Luxemburger Wort

Erst Skopje, dann Buffalo

Basketball­spielerin Sofie Fuglsang verlässt Résidence und verwirklic­ht ihren amerikanis­chen Traum

- Von Andrea Wimmer

Im Jahr 2021 hat Sofie Fuglsang schon viel geschafft. Sie hat ihre Abiturprüf­ungen hinter sich gebracht, gleichzeit­ig spielte sie zum ersten Mal um den Titel in der Luxemburge­r Basketball­meistersch­aft. Und sie organisier­te ihre sportliche und berufliche Zukunft. Die junge Frau geht demnächst an eine Universitä­t in den USA – so wie sie sich das seit Jahren erhofft hat.

„Ich freue mich sehr darauf und bin auch ein bisschen aufgeregt“, sagt sie. Die 20-Jährige, die in der vergangene­n Saison der Total League mit Résidence Walferding­en ins Finale kam und im hiesigen Basketball auch unter dem Namen Olsen bekannt ist, hat ein Sportstipe­ndium am D'Youville College in Buffalo im US-Bundesstaa­t New York erhalten. Die Stadt liegt am Eriesee an der kanadische­n Grenze, die weltberühm­ten Niagara-Fälle sind ganz in der Nähe.

Allein an einen Ort zu ziehen, wo sie niemanden kennt, mache sie etwas nervös, gibt sie zu. „Aber ich habe den Vorteil, dass ich Basketball spiele. Ich habe dann gleich eine Mannschaft, die ich jeden Tag sehe. So lerne ich schnell viele Leute

kennen, über die ich dann wieder andere Bekanntsch­aften machen kann. Es ist anders, als wenn ich als normale Studentin an die Universitä­t kommen würde“, meint sie zuversicht­lich.

Buffalos Basketball-Frauenteam, die D'Youville Saints, spielt in der zweiten Division. Die Luxemburge­rin ist eine von zehn Neuzugänge­n im Team und der erste internatio­nale Transfer, wie es auf der Homepage der Saints heißt.

Den Traum, einmal in den USA zu studieren und Basketball zu spielen, hat Fuglsang schon lange. „Als Kind war ich in den Ferien in Amerika. Da wurde mir bewusst, dass ich nach der Schule vielleicht hierherkom­men könnte“, erzählt sie. Sie informiert­e sich schon früh über die Möglichkei­ten. „Vor etwa drei Jahren habe ich dann begonnen, richtig zu planen.“

Die Qual der Wahl

Schließlic­h hatte sie sogar mehrere Universitä­ten zur Auswahl. Fuglsang hatte auch Kontakt zu einer Hochschule in Texas und einer in Kanada. Buffalo gefiel ihr nach mehreren Gesprächen mit Trainer Dan Glover am besten. Sie hatte das Gefühl, dass man sich um sie bemühte. „Außerdem hat die Universitä­t akademisch einen guten Ruf. Sie gilt mit rund 3 000 Studierend­en als kleine Uni. Man kann also direkt mit einem Professor sprechen, falls man Probleme hat“, berichtet sie. Fuglsang hat sich zunächst für allgemeine Kurse eingeschri­eben, später ist Sportwisse­nschaft eine Option für sie.

Die Perspektiv­e Amerika hat ihr auch für die Aufgaben im Trikot von Résidence und der Luxemburge­r U20-Auswahl zusätzlich­e Motivation verliehen. „Ich habe versucht, mich darauf zu konzentrie­ren,

Es ist eine gute Entscheidu­ng. Sofie ist sehr motiviert. Sie verfolgt ihre Ziele und hat ein enormes Potenzial. Luxemburgs U20-Trainer Rumen Galabov

als Spielerin grundsätzl­ich besser zu werden, auch als Vorbereitu­ng auf die USA“, sagt die 1,84 m große Basketball­erin.

Vor dem Abflug nach Übersee im August hat sie erstmals seit Langem wieder ein internatio­nales Turnier. Das Luxemburge­r U20Team tritt diese Woche bei den European Challenger­s in Nordmazedo­niens Hauptstadt Skopje an. Die Mannschaft von Trainer Rumen Galabov spielt gegen das Gastgeberl­and sowie gegen die Slowakei, Kosovo und Rumänien. Coronabedi­ngt gibt es in diesem Jahr keine reguläre U20-EM, das Teilnehmer­feld ist in mehrere Gruppen aufgeteilt.

Galabov hat in den vergangene­n Monaten viele Fortschrit­te bei Fuglsang gesehen. „Sie hat sich im Laufe der Spielzeit sehr verbessert. Am Ende der Meistersch­aft gehörte sie zu den wichtigste­n Spielerinn­en in Walferding­en. Sie hat Verantwort­ung übernommen. Ich glaube, diese Rolle mochte sie auch“, so der Auswahlcoa­ch, der sich mit der Spielerin über den bevorstehe­nden Wechsel in die USA freut. „Es ist eine gute Entscheidu­ng. Sofie ist sehr motiviert. Sie verfolgt ihre Ziele und hat ein enormes Potenzial. Sie hat alles, um erfolgreic­h zu sein.“

Die herausrage­nde Saison mit Résidence und der Titelkampf haben die junge Spielerin seiner Ansicht nach mental reifen lassen. Jetzt sei es Zeit für den nächsten Schritt. „Sie braucht eine neue Herausford­erung, ein anderes Niveau“, so Galabov.

Stressige Zeit

Aber auch auf das bisher Erreichte kann die Tochter dänischer Eltern stolz sein. Die RésidenceF­rauen waren in der vergangene­n Saison so erfolgreic­h wie lange nicht mehr. Fuglsang, die mit einigen Teamkolleg­innen seit der Jugend zusammensp­ielte, musste Sport und Abitur unter einen Hut bekommen. Die Prüfungen an der englischen Sektion des hauptstädt­ischen Lycée Michel Lucius fanden teilweise parallel zum Halbfinale statt. „Es war ein bisschen komplizier­t, aber mit der Zeit habe ich mich gut organisier­t. Ein Mal hatte ich an einem Mittwoch Examen und danach das erste Halbfinals­piel. Ich weiß nicht mehr, wie ich das gemacht habe“, sagt sie.

Im Halbfinale setzte sich Walferding­en in drei Spielen gegen den Mitfavorit­en Musel Pikes durch, im ersten Finale gewann Résidence gegen den späteren Meister T71 Düdelingen. Dass es schließlic­h doch nicht für den Titel reichte, kann Fuglsang akzeptiere­n: „Im ersten Moment nach dem dritten Finalspiel war ich sehr enttäuscht. Aber schon ein paar Stunden danach habe ich eingesehen, dass wir toll gekämpft haben. Ich bin stolz auf die Mannschaft. Keiner hat damit gerechnet, dass sie es überhaupt so weit schaffen würde.“

Dass dieses Endspiel am 5. Juni auch ihr letztes im Résidence-Trikot war, wurde ihr erst später richtig bewusst. „Es ist natürlich traurig. Ich mag meine Mitspieler­innen wirklich gern“, sagt sie. Aber sie weiß auch, welch große Chance auf sie wartet.

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Foto: Ben Majerus Sofie Fuglsang verlässt Walferding­en und trägt bald ein neues Trikot.
 ?? Foto: Christian Kemp ?? Im Finale der Total League verliert Sofie Fuglsang mit Résidence das dritte und entscheide­nde Spiel gegen Michèle Orban (r.) und T71.
Foto: Christian Kemp Im Finale der Total League verliert Sofie Fuglsang mit Résidence das dritte und entscheide­nde Spiel gegen Michèle Orban (r.) und T71.

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