Und jetzt Politik machen
Die Regierung muss noch hart an der Umsetzung ihrer Ziele arbeiten
Die Hälfte der zweiten Legislaturperiode von Blau-Rot-Grün ist vorbei. Zeit also, auch im Politimonitor des „Luxemburger Wort“und von RTL Bilanz zu ziehen. Zwischen dem 31. Mai und 9. Juni konnten sich die Umfrageteilnehmer denn auch zu den Fragen äußern, wie sie die Arbeit der Regierung bewerten, ob sie meinen, die 2018 im Regierungsprogramm für bestimmte Bereiche gesteckten Ziele seien erreicht worden, welche Themen die wichtigsten sind und welchen Lösungsvorschlägen sie die besten Chancen einräumen, diese Ziele zu erreichen.
Sind noch 85 Prozent der Befragten der Ansicht, die Regierung habe bei der Bewältigung der Corona-Krise eine gute Arbeit geleistet (siehe „Wort“vom 16. Juni) und meinen auch noch 69 Prozent, die Regierung mache ganz generell gesehen eine gute Arbeit (siehe Grafik), so hält sich die Begeisterung in Grenzen, wenn nach der Bewertung einzelner Politikziele gefragt wird. Für die Regierung bleibt in der zweiten Hälfte der Legislatur noch vieles zu tun. Besonders in den Bereichen bezahlbarer Wohnraum, Armutsbekämpfung und Steuergerechtigkeit ist die Regierung in den Augen der Befragten weit davon entfernt, ihre Ziele erreicht oder schon vieles getan zu haben.
Vor allem die grünen Minister Henri Kox (Wohnungsbau), François Bausch (Mobilität) und das Duo Carole Dieschbourg (Umwelt und Klima) sowie Claude Turmes (Energie), die wichtige politische Bereiche besetzen, stehen unter hohem Erwartungsdruck. Befragt danach, wie wichtig diese Bereiche für sie sind, befanden 93 Prozent das Wohnen und jeweils 90 die Mobilität und die Bereiche Klima, Umwelt und Energie als sehr wichtig oder eher wichtig. Das Dach über dem Kopf wurde mit 72 Prozent mit Abstand als sehr wichtiges Thema bezeichnet.
CSV-Wähler sind eher kritisch
Auf die Frage, in welchem Ausmaß die Regierung bisher eine gute Arbeit geleistet hat zeigen die DP-Anhänger mit 96 Prozent (41 Prozent sprechen von sehr guter Arbeit) die höchste Zufriedenheit. Es folgen die LSAP-Wähler (92 Prozent) und die Grünen-Wählern (84 Prozent). Nicht verwunderlich ist, dass nur jeder zweite CSVStammwähler der Regierung eine sehr gute (sieben Prozent) oder eher gute Arbeit (41 Prozent) bescheinigt, 13 Prozent sind gar der Meinung, sie würden sehr schlecht regiert.
Die Umfrageteilnehmer bekamen auch eine Liste an Zielen vorgelegt, die die Regierung sich 2018 vorgenommen hat und sollten bewerten, inwieweit diese Ziele erreicht wurden. Angesichts der vielen Baustellen und Projekte wie der Tram schneidet das Ziel einer nachhaltigen Verbesserung der
Mobilität und der Infrastrukturen noch am besten ab: 61 Prozent meinen, dieses Ziel sei erreicht (sechs Prozent) oder es sei viel dafür getan worden (41 Prozent). Mit 82 Prozent zeigen sich die Grünen am überzeugtesten, aber auch jeder zweite Anhänger der CSV ist recht zufrieden.
55 Prozent aller Befragten meinen dies auch in Bezug auf attraktive und sichere Infrastrukturen für Fahrradfahrer. Hier sind die Grünen-Wähler allerdings am wenigsten überzeugt: Nur zwei Prozent haken das Ziel als erreicht ab und 44 Prozent meinen, es sei viel getan worden, sechs Prozent denken sogar, es sei noch gar nichts geschehen. Die DP-Anhänger zeigen sich dagegen mit 69 Prozent recht angetan von den Fahrradwegen. 64 Prozent sind es auch bei den Sozialisten.
Rote Karte für Armutsbekämpfung Vergleichsweise gut schneidet die Regierungsarbeit auch bei der Gleichstellung ab, wo immerhin noch 45 Prozent meinen, die Regierung hätte viel getan, um Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu bekämpfen. 41 Prozent meinen auch, dass für das Ziel einer hochwertigen Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen viel getan wurde.
Nur jeder vierte Befragte lobt dagegen die Anstrengungen in den Bereichen Integration – das Zusammenleben der Einwohner aktiv zu fördern –, Digitalisierung – Vermeiden, dass Personen dadurch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden – und Naturschutz – speziell die Bekämpfung des Verlustes an Biodiversität. Regelrecht schlecht schneidet die Regierungspolitik in den Bereichen des Wohnungsbaus und der Armutsbekämpfung, speziell bei den Alleinerziehern ab. Nur jeweils 19 Prozent meinen, dass das Regierungsprogramm hier erfüllt wurde beziehungsweise viel dafür getan wurde.
Die DP-Wähler sind hier mit 30 Prozent noch am meisten von der Politik überzeugt, die Anhänger der Grünen dagegen mit 15 Prozent am wenigsten, wobei jeder Dritte angibt, dazu nichts sagen zu können. Deutlich kritisch sehen die Christ-Sozialen die Armutsbekämpfung seitens der Regierung: 22 Prozent sagen klar, es sei noch überhaupt nichts dafür getan worden, 50 Prozent, es sei nicht genug unternommen worden. Das ist kein gutes Zeugnis für die Sozialpolitik einer Regierung unter Beteiligung der Sozialisten.
Dass das Ziel, mit einer Steuerreform für mehr Gerechtigkeit in Luxemburg zu sorgen in den Augen der Umfrageteilnehmer am wenigsten erreicht wurde, ist dagegen nicht verwunderlich. Angesichts der hohen Ausgaben für die Pandemiebekämpfung wurde das politische Herzstück dieser Legislatur vorerst auf Eis gelegt. Ob und wie viel Geld zur Verteilung übrig bleibt, soll sich im Herbst herausstellen beim in Aussicht gestellten Kassensturz.
Es lässt sich aber auch bezweifeln, ob diese Regierung überhaupt noch zu einem Konsens findet, wie es mit den Staatsfinanzen nach Corona weitergehen soll. Steuern einführen und erhöhen sind für die Sozialisten ein Allheilmittel, für die DP dagegen Gift. Nicht umsonst sprachen beide Parteien auf ihren diesjährigen Kongressen bereits davon, an ihren Wahlprogrammen für 2023 zu arbeiten. Das Thema dürfte auf die nächste Legislatur verschoben worden sein.
Der Staat soll Wohnungen bauen Beim Politmonitor wurde den Befragten auch ein Katalog an Lösungsvorschlägen für die Bereiche Wohnungsbau, Mobilität sowie Klima, Umwelt und Energie vorgelegt: In welchem Ausmaß sind Sie der Meinung, dass das die Situation verbessern könnte, lautete dabei die Frage. Deutlich befanden die Teilnehmer, dass im Wohnungsbau der Staat als Häuslebauer (73 Prozent) gefolgt von den Gemeinden als Bauträger (67 Prozent) aktiv werden müssten. Jeder Zweite befürwortet eine höhere Besteuerung von nicht bebauten Grundstücken und 40 Prozent meinen, dass Promoteure verpflichtet werden sollen, dichter und höher zu bauen.
Bei einer höheren Besteuerung von motorisierten Fahrzeugen hört der Spaß dann aber auf, nur 23 Prozent würden so etwas mittragen. Im Bereich der Mobilität soll vor allem auf den Ausbau des öffentlichen Transports gesetzt werden (71 Prozent Zustimmung), nur jeder Dritte setzt dagegen auf eine Reduzierung des Parkraumangebots in den Städten.
Geht es um Klima, Umwelt und Energie befürworten 84 Prozent die Verwertung von regionalen Produkten in öffentlichen Einrichtungen, wie Kantinen, Spitälern und Altersheimen. 78 Prozent würden sich über höhere Subventionen im Bereich der erneuerbaren Energien freuen und 50 Prozent wünschen sich mehr Subventionen für die Elektromobilität.
Es ist kein gutes Zeugnis für die Sozialpolitik einer Regierung unter Beteiligung der Sozialisten.