„Der Sozialdialog steckt fest“
Das OGBL-Nationalkomitee befasst sich mit der Zeit nach der Krise und verlangt mehr Umverteilung
Gestern kam das OGBL-Nationalkomitee zusammen und befasste sich unter anderem mit der Zeit nach der Krise. „Was sind die Lektionen, die wir aus der Krise ziehen können? Das war das große Motto heute“, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back im Anschluss. „Wir dürfen nicht dieselben Fehler machen wie nach der Finanzkrise von 2008 und müssen aufpassen, dass nicht doch zur Austerität gegriffen wird, wenn die Milliardenhilfen wieder ausgeglichen werden müssen. Die harten Zeiten kommen noch.“
Bislang sieht es für Luxemburg allerdings gut aus: Die Finanzsituation ist dank des eher geringfügig eingebrochenen Wirtschaftswachstums besser als erwartet, die Maastricht-Kriterien für die Staatsverschuldung werden eingehalten, man bleibt unter 30 Prozent des BIP.
Die drei Empfehlungen für die Haushaltspolitik von Seiten der EU-Kommission, die diese Paradigmen anerkennt, kann der OGBL denn auch mit beiden Händen unterschreiben: Die wirtschaftlichen Aktivitäten weiter unterstützen und ein progressives Phasingout aus den staatlichen Hilfen bei gleichzeitiger Stärkung der Kaufkraft bewerkstelligen, die Investitionen stärken und die soziale Absicherung, die in der Krise so wichtig war, weiter aufrecht erhalten.
Gerechteres Steuersystem wichtig „Wir werden keine Attacken auf das Gesundheits- und das Pensionssystem zulassen. Die Fehler der Rentenreform von 2012 unter dem Eindruck der Finanzkrise müssen jetzt behoben werden“, forderte Back, die vor allem die Frage der sozialen Gerechtigkeit umtreibt. „Wir hatten schon vor der Pandemie mega viele Ungleichheiten, eine Rückkehr dazu darf es nicht geben.“Sie lobte insofern den Internationalen Währungsfonds, der in einem Bericht im März dazu aufforderte, weltweit gegen Ungleichheiten vorzugehen: Die soziale Absicherung zu stärken und im Sinne einer besseren Umverteilung Reiche mehr zu besteuern.
„Ein gerechteres Steuersystem war schon vor Covid notwendig, leider ist die Reform auf Eis gelegt“, bedauerte Back. Sie sprach sich hier für eine Indexierung der
Steuertabelle, weitere Stufen und zusätzliche Tranchen aus und gegen eine weitere Absenkung der Betriebsbesteuerung, die von dieser Regierung schon zwei Mal begünstigt wurden. „Wir müssen auch über eine Erbschaftssteuer reden.“
Kritik an der Regierung kam dann bei den Themen Wohnen und Kindergeld. „Alle wollen eine Reform, warum passiert nichts bei der Grundsteuer?“, fragte Back. Die Vorstellung des OGBL sei klar: Eine progressive Steuer nach dem Motto, wer viel hat, bezahlt auch immer mehr, und eine Leerstandssteuer. Beim Pacte Logement 2.0 ärgerte sie sich, dass gerade am Tag, als dagegen demonstriert wurde, dass nur 30 Prozent der Wohnungen zu moderaten Preisen angeboten werden müssen, angekündigt wurde, diesen Anteil auf 20 Prozent zu senken. „Diese Wohnungen sollten eigentlich in der öffentlichen Hand bleiben, davon lesen wir aber nichts im Gesetzestext. Genauso wenig wie von einer Mietbremse, die wir aber dringend brauchen.“
Kindergeld: „Ein Hohn“
Ärger verursacht auch das Kindergeld, das zwar nun wieder ab dem 1. Januar 2022 an den Index gebunden werden soll, die für dieses Jahr in Aussicht gestellte Indextranche wird aber dann nicht enthalten sein. Und auch der Wertverlust von 7,5 Prozent seit 2014, als mit der Regierung ein Abkommen zur regelmäßigen Anpassung der Familienleistungen geschlossen wurde, ist nicht enthalten. „Es ist ein Hohn, was hier vorgeschlagen wird“, war das Fazit von Back.
Auch die neue Regelung des Kindergeldes, die das Familienministerium aufgrund des Urteils des EuGH zur Diskriminierung von Pendlern vorschlägt, lehnt der OGBL ab. „Das grenzgängerfeindliche Gesetz muss zurückgezogen werden. Es birgt weitere Diskriminierungen, die weitere Prozesse nach sich ziehen werden. Dabei haben wir gerade gesehen, wie sehr wir auf Arbeitskräfte aus der Großregion angewiesen sind.“
Ansonsten hakt der Sozialdialog und Tripartite-Gespräche finden nur punktuell im Rahmen von Arbeitsgruppen statt. Dabei liegen wichtige Reformen und Gesetze an, etwa zur Aus- und Weiterbildung, zur beruflichen Reklassierung, zu den Ladenöffnungszeiten, zum Mobbing, zum Konkurs und zur Plattformarbeit vor. „Der Sozialdialog steckt fest, es läuft nichts und wir werden zu wesentlichen Punkten auch nicht gefragt“, stellte Back nüchtern fest.
Wir müssen auch über eine Erbschaftssteuer reden. Nora Back, OGBL-Präsidentin