„Unser Kerngeschäft sind die kleineren Vergehen“
Mit dem Bannhidder Steve Hatto auf Streife
Mersch. Wenn in einem Gebäude ein kaputtes Fenster nicht ersetzt wird, sind kurze Zeit später auch andere Fenster kaputt. Das besagt die Theorie der zerbrochenen Fenster. Die zerbrochene Glasscheibe sei ein Signal, dass sich niemand daran stört, wenn andere Scheiben zu Bruch gehen.
Steve Hatto, einer von mittlerweile drei Gardes champêtres in den Gemeinden Mersch und Lintgen, sieht dies ähnlich: „Wenn die Botschaft lautet, dass kleinere Rechtsbrüche keine Konsequenzen haben, setzt das langfristig die Hemmschwelle herunter.“
Er weiß, wovon er spricht: „Unser Kerngeschäft sind die kleineren Vergehen.“Dazu zählt er Vandalismus, Dreck und Lärm. „Wir sind dafür zuständig, die lokalen Gesetze und Polizeireglemente zu kontrollieren – oder wie im Gesetz steht: für Ruhe und Ordnung zu sorgen.“Seit dem Jahr 2000 haben 34 Gemeinden in Luxemburg einen Bannhidder eingestellt, insgesamt gibt es deren mittlerweile 85. Tendenz steigend.
Vandalismus, Dreck und Lärm
Für Ruhe und Ordnung ist eigentlich die Polizei zuständig. Seit der Fusion der Gendarmerie und der Polizei im Jahr 1999 ist die Zahl der Kommissariate gesunken und die Präsenz der Beamten im öffentlichen Raum hat abgenommen. „Es ist ein Loch entstanden“, so Hatto.
Der Garde champêtre oder Bannhidder ermöglicht es der Gemeinde, einen Agenten mit Polizeibefugnissen zu haben, der bei Verstößen gegen das Polizeireglement eingreift und Protokoll erstellen kann. In seinen Funktionen ähnelt der Garde champêtre den Agents municipaux. Fast alle Bannhüter des Landes üben denn auch beide Aufgaben aus.
Das Einsatzgebiet eines Bannhidder beschränkt sich auf eine oder zwei Gemeinden. „Ein Polizeikommissariat muss sich um ein halbes Dutzend oder mehr kümmern“, vergleicht Hatto. Und fügt hinzu: „Wir können unsere Arbeit am besten zu Fuß machen.“So komme man auch in den Kontakt mit dem Bürger und könne eine Vertrauensbasis aufbauen.
Wenn der Garde champêtre jeden Tag seine Runde zu Fuß dreht, ist er der erste uniformierte Ansprechpartner für besorgte Bürger. „So erreichen uns dann auch Informationen, die man im
Steve Hatto ist einer von drei Gardes champêtres in den Gemeinden Mersch und Lintgen.
Vorbeifahren kann.“ nicht bekommen
Erster Ansprechpartner
Steve Hatto weist auf die Bedeutung von Regeln für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft hin und darauf, dass Regelbrüche Konsequenzen haben sollten. „Man solle sich aber auch nicht der Illusion hingeben, dass mit Kontrolle und Repression jedes Problem gelöst werden kann“, so Hatto. „Ich mache den Beruf seit knapp 15 Jahren und musste nie Gewalt anwenden“, erklärt er. Nah dran war er, als ein Mann wohl viel zu tief ins Glas geschaut hatte, und ausholte, um ihn zu treffen – dabei sei er von alleine umgefallen.
Im Idealfall kommt es jedoch gar nicht erst zu einem Regelverstoß. Steve Hatto spricht demnach auch viel über Prävention. „Wir zeigen Präsenz, um nicht repressiv werden zu müssen“, sagt er. Als Beispiel nannte er die Vermüllung.
„Wenn sich Leute im Park oder im Wald treffen, um zu feiern, und
Repression und Kontrolle können nicht jedes Problem lösen. Steve Hatto
wir kommen vorbei, liegt am darauffolgenden Tag kein Dreck mehr am Grillplatz.“Ohne seine Präsenz würden die Chancen steigen, dass der Müll nicht weggeräumt wird.
Mittlerweile kennt er zudem die schönsten Plätze in den Gemeinden, für die er zuständig ist. „Das gehört zu den Vorzügen des Berufes.“Den beliebten Grillplatz beim Hunnebuer nahe Mersch kennt er so gut, dass er auf die Geschichte eingehen kann. „Wenn wir hier nicht kontrollieren würden, würde es nicht so sauber sein.“
Prävention und Repression
Das Problem an der Prävention sei, dass man als Außenstehender nicht merke, dass sie funktioniert. „Es ist doch alles in Ordnung, wir brauchen die Prävention nicht“, diesen Denkfehler solle man nicht machen. Um die Prävention auszubauen, sollen die Agents municipaux mehr Kompetenzen bekommen. „Seit 2017 ist ein Gesetzestext in Arbeit“, sagt Hatto. Um kleinere Verstöße – wie unerlaubt Feuer machen im Park oder Hundekot nicht entfernen – ahnden zu können, sieht der Text ein administratives Bußgeld vor. 25 bis 250 Euro kann der Verstoß kosten.
Steve Hatto unterbricht kurz das Gespräch, um eine Gruppe Fahr