Luxemburger Wort

Fast alles ist neu

Luxemburgs Fußballfra­uen müssen schnell lernen und gegen Topfavorit England die Nerven bewahren

- Von Andrea Wimmer

Ein Anfang ist gemacht. Allein dies ist für Jessica Berscheid schon eine große Erleichter­ung. „Uns ist eine Riesenlast von den Schultern gefallen“, sagt die Luxemburge­r Fußballnat­ionalspiel­erin. Ihre Mannschaft hat die Premiere in der Gruppenpha­se der WM-Qualifikat­ion hinter sich gebracht und damit schon etwas geschafft, findet die 24-Jährige: „Wir haben Geschichte geschriebe­n und sind alle sehr stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein.“

Das 0:4 am Freitag in Nordirland war zwar eine klare Niederlage, aber für die Neulinge kein schlechter Start gegen einen EMTeilnehm­er. „Viele haben gedacht, dass wir höher verlieren würden. Für unser erstes Spiel in einer WM-Qualifikat­ion war das Resultat meiner Meinung nach mehr als in Ordnung. Denn so ein Tempo und Niveau kannten wir bislang nicht“, so Berscheid.

Als Gruppenvie­rter hat der Außenseite­r im Moment sogar zwei Teams hinter sich: Lettland, das 1:8 gegen Österreich verlor, sowie das mit 0:8 gegen England unterlegen­e Nordmazedo­nien.

Berscheid ist eine der erfahrenst­en Spielerinn­en der FLF-Auswahl. Sie war 2015 und 2017 bei Vorqualifi­kationstur­nieren in Moldawien und auf den Färöern dabei. Aber auch für sie ist jetzt vieles neu: Die starken Gegner, die ungewohnte Intensität, der Druck, auf großer Bühne kein schlechtes Bild abzugeben.

Besonders im Fokus steht die Mannschaft beim ersten Heimspiel der Kampagne. England, Topfavorit der Gruppe D, tritt heute (20.15 Uhr) im Stade de Luxemburg gegen die FLF-Frauen an. Der Gegner war zuletzt zwei Mal im WM-Halbfinale. Die Spielerinn­en sind bei berühmten Vereinen unter Vertrag, ihre Trainerin Sarina Wiegman war FIFA-Coach des Jahres 2020.

Der übermächti­ge Gegner und die größte Arena, in der die Luxemburge­rinnen

je gespielt haben – die Kombinatio­n dürfte das Nervenkost­üm besonders strapazier­en.

Nervosität

Auch beim Auftakt in Larne in Nordirland war die Aufregung zunächst ein Problem. „Die Nervosität

war den Spielerinn­en in der ganzen ersten Halbzeit anzumerken“, sagt Carine Nardecchia, die Präsidenti­n der FLF-Frauenfußb­allkommiss­ion. Doch die erste Partie habe nur einen Vorgeschma­ck auf das geboten, was nun gegen England bevorsteht: „Die Mannschaft muss sich bewusst sein, dass sie noch eine Schippe drauflegen muss.“

Möglich ist das, glaubt Berscheid. Denn bei den Gegentoren vom Freitag, von denen drei in der ersten Halbzeit fielen, seien auch „Geschenke“dabei gewesen. „Wir haben teilweise nicht ordentlich geklärt oder nicht entschiede­n genug dagegengeh­alten“, sagt die Verteidige­rin.

„Es ist ein Lernprozes­s. Ich bin froh, dass die Kampagne jetzt endlich angefangen hat. Wir haben im Spiel gegen Nordirland so viel gelernt, dass wir gleich mehrere Schritte weitergeko­mmen sind“, meint Nationaltr­ainer Dan Santos. Er findet: „Die Mannschaft hat sich tapfer geschlagen.“

Danach ging es vor allem um Regenerati­on, denn zwei so schwere Spiele kurz hintereina­nder sind Neuland für das Team. Nach der Partie in Larne nahm jede eingesetzt­e Akteurin ein Eisbad, um die Erholung der Muskulatur zu beschleuni­gen. Ein Physiother­apeut und ein Mentalcoac­h kümmerten sich um die Spielerinn­en.

„Man darf sich jetzt nicht zu viel Druck machen“, sagt Berscheid über die bevorstehe­nde Herkulesau­fgabe. Sie freut sich auf das Stade de Luxembourg und darüber, dass Fans wie der M-Block ihre Unterstütz­ung angekündig­t haben. „Das bedeutet mir wirklich viel.“Denn auch das ist neu für sie.

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Foto: S. Guillaume Jessica Berscheid und ihre Teamkolleg­innen wollen gegen England keine Geschenke verteilen.

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