„Die Zeit, mich zu freuen, war begrenzt“
Raphael Duarte arbeitet als Co-Trainer beim Fußballclub in Nancy und fühlt sich wohl in seiner neuen Rolle
Als sich Raphael Duarte im Alter von 15 Jahren dazu entschied, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen, um eine Trainerkarriere zu verfolgen, ahnte er noch nicht, dass er fast genau zehn Jahre später im Profigeschäft landen sollte. Doch genau so kam es. Denn nachdem er zweieinhalb Jahre erfolgreich als Cheftrainer von Jeunesse Canach aktiv war, wagte der 25-Jährige vor rund einem Monat den Schritt zur AS Nancy Lorraine in die zweite französische Liga, wo er unter Trainer Daniel Stendel als Co-Trainer arbeitet. Ein Schritt, über den er nicht sonderlich lange nachdenken musste.
Raphael Duarte, Sie sind seit rund einem Monat Co-Trainer bei AS Nancy Lorraine. Hatten Sie schon die Möglichkeit, sich in der neuen Stadt einzuleben oder blieb dafür noch keine
Zeit?
Nein, dafür blieb bis jetzt überhaupt keine Zeit. Ich pendele momentan täglich zwischen dem Trainingszentrum und dem Hotel, sodass ich noch nicht einmal Zeit gefunden habe, meine Wohnung einzurichten. Bei Gelegenheit werde ich mir aber alles anschauen.
Vor zweieinhalb Jahren berichteten
Sie im „Luxemburger Wort“, dass Sie das Ziel verfolgen, so schnell wie möglich im Profifußball zu landen. Wie fühlt es sich an, dieses Ziel so schnell erreicht zu haben?
Es fühlt sich unglaublich gut an. Als alles in trockenen Tüchern war, war ich überglücklich. Doch diese Freude währte auch nicht sonderlich lange, da ich mich direkt an die Arbeit machte, um mich so schnell wie möglich auf dem Niveau zu etablieren und zu beweisen. Die Zeit, mich zu freuen, war begrenzt.
Der neue Trainer von Nancy heißt Daniel Stendel. Ein erfahrener Mann, der schon in Schottland, England und Deutschland gecoacht hat. Wie kam der erste Kontakt zwischen dem Club, dem Trainer und Ihnen zustande?
Als sich der Club auf Daniel festgelegt hatte, machten sich die Verantwortlichen auf die Suche nach einem Co-Trainer mit einem gewissen Profil. Sie wollten mit jungen, talentierten und vor allem motivierten Trainern zusammenarbeiten. Anscheinend passte ich in dieses Profil, denn ein Vermittler der Investorengruppe der AS Nancy hat mich angerufen, um zu erfahren, ob ich Interesse hätte. Zudem war den Verantwortlichen wichtig, dass der Co-Trainer Französisch und Deutsch spricht, damit er zwischen der Mannschaft und dem Trainer vermitteln könne. Als das dann alles gepasst hat, nahm Daniel Kontakt zu mir auf. Wir waren von Anfang an auf einer Wellenlänge und redeten über eine ähnliche Spielidee. Dann ging alles ganz schnell.
Wie lange überlegten Sie, als Sie den fertigen Vertrag vor sich liegen hatten?
Keine Sekunde. Mir war ab dem ersten Gespräch mit dem Trainer klar, dass ich den Schritt wagen wollte. Ich hatte einfach große Lust, mit Daniel Stendel zusammenzuarbeiten. Einen besseren Einstieg hätte ich mir kaum vorstellen können.
Sie scheinen sich gut mit dem neuen Trainer zu verstehen. Wie läuft der Übergang in die Rolle des Co-Trainers und die Anpassung an seine Arbeitsweise?
Der Übergang verläuft fließend. Denn, obwohl ich erst seit Kurzem vor Ort bin, stehe ich schon länger mit dem Trainer in täglichem Kontakt.
Das machte die Anpassung direkt viel leichter und seit ich in Nancy bin, haben sich alle Eindrücke bestätigt. Daniel ist ein sehr offener Trainer, der einem schnell das Vertrauen schenkt und gerne einen Teil der Verantwortung an sein Trainerteam abgibt. Er erwartet zwar viel, aber genau das motiviert mich dann noch mehr. Das ist der Vorteil, mit so einem erfahrenen Trainer zusammenzuarbeiten. Es ist zwar unglaublich viel Arbeit, aber bis jetzt verlief alles durchweg positiv.
Sie fungieren in Nancy nicht nur als Co-Trainer, sondern sind mit Ihren dass ich jetzt im Profibereich arbeite, ist der Arbeitsaufwand doch um einiges angestiegen.
Sie stecken mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison, die anstrengendste Zeit für Trainer und Spieler. Wie schaut aktuell ein normaler Tag für Sie aus?
Die Tage sind vor allem eins: lang! Ich stehe früh morgens auf, um vor 8 Uhr am Trainingsgelände zu sein. Dann geht es los mit der Vorbereitung der anstehenden Trainingseinheit und einer spezifischen Videoanalyse mit den Spielern, um zu erläutern, was wir mit der Einheit bezwecken wollen. Es folgen einige Einzelanalysen, bevor wir uns dann auf den Platz begeben. Und dann geht das Ganze wieder von vorne los: Nachbereitung des Trainings, Videoanalysen, Vorbereitung und so weiter. Wir betreiben schon einen enormen Aufwand, der meist bis spät in den
Abend hineingeht, bis man dann irgendwann im Bett landet.
Nach einer schwierigen Saison landete Nancy auf dem achten Platz. Wie sieht die Zielsetzung für die kommende Spielzeit aus?
Tabellarisch gesehen setzen wir uns kein Ziel. Es geht vor allem um die Entwicklung des Teams. Das Präsidium hat nur die Vorgabe gegeben, dass bis Ende der Saison eine klare Spielidee erkennbar ist. Offensiver, laufintensiver und attraktiver Fußball ist da die Devise – und das mit diesem jungen Team, denn dem Präsidium ist vor allem auch die Talententwicklung wichtig. Wenn das funktioniert, werden die Resultate kommen. Aber klar ist auch, dass es in den nächsten Jahren in Richtung Ligue 1 gehen soll.
Mit 25 Jahren sind Sie ein vergleichsweise junger Trainer, doch wussten Sie auch die älteren Spieler in Canach durch taktisches Verständnis und Mannschaftsführung zu überzeugen. Ist es bei den Profis schwerer sich Gehör zu verschaffen?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Spieler merken, dass wir als Trainerteam nur ihr Bestes wollen, dann sind sie bereit, alles zu geben. Mein Alter spielt da überhaupt keine Rolle. Die hören zu, egal wie alt man ist. Es ist sogar oft ein Vorteil so jung zu sein ...
Schon alleine durch die Sprache bin ich bei vielen Einzelgesprächen mit Spielern dabei und kann so viele Eindrücke gewinnen.
Wir haben ein sehr junges Team. Viele der Spieler sind zwei, drei Jahre jünger als ich und haben gerade ihr Abitur hinter sich. Da kann ich, im Vergleich zu älteren Trainern, eher nachempfinden, was das für sie bedeutet. Allgemein ist man empathischer, den Problemen junger Menschen gegenüber, was mir kommunikationstechnisch sehr weiterhilft.
Der erste Schritt im Profifußball ist Ihnen jetzt schon früh gelungen. Haben Sie einen konkreten Plan, wie es bei Ihnen weitergehen soll?
Nein, ich denke an nichts anderes als an die aktuelle Aufgabe und daran, dass ich mich hier um jeden Preis etablieren will. Auf lange Sicht würde ich einfach weiterhin gerne mein Hobby als Beruf machen und da ich der Meinung bin, dass harte Arbeit belohnt wird, sehen wir, was passiert. Klar träume ich auch von mehr, aber erst einmal denke ich Schritt für Schritt.