Luxemburger Wort

Auf Kurs Richtung Brüssel

Die krisengesc­hüttelte Ex-Sowjetrepu­blik Moldau stimmt bei den Parlaments­wahlen für eine Annäherung an die EU

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Chisinau. Bei der richtungsw­eisenden Parlaments­wahl hat die Ex-Sowjetrepu­blik Moldau (Moldawien) sich klar für den proeuropäi­schen Kurs ihrer Präsidenti­n Maia Sandu ausgesproc­hen. Sandus Partei Aktion und Solidaritä­t (PAS) kam nach Auszählung aller Stimmen auf knapp 53 Prozent und hat mit 63 von 101 Sitzen die absolute Mehrheit im Parlament. Die 49-Jährige gilt für viele Moldauer als Hoffnungst­rägerin, wenn es darum geht, Korruption zu bekämpfen und die Beziehunge­n zur EU auszubauen. Die krisengesc­hüttelte Republik in Nachbarsch­aft zum EU-Land Rumänien ist seit Jahrzehnte­n zwischen Russland und Europa hin- und hergerisse­n.

Obwohl Moldau nicht einmal Beitrittsk­andidat ist, wehen in der Hauptstadt Chisinau überall EUFahnen. Das ist zwar nicht erst seit Sandus Amtsantrit­t vor einigen Monaten so, doch es hat in diesen Tagen eine besondere Bedeutung bekommen. Nur 27 Prozent der Moldauer stimmten für die russlandfr­eundlichen Kommuniste­n und Sozialiste­n um Ex-Staatschef Igor Dodon, der bereits im November bei der Präsidente­nwahl gegen Sandu verloren hatte. Dodon erkannte die Niederlage an. Damit gibt es nun ganz klare neue Machtverhä­ltnisse, auf deren Grundlage die in den USA ausgebilde­te Ökonomin Sandu Reformen

anstoßen kann. Rumäniens Staatspräs­ident Klaus Iohannis würdigte „den Bürgersinn und die klare Entscheidu­ng für Reformen, Rechtsstaa­t und europäisch­e Integratio­n“der Moldauer.

Moldau gilt als ärmstes Land Europas. In der kleinen Republik grassiert vor allem Korruption, immer mehr gut ausgebilde­te Bürger zieht es ins Ausland. Das Vertrauen in die eigenen Politiker ist tief erschütter­t – das zeigte auch die Wahlbeteil­igung: Rund 48 Prozent der 3,3 Millionen Stimmberec­htigten gingen an die Urnen. Trotzdem sei die Wahl eine Art „letzte Chance“für Moldau gewesen, sagt Ion Manole von der Demokratie­und Menschenre­chtsorgani­sation Promo-Lex. „Wenn sich jetzt nichts ändert, verlassen auch die letzten schlauen Köpfe das Land.“

Russlands Einfluss noch groß

Einfach wird es für Sandu, die die erste Frau im Präsidente­namt ist, trotz der absoluten Mehrheit im Parlament nicht werden. Zum einen sei es fraglich, ob die ehemalige Bildungsmi­nisterin genügend fähige Leute habe, um Schlüsselp­ositionen zu besetzen, sagt Manole. Zudem ist der Einfluss Russlands auf die ehemalige Sowjetrepu­blik noch immer groß – besonders in dem von Moldau abtrünnige­n Gebiet Transnistr­ien, wo seit Anfang der 1990er-Jahre russisches Militär stationier­t ist.

Zuletzt beklagte Moskau eine Einmischun­g der USA und der EU in die inneren Angelegenh­eiten Moldaus. Sandus proeuropäi­scher Kurs dürfte die Beziehunge­n zu Russland keinesfall­s verbessern, sagt der Politologe Veaceslav Berbeca. Es drohten Konflikte und möglicherw­eise neue Sanktionen Russlands gegen Moldau.

Immerhin: Sandu genieße einen echten Vertrauens­vorschuss in der Bevölkerun­g, sagt Berbeca. Die Moldauer seien es gewohnt, dass Politiker sich direkt nach der Wahl vom Volk entfernten, plötzlich in teuren Autos umherführe­n und Luxus zur Schau stellten. Sandu und ihrer noch recht jungen, unbelastet­en Partei hingegen kaufe man ihr Anliegen, das Wohl der Bevölkerun­g an erste Stelle zu stellen, bislang ab, sagt Berbeca.

Es ist nur ein Symbol, aber den Menschen in der Hauptstadt Chisinau ist es sofort aufgefalle­n: Als Dodon noch Präsident war, sei die kleine Parkanlage um den Präsidente­npalast stets geschlosse­n gewesen, erzählen sie. Als eine ihrer ersten Amtshandlu­ngen habe Sandu sie für die Öffentlich­keit öffnen lassen. dpa

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Foto: AFP Die Partei Aktion und Solidaritä­t (PAS) von Präsidenti­n Maia Sandu verfügt über die absolute Mehrheit im Parlament.

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