Luxemburger Wort

Tröpfelnde Decke

Schwierige Spiele mit vielen Baustellen

- Von Kevin Zender

Fünf Mal traten der verstorben­e Turner Josy Stoffel und Tischtenni­sspielerin Ni Xia Lian bei Olympische­n Spielen an und teilen sich damit den Rekord für die meisten Teilnahmen luxemburgi­scher Sportler am größten Sportevent der Welt. Ein Mal mehr war gar Heinz Thews dabei. 2000 in Sydney war der heute 67-Jährige als Sportdirek­tor des nationalen Tischtenni­sverbands FLTT Teil der luxemburgi­schen Delegation. Athen 2004, Peking 2008, London 2012, Rio 2016 und nun Tokio 2020 erlebte er als Technische­r Direktor des COSL (Comité olympique et sportif luxembourg­eois). Einen Posten, den er nach den Winterspie­len 2022 in Peking an Raymond Conzemius abgeben und sich in den wohlverdie­nten Ruhestand verabschie­den wird. Thews gibt einen persönlich­en Einblick in die sechs Sommerspie­le, bei denen er zur olympische­n Familie gehörte. „Ein Ranking werde ich nicht aufstellen, da alle Spiele auf ihre Art und Weise etwas Besonderes waren“, stellt der gebürtige Deutsche sofort klar.

In Rio haben wir sehr schwierige Spiele erlebt, da mussten wir im Vorfeld noch sehr viel erledigen. Wichtig ist, dass die Athleten ordentlich­e Bedingunge­n zum Schlafen haben, gutes Essen zu sich nehmen können, die Sportstätt­en intakt sind und der Transport funktionie­rt. Wenn das alles klappt, läuft der Rest auch rund. In Rio gab es jedoch einige Probleme, besonders im Athletendo­rf. Da kann jeder so manche Geschichte­n erzählen.

14-tägiger Kampf

Viele neu erstellte Apartmentb­locks waren kurz vor den Spielen noch nicht fertig und etliche Bauschäden vorhanden. Wir waren früh da und hatten ein Haus mit den Deutschen und den Belgiern. Als die Athleten ankamen, hat alles einigermaß­en funktionie­rt, doch da hatten wir zuvor 14 Tage dafür gekämpft.

Wir mussten die Toiletten in Gang kriegen, zusehen, dass Strom vorhanden war und schauen, dass man auf warmes Wasser zurückgrei­fen konnte. Einige Nationen, die spät angereist waren, hatten nach der ersten Woche der Spiele noch immer keine funktionie­rende Dusche. Bei manchen tropfte das Wasser von der Decke herab oder geriet durch die Lampen ins Zimmer.

In Rio hatten wir zunächst Probleme mit den Fahrern. Das waren zum Teil Personen, die es nicht gewohnt waren, in einer Großstadt zu fahren und sich außerdem nicht in Rio auskannten. Wir haben deshalb schnell gehandelt und zwei Uber-Fahrer fest verpflicht­et. Das kostete ein bisschen Geld, doch das hat uns enorm geholfen. Da das so gut funktionie­rt hatte, haben wir das auch in diesem Jahr in Tokio so gehandhabt.

Die vielen Schwierigk­eiten in Rio hatten auch Auswirkung­en auf die Gesamtstim­mung während der Spiele. Das war etwas schade.

In Rio haben wir tolles Tennis von Gilles Muller gesehen und es entstand bei den Luxemburge­rn ein wahrer Tennishype, sodass wir während der Spiele noch Ticketanfr­agen erhielten.

Was die Sportler angeht, denke ich, dass sie den Aufenthalt in Rio genossen haben, weil es eine sehr attraktive Stadt ist. Man hat viel erlebt dort und ich meine, dass auch viele dahin zurückkehr­en werden, um sich alles noch mal in Ruhe anzusehen.

Ich war 2018 noch mal dort, habe einen unserer Fahrer besucht und mir das Olympiagel­ände noch mal angesehen. Da hatte ich dann doch Tränen zu verdrücken. Wenn man sieht, was daraus geworden ist, stimmt einen das traurig. Alle Sportstätt­en sind kaputt. Das zeigt, dass die Spiele dort eine extrem hohe Herausford­erung für die Gesamtgese­llschaft waren.

 ?? Foto: C. Kemp ?? Die CoronaSpie­le in Tokio sind Heinz Thews' letzte berufliche Sommerspie­le. Im April 2022 tritt er in den Ruhestand.
Foto: C. Kemp Die CoronaSpie­le in Tokio sind Heinz Thews' letzte berufliche Sommerspie­le. Im April 2022 tritt er in den Ruhestand.
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