Der Lack ist ab
Das Ganze werde für sie keine Folgen haben, sie mache weiter wie bisher und werde sich noch stärker zum Wohl der Bevölkerung einsetzen, so das Fazit von Familienministerin Corinne Cahen (DP) nach der von den Mehrheitsparteien abgewendeten Rücktrittsforderung der Opposition. Der Satz fiel erst nach der Parlamentsdebatte bei einer Pressekonferenz. Im Plenum wollte sie nicht Stellung beziehen. Stattdessen musste Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) für sie die Kohlen aus dem Feuer holen!
Direkte Konsequenzen wird die Rücktrittsforderung für die DP-Ministerin in der Tat nicht haben. Doch der Waringo-Bericht über das Infektionsgeschehen in den Alten- und Pflegeheimen hinterlässt tiefe Spuren. Cahens Image hat aber nicht erst durch die Untersuchung der Arbeitsgruppe Schaden genommen. Zuvor hatten bereits ihre Mail an den Geschäftsverband und die Ungeschicklichkeit mit der Vermietung ihrer Wohnung über Airbnb am Lack gekratzt. Doch so lange die Regierungsparteien geschlossen hinter ihr stehen und Premier Bettel (DP) ihr den Rücken frei hält, besteht für sie keine Gefahr.
Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass es mit der nach außen hin demonstrierten Harmonie in der Regierung nicht mehr allzu weit her ist. Nach acht Jahren an der Macht hat der Kitt, der Blau-Rot-Grün einst zusammenschweißte, seine Wirksamkeit verloren. Vor allem zwischen den Liberalen und den Sozialisten stimmt die Chemie nicht mehr. Es wird immer offensichtlicher, dass DP und LSAP im Kampf gegen die Pandemie nicht auf einer Wellenlänge liegen, dass die beiden Ressortleiterinnen Lenert und Cahen sich immer öfter in die Haare geraten.
Bislang schauen die Grünen dem Treiben mit geballter
Faust in der Tasche zu. Was sollen sie auch anders tun? Zwar könnten sie das Zünglein an der Waage sein, doch gleichzeitig sind sie auch die Geisel der beiden Koalitionspartner: Wenn sie sich zu weit aus dem Fenster hängen, geht es ihnen ans Eingemachte. Umweltministerin Carole Dieschbourg steht ähnlich – wenn nicht noch stärker – unter Druck wie Corinne Cahen. Fällt Cahen, fällt auch Dieschbourg. Bei der Ausarbeitung von Gesetzestexten hatte die Umweltministerin zuletzt keine glückliche Hand, Beispiel Abfallgesetz. Auch ihre Kollegen Bausch, Kox und Turmes geraten immer wieder in die Kritik. Hinzu kommen die zahlreichen Affären, die das Ansehen der Grünen nachhaltig geschädigt haben, Beispiel Traversini oder zuletzt die Valorlux-Geschichte um die Moulin Dieschbourg.
Nur die LSAP steuert bislang fast unbeschadet durch die politischen Turbulenzen. Mehr noch, die Sozialisten können sich im Glanz der Gesundheitsministerin und anerkannten Krisenmanagerin sonnen.
Und die Opposition? Die CSV kann keinen Profit aus der aktuellen Schwäche der Regierungsparteien ziehen. Sie krebst weiter vor sich hin und hat nach endlosen Querelen um ihren früheren Präsidenten mit ihren eigenen Affären zu kämpfen. Zudem zeichnet sich zwei Jahre vor den Wahlen immer noch keine Leitfigur ab, die die Partei aus ihrem Tief herausführen könnte. Die Schieflage bei der einst unumgänglichen Volkspartei macht eine traditionelle Zweierkoalition mittlerweile unmöglich. Die Zeit der bequemen Mehrheiten ist offensichtlich endgültig vorbei.
Nur die LSAP steuert fast unbeschadet durch die politischen Turbulenzen.
Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu