Luxemburger Wort

Rätselrate­n in Moskau

Welche Ergebnisse die Verhandlun­gen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin gebracht haben, ließ der Kreml zunächst offen

- Von Stefan Scholl (Moskau) Karikatur: Florin Balaban

Wladimir Putin trat nach der Videobrück­e aus Sotschi mit Joe Biden in Washington nicht vor die Journalist­en, auch über den Inhalt der Verhandlun­gen gab der Kreml nichts bekannt. Moskauer Politologe­n vermuteten deshalb gestern Abend, es habe keine für Russland zählbaren Ergebnisse gegeben. Ungewiss blieb zunächst auch, ob und für wann sich die Präsidente­n auf ein persönlich­es Gipfeltref­fen geeinigt haben. Ein solches Treffen stellte Biden in den wenigen Sekunden zur Sprache, die in Russland vom Beginn des virtuellen Treffens gezeigt wurden.

Putin hatte schon vorher zu verstehen gegeben, dass er nicht viel von dem Gipfel erwartete. Bei einer ebenfalls digitalen Kabinettsk­onferenz zu Wirtschaft­sfragen am Nachmittag bat er die Minister, „kompakt“zu arbeiten. „Weil ich in einer Stunde noch eine Protokollv­eranstaltu­ng habe.“

Teilung Osteuropas in Sphären

Dass diese Veranstalt­ung nur gut zwei Stunden dauerte, veranlasst­e viele russische Beobachter zu der Vermutung, man habe die Hauptprobl­eme nur andiskutie­rt. Schon am Vormittag hatte Kremlsprec­her Dmitri Peskow von einem „Arbeitsges­präch in einer sehr schwierige­n Periode“gesprochen, bei dem kein Durchbruch zu erwarten sei. Aber immerhin würden die zwei Präsidente­n miteinande­r reden, sie wollten die Dinge also nicht eine Sackgasse bugsieren. wofür die Schleuserb­ande 1,3 Millionen Euro kassierte. In Moskau gilt es als sicher, dass Putin seinem US-Kollegen jene neu gezogenen „roten Linien“Russlands vorhielt, zu denen Biden schon angemerkt hatte, er erkenne sie nicht an.

Putin fordert seit Wochen von der NATO eine schriftlic­he Garantie, sich nicht weiter nach Osten auszuweite­n, außerdem auf jede Militärhil­fe für die Ukraine zu verzichten. Das geschieht vor dem Hintergrun­d sich häufender westlicher Meldungen vom Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainisch­en Grenze und von einer für Anfang 2022 vermuteten Invasion.

Moskauer Politologe­n reden inzwischen von einer neuen Teilung Osteuropas in Einflusssp­hären, der sich Biden auf Dauer nicht widersetze­n könne. Die Ukraine dürfe nicht weiter zum „Anti-Russland“aufgebaut werden. Und Peskow erklärte, Russland hätte nie vorgehabt, irgendwen anzugreife­n. „Aber auch wir haben unsere Befürchtun­gen, unsere roten Linien.“

Das Weiße Haus teilte später mit, Biden habe Putin im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Konsequenz­en gedroht. Der Präsident habe „die tiefe Besorgnis der Vereinigte­n Staaten und unserer europäisch­en Verbündete­n“über die Ukraine-Krise zum Ausdruck gebracht. Biden habe seine Unterstütz­ung für die Souveränit­ät und territoria­le Integrität der Ukraine bekräftigt.

Ob ein großer Krieg wahrschein­licher geworden ist oder nicht, mögen die kommenden Tage zeigen.

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