die
Shelly-Ann Fraser-Pryce ist derzeit gut in Form. meisten Sprinterinnen sind in ihrem Alter längst in Rente, zudem brachte sie vor knapp vier Jahren ihren Sohn Zyon zur Welt.
Eindrucksvolle Rückkehr
„Es hat viel Arbeit und viele Opfer gekostet“, hatte die nur 1,52 m große Fraser-Pryce, die aus dem Armenviertel Waterhouse in Kingston stammt, schon nach ihrer Rückkehr nach der Geburt gesagt. Mit dem kleinen Zyon im Arm feierte sie in Doha 2019 ihr viertes WM-Gold über 100 m.
Für „Frauen in der Leichtathletik“sei es wirklich „sehr schwierig, eine Pause einzulegen und wieder zum Sprinten zurückzukehren“, hatte sie gesagt. Doch Fraser-Pryce schaffte es – und wandelte ihren Spitznamen von
Pocket-Rocket um.
Bei Olympia in Tokio (23. Juli bis 8. August) können sich die Fans nun wohl auf ein Duell der Generationen freuen, die erst 21 Jahre alte US-Amerikanerin Sha'Carri Richardson hat in diesem Jahr bisher 10''72 stehen. Sie habe schon „so viel erreicht, aber noch so viel vor“, sagte Fraser-Pryce, die 2010 wegen der Einnahme eines verbotenen Schmerzmittels für sechs Monate gesperrt worden war.
Aber auch, wenn es im Sommer in Tokio mit dem nächsten Olympiagold überraschend nicht klappen sollte, wäre sie nicht unglücklich. „,Mama‘ ist der beste Titel, den ich mir jemals hätte verdienen können“, meinte Fraser-Pryce zuletzt. sid in Mama-Rocket