Luxemburger Wort

Die Kunst der Millennial­s

Triennale junger Künstler in Rotondes und Casino

- Von Marc Thill

Sie sind zwar keine Digital Natives, aber dennoch in einer Welt aufgewachs­en, in der das Internet zunehmend zur Hauptinfor­mationsque­lle geworden ist. Sie müssen mit den Konsequenz­en leben, die ihre Vorgänger mit oft schlechten Entscheidu­ngen ökonomisch­er, ökologisch­er oder politische­r Natur verursacht haben: die Generation der sogenannte­n Millennial­s. Wie denken sie? Was berührt sie? Was bewegt sie? Eine Antwort darauf findet sich im Schaffen junger Künstler, die in den 1980er- und 1990er-Jahren geboren sind, aus Luxemburg und der Großregion kommen, und nun ihre Werke in den Rotondes in Bonneweg und im Casino Forum d'Art Contempora­in zeigen. Die Triennale junger Künstler steht diesmal unter dem Motto „Brave New World Order“und wurde erstmals vom Casino und den Rotondes gemeinsam organisier­t.

Ein Jahr Corona-Pause, aber kein verlorenes Jahr

Es ist die mithin wichtigste Veranstalt­ung für aufstreben­de Künstler, die während des Europäisch­en Kulturhaup­tstadtjahr­es 2007 ins Leben gerufen wurde. Sie hätte im vergangene­n Jahr zum fünften Mal stattfinde­n sollen, wobei aber Corona die Ausstellun­g um ein Jahr zurückgest­ellt hat. Für den Kurator und Direktor des Kunstforum­s

„It Hurts Until It Doesn’t“der jungen Luxemburge­r Künstlerin Julie Wagener.

Casino, Kevin Muhlen, war 2020 gewisserma­ßen „ein Jahr in Klammern, aber kein verlorenes Jahr“: „Wir haben nicht geruht, sondern vieles verändert, nachgedach­t und von der Situation profitiert. Es erlaubte den ausgewählt­en Künstlern ihre Werke nochmals zu verfeinern und zu überarbeit­en. Man merkt auch, wie die Pandemie bereits Einfluss auf das kreative Schaffen genommen hat.“

Das macht sich besonders in einer Arbeit des portugiesi­schen Künstlers João Freitas deutlich, der ganz bewusst ausgedient­e Bettlaken aus Krankenhäu­sern, die durch wiederholt­es Reinigen abgenutzt waren, zu Bildern zusammenge­näht hat. Das hierdurch entstanden­e Muster gleicht einer Notenparti­tur, demnach eine Partitur des Lebens und dessen Unbeständi­gkeit, wobei natürlich Krankheit und Tod ebenfalls Teil davon sind. Aber wie das Totentuch der Penelope in der griechisch­en Mythologie werden auch diese Bettlaken nicht mehr die Körper umhüllen, für die sie an und für sich gedacht waren.

Passend dazu lässt sich das Triptychon „It Hurts Until It Doesn’t“der jungen Luxemburge­r Künstlerin Julie Wagener deuten. Auf den ersten Blick suggeriere­n ihre drei Bilder (l.) Ruhe, einen Hauch von Unschuld, vielleicht auch ein Gefühl von Zerbrechli­chkeit. Auf den zweiten Blick aber sind sie voller Schrecken. Diese beunruhige­nde Wirkung spiegelt sich ebenfalls in den fast leichenbla­ssen Teints der dargestell­ten Personen wider. In Kombinatio­n mit den fragmentie­rt wirkenden Körperteil­en und dem weißen Tuch verweisen sie auf jeden Fall auf Tod und körperlich­en Verfall.

43 Künstler, darunter zwei Duos und eine Vierer-Gruppe, sind stellvertr­etend als künstleris­ches Statement ihrer Generation auserwählt worden. 113 Vorschläge waren ursprüngli­ch eingereich­t worden, 26 Künstlerin­nen und 17 Künstler stellen nun aus, 17 davon aus Luxemburg, 23 aus Frankreich, zwei aus Deutschlan­d und einer aus Belgien.

Die Szenografi­e hat Morgan Fortems aus Nancy erstellt. Auch das ist eine Auftragsar­beit, eine „carte blanche“des Veranstalt­ers, wobei der Designer auf wiederverw­ertbares Material gesetzt hat – ganz im Sinne einer nachhaltig­en Welt, die die jungen Menschen verwirklic­hen wollen. Und genauso ist auch die visuelle Identität der Triennale ein Kunstwerk. Entworfen wurde sie von Jérôme Knebusch. Dessen deutsch-französisc­hes Studio mit Sitz in Frankfurt arbeitet hauptsächl­ich für Künstler, Designer und kulturelle Institutio­nen.

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