Feiern auch ohne Oktoberfest
Die Wiesn ist abgesagt – doch die Münchner lassen sich die Stimmung nicht verderben
München. Wolkenlos blauer Himmel, Menschen in Tracht auf dem Weg zur Theresienwiese – es wäre ein Bilderbuch-Start für das Oktoberfest geworden. Zum zweiten Mal ist das größte Volksfest der Welt wegen der Pandemie abgesagt. Trotzdem hieß es in München am Samstag „Ozapft is“. In Wirtshäusern wurden zum ursprünglich geplanten Wiesn-Start Bierfässer angestochen. Auf der Theresienwiese sammelten sich Wiesn-Fans mit Brotzeitkorb und mitgebrachtem Bier und prosteten sich um 12 Uhr zu.
Politiker und Playmate
Normalerweise hätte am Samstag der amtierende Münchner Oberbürgermeister das größte Volksfest der Welt mit dem Anzapf-Ritual eröffnet. Nun schwangen in Gaststätten Braumeister und Wirte, aber auch ein Pfarrer und ein Playmate den Schlegel. Auch ein Minister war dabei: Brauchte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Augustiner Klosterwirt zwei Schläge und einen kleinen Nachschlag, musste ein paar Schritte weiter im Hofbräuhaus Wiesnplaymate 2021, Vanessa Teske (26), zwölf Mal zuschlagen, ehe das Bier floss.
Der Münchner Alt-Oberbürgermeister und ehemalige Anzapfkönig Christian Ude (SPD) zapfte im Schiller Bräu wie in alten Zeiten mit zwei Schlägen an – er hatte das als erster OB 2005 bei dem 200-Liter-Fass auf dem Oktoberfest geschafft. Im vergangenen Jahr war Ude nicht ganz so gut in Form und brauchte eine Reihe Schläge mehr.
„Die Wiesn ist ein tiefes Lebensgefühl“, sagte Gregor Lemke, Sprecher der Münchner Innenstadtwirte, zum Auftakt der Wirtshauswiesn
in gut 50 Gaststätten. Dort, aber auch in der Stadt und auf der Theresienwiese, herrschten Dirndl und Lederhose vor.
Anders als im Vorjahr galt auf der Theresienwiese kein Alkoholverbot. Sie sei eine öffentliche
Grünfläche, sagte der Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) vorab. „Die kann im Rahmen der Vorschriften jeder nutzen, wie er will. Es darf auf der Theresienwiese auch Bier getrunken werden.“
Das taten einige ausgiebig. Am Samstagnachmittag sah man auf dem Festgelände wie nach einem echten Wiesnanstich wankende Gestalten in Tracht – allerdings nicht Zehntausende, sondern nur ein paar Dutzend.
Neustart in 2022
Im nächsten Jahr soll hier wieder Bier in Strömen fließen. Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Baumgärtner laufen derzeit Planungen für ein Oktoberfest 2022. Es würden Konzepte entwickelt, „wie die Wiesn 2022 stattfinden kann und die Besucherinnen und Besucher so sicher wie irgend möglich Spaß haben können“, sagte Reiter der Deutschen Presse-Agentur. In der „Augsburger Allgemeinen“(Samstag) kündigte er an, er wolle „allerspätestens im April nächsten Jahres“über das Oktoberfest 2022 entscheiden. „Ich möchte auf jeden Fall, dass es in meiner Amtszeit bei zwei Wiesn-Absagen bleibt.“dpa