Witsel als Symbolfigur der Belgier
Der zentrale Mittelfeldspieler soll dem Titelaspiranten bei der EM noch mehr Stabilität verleihen
Die Gesundheit von Charakterkopf Axel Witsel wurde in Belgien die vergangenen Tagen beinahe zu einem Thema nationaler Bedeutung hochstilisiert. Die Teamkameraden lobten den Dortmund-Profi überschwänglich, Medien schrieben seine Rückkehr regelrecht herbei und der Verband setzte zwei Ärzte aufs Pressepodium, die 25 Minuten ausschließlich über die im Januar gerissene Achillessehne und die folgende Genesung Witsels dozierten.
Die präsentierten Aussichten geben dem EM-Mitfavoriten Grund zur Zuversicht: Witsel soll heute ab 18 Uhr in Kopenhagen gegen Dänemark erstmals wieder zum Einsatz kommen. „Es ist schwer, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls zu beziffern. Das Risiko ist nicht bei Null, aber es ist ein kalkulierbares. Nach der Diskussion mit Trainer und Spieler denken wir, dass Axel spielen kann“, sagte Teamarzt Geert Declerq.
Für das EM-Auftaktspiel gegen Russland (3:0) hatten sich Coach Roberto Martinez, der schon im Mai bei der Nominierung auf eine schnelle Genesung Witsels gezockt hatte, und der Profi mit der markanten Afro-Frisur darauf geeinigt, dass die Begegnung ein wenig zu früh komme.
Wichtiges Teil im Personalpuzzle
Im komplizierten belgischen Personalpuzzle ist Witsel ein ganz wichtiges Teil. Der Spanier Martinez merkt seinem Team das lange Corona-Jahr an, hat zudem mehrere ältere und angeschlagene Spieler in den Reihen.
Bei Schlüsselspieler Kevin de Bruyne wird ebenfalls eine zeitnahe Rückkehr ersehnt, nachdem er nach einem Crash im Finale der Champions League am Gesicht operiert wurde. Ob es bei ihm, der den EM-Start ebenfalls verpasste und seit Montag wieder mit dem
Team trainiert, schon für die zweite Partie reicht, ist noch offen. Bei der Abreise nach Dänemark war er gestern Vormittag aber zu sehen.
Für Witsel kommt das Comeback nach fünf Monaten sehr schnell. Doch wer sich im belgischen Quartier in den vergangenen Tagen umhörte, konnte sich vor Schwärmereien kaum retten. „Er sieht so aus, als wäre er nie weg gewesen. Das ist wirklich unglaublich. Wir hätten das nicht gedacht. Dass er dazu imstande ist, ist einfach fantastisch“, schilderte Mittelfeldspieler Youri Tielemans, der in direkter Konkurrenz zu Witsel steht. Teamkollege Dennis Praet nannte die extrem schnellen Fortschritte des Kollegen „beeindruckend“.
Er sieht so aus, als wäre er nie weg gewesen. Youri Tielemans über Axel Witsel
Witsel ist nicht nur wegen der personellen Situation wichtig – sondern auch für die Statik des Spiels beim extrem ambitionierten WM-Dritten.
Mit den Hazard-Brüdern Eden und Thorgan, Dries Mertens, Yannick Carrasco sowie dem bald in die Startelf zurückkehrenden de Bruyne gibt es im belgischen Kader jede Menge feine Füße. Doch wenn Witsel im stets praktizierten 3-4-2-1-System einen der beiden Posten als Sechser einnimmt, gewinnt das Team massiv an Stabilität. Gegen Dänemark dürfte es aber nach fünf Monaten Pause zunächst einmal auf einen Jokereinsatz hinauslaufen. dpa