Das Podium nimmt Formen an
Tadej Pogacar triumphiert am Col du Portet und feiert seinen fünften Etappensieg bei der Tour de France
Triumphator Tadej Pogacar (SLO/Emirates) griff sich jubelnd an sein Gelbes Trikot und ließ sich in den Nebelschwaden des Col du Portet völlig ausgepumpt auf den kalten Asphalt fallen. Nach der Zielüberfahrt und einem furiosen Dreikampf mit Jonas Vingegaard (DK/Jumbo) und Richard Carapaz (ECU/Ineos) musste sich selbst der Dominator der 108. Tour de France auf dem 2 215 Meter hohen Pyrenäen-Riesen eine kurze Pause gönnen.
„Ein fantastischer Tag. Im Gelben Trikot hier zu gewinnen, dieses Gefühl kann ich nicht beschreiben“, sagte der 22 Jahre alte Titelverteidiger, nachdem er die Königsetappe gestern für sich entschieden hatte.
Der 17. Abschnitt hatte alle Erwartungen erfüllt. Auf den 178,4 km waren drei schwere Anstiege zu bewältigen. Das Spektakel war sehenswert. Auf den letzten zehn Kilometern schenkten sich die Topfahrer nichts. An der Spitze war wenig überraschend Pogacar der Stärkste. Der Spitzenreiter feierte seinen zweiten Etappensieg bei der laufenden FrankreichRundfahrt. Allerdings musste der 22-Jährige ganz schön auf die Zähne beißen, um seine beiden Hauptkonkurrenten abzuhängen. Die Leichtigkeit, mit der Pogacar seine Rivalen in den Alpen düpiert hatte, war nicht zu erkennen.
Uran verliert zwei Positionen
Mehrmals attackierte er. Doch Vingegaard und Carapaz blieben dran. Der Südamerikaner bluffte, verweigerte die Tempoarbeit und setzte weniger als zwei Kilometer vor dem Ziel alles auf eine Karte. Pogacar folgte ihm wie sein Schatten, doch Vingegaard verlor mehrere Längen. Der junge Däne brach allerdings nicht ein. Er kam 200 m vor dem Ziel wieder heran, just in dem Moment als Pogacar ein letztes Mal attackierte und sich schließlich seinen insgesamt fünften Tour-Etappensieg sicherte.
Das finale Podium der Tour scheint gefunden: Pogacar führt in der Gesamtwertung nun mit 5'39'' vor Vingegaard und 5'43'' vor Carapaz. Rigoberto Uran (COL/Education First) war der Verlierer des Tages. Der bisherige Gesamtzweite erreichte das Ziel als Neunter mit einem Rückstand von 1'49'' und rutschte somit im Klassement von Rang zwei auf Platz vier ab (auf 7'17'').
Die ersten beiden Anstiege zum Col de Peyresourde und zum Col de Val Louron-Azet boten gestern noch nicht das erhoffte Spektakel. Das Emirates-Team von Pogacar kontrollierte das Tempo, Attacken der größten Rivalen blieben zunächst aus. Das änderte sich dann auf dem 16 Kilometer langen Weg zum Gipfel des Col du Portet, der als schwierigster Anstieg der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt gilt. Das Polster der Ausreißer wurde immer kleiner, bis Anthony Perez (F/Cofidis) als Letzter 8,5 km vor dem Ziel eingeholt war. Dann begann das große Finale, das Pogacar mit seiner ersten von mehreren Attacken eröffnete.
Zu den Verlierern des Tages zählten neben Uran auch die Gastgeber aus Frankreich, die sich am Nationalfeiertag besonders nach dem zweiten Tagessieg der diesjährigen Tour sehnten. Perez und drei Landsleute gingen in die Fluchtgruppe des Tages, doch der Vorsprung von achteinhalb Minuten
genügte angesichts der extrem schweren Schlusskilometer nicht.
Letzte Bergetappe am Donnerstag
Somit warten die Franzosen seit 2017 auf einen Tagessieg am 14. Juli. Wie für Frankreichs Pedaleure lief der Tag auch für Steven Kruijswijk (Jumbo) durchwachsen. Der Dritte der Tour de France 2019 musste wegen Krankheit vorzeitig aufgeben, für das Jumbo-VismaTeam war es nach Kapitän Primoz Roglic (SLO), Tony Martin (D) und Robert Gesink (NL) schon der vierte vorzeitige Ausfall.
Auf die Königsetappe folgt für das Peloton heute keine Chance zur Erholung, sondern die nächste Jagd durchs Hochgebirge. Am Donnerstag wartet nämlich die letzte Bergetappe auf die Teilnehmer.
Die 18. Etappe wird in Pau gestartet, führt über den 2 115 m hohen Col du Tourmalet (HC) und endet mit der Bergankunft in Luz Ardiden (HC). Dort wird auch Emmanuel Macron zugegen sein. Vielleicht
spornt die Anwesenheit des Staatsoberhaupts die französischen Fahrer ja ganz besonders an.
Pogacar, so viel scheint sicher, ist gewappnet. „Ich kann es kaum erwarten“, sagte er gestern.
Ein fantastischer Tag. Im Gelben Trikot hier zu gewinnen, dieses Gefühl kann ich nicht beschreiben. Tadej Pogacar