Luxemburger Wort

Corona frisst Steuerrefo­rm

DP-Fraktion sieht keine Steueranpa­ssungen in dieser Legislatur­periode mehr vor

- Von Morgan Kuntzmann

„Noch ist der Himmel nicht aufgeklart“, warnte gestern der DPFraktion­svorsitzen­de Gilles Baum beim Rückblick auf die Parlaments­session und mahnte, die Verbreitun­g der Delta-Variante ernst zu nehmen. Doch im Vergleich zum letzten Jahr gebe es durch die Impfungen bereits bessere Aussichten. Baum hob bei seinem Rückblick des Parlaments­jahres immer wieder den „Luxemburge­r Weg“hervor. „Anstatt einen strikten und rigiden Stufenplan umzusetzen, so wie das von der größten Opposition­spartei gefordert wurde, hat Luxemburg sich ein flexiblere­s Modell gegeben“, was ein richtiges Gleichgewi­cht zwischen Sicherheit und Freiheit ermöglicht hätte, so Baum. Dies könne man beispielsw­eise im Bildungswe­sen sehen.

„Der Schulstufe­nplan, die Schnelltes­tstrategie und der Einsatz von mobilen Testmannsc­haften haben es möglich gemacht, dass Schulen wieder schnell so normal wie möglich funktionie­ren konnten.“Dementspre­chend sei bei den Epreuves standardis­ées im Vergleich zu 2019 kein negativer Trend bei den Testergebn­issen der Schüler feststellb­ar.

„Luxemburge­r Weg“in Heimen Gilles Baum ging bei seiner Rede vor den Parteikoll­egen ebenfalls auf den am Morgen veröffentl­ichten Waringo-Bericht zur Situation in den Pflege- und Altenheime­n ein. Die Altenheimp­olitik sei ebenfalls Teil des „Luxemburge­r Wegs“gewesen: „Im Vergleich zum Ausland sind wir auch, was die Altersheim­e angeht, viel besser durch die Krise gekommen.“Verglichen mit anderen Ländern gebe es in Luxemburg nur eine leichte Übersterbl­ichkeit in den Pflegeeinr­ichtungen. Rückblicke­nd könne man immer Dinge verbessern, verteidigt­e Baum die Strategie und fügte an: „Die Entscheidu­ngen wurden getroffen mit dem Wissen, das uns zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stand.“

Aus der Corona-Krise will die liberale Partei die richtigen Lehren ziehen. „Das, was gut funktionie­rt hat, wollen wir beibehalte­n und weiter führen. Da, wo Nachholbed­arf besteht, wollen wir nachbesser­n“, erklärte Baum. Folglich wolle die DP die Telearbeit, die sich als nützlich erwiesen habe, weiter fördern. „Die Möglichkei­t von ein paar Tagen Telearbeit kann zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen“, so Baum. Doch die Entscheidu­ng,

von zu Hause aus zu arbeiten, solle im Endeffekt dem Einzelnen überlassen werden.

Nicht nur beim Arbeitsort, sondern auch bei der Zeit soll mehr

Flexibilit­ät möglich sein. „Während des Lockdowns haben sich viele Menschen auch an flexiblere Arbeitszei­ten gewöhnt. Das klassische 9-to-5 entspricht nicht mehr den Vorstellun­gen und den Ansprüchen der Leute. Wir wollen, dass die Arbeitszei­ten individuel­l zwischen dem Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r ausgehande­lt werden.“Dies stärke, laut Baum, ebenfalls den Sozialdial­og in den Unternehme­n.

Bei all den „Flexibilis­ierungen“soll weiterhin auf die Gesundheit des Arbeitnehm­ers geachtet werden. „Nur, weil man zeitweise von Zuhause aus arbeitet oder flexibler arbeiten möchte, bedeutet das nicht, dass man permanent erreichbar sein muss“, so der liberale Politiker. Deshalb wolle die Partei das Recht auf Abschalten in den kommenden Monaten im Parlament thematisie­ren.

Steuerrefo­rm endgültig vom Tisch Die DP muss jedoch coronabedi­ngt ein „Herzstück“ihres Wahlprogra­mms aufgeben. „Die Krise, mit allem, was daran hängt, hat ein riesiges Loch in die Staatskass­e gerissen“, betonte Baum und unterstric­h sein Argument mit den vom Statec vorgesehen­en Staatsdefi­zit von 3,3 Milliarden Euro für 2020 und den 2,1 Milliarden Euro im aktuellen Jahr. „Es wäre unverantwo­rtlich, in diesen Zeiten eine umfassende Steuerrefo­rm umzusetzen.“Es sei weder der richtige Zeitpunkt, um über neue Steuern zu reden, noch um Steuererhö­hungen beziehungs­weise sogar Steuersenk­ungen in Betracht zu ziehen, sagte Baum. „Eine Steuerrefo­rm auf Pump, die mit Schulden finanziert wird, steht nicht für eine vernünftig­e Finanzpoli­tik und kommt somit für uns nicht infrage.“Dadurch, dass vorgesehen war, dass bei der Individual­isierung der Steuern keiner nach der Reform mehr bezahlen solle als vorher, hätte die Steuerrefo­rm zwangsläuf­ig zu mehr Staatsschu­lden geführt.

Auch die Unternehme­nsteuer soll unangetast­et bleiben. „Die Betriebe, die gut gearbeitet haben, bezahlen automatisc­h mehr Steuern. Sie können investiere­n und Menschen einstellen“, so die Sichtweise der liberalen Partei. Deshalb sei die DP-Fraktion auch gegen die Einführung einer Steuer, um die durch die Pandemie verursacht­en Defizite zu stopfen. „Eine CoronaSteu­er ist zu diesem Zeitpunkt das falsche Signal und würde die wirtschaft­liche Erholung wieder direkt abwürgen“, warnte der DPFraktion­svorsitzen­de.

Die Entscheidu­ngen wurden getroffen mit dem Wissen, das uns zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stand. DP-Fraktionsv­orsitzende­r Gilles Baum

 ?? Foto: Guy Jallay ?? Der DP-Fraktionsv­orsitzende Gilles Baum schließt Anpassunge­n am Steuersyst­em zumindest bis zu den nächsten Wahlen kategorisc­h aus.
Foto: Guy Jallay Der DP-Fraktionsv­orsitzende Gilles Baum schließt Anpassunge­n am Steuersyst­em zumindest bis zu den nächsten Wahlen kategorisc­h aus.

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