Rätselraten in Moskau
Welche Ergebnisse die Verhandlungen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin gebracht haben, ließ der Kreml zunächst offen
Wladimir Putin trat nach der Videobrücke aus Sotschi mit Joe Biden in Washington nicht vor die Journalisten, auch über den Inhalt der Verhandlungen gab der Kreml nichts bekannt. Moskauer Politologen vermuteten deshalb gestern Abend, es habe keine für Russland zählbaren Ergebnisse gegeben. Ungewiss blieb zunächst auch, ob und für wann sich die Präsidenten auf ein persönliches Gipfeltreffen geeinigt haben. Ein solches Treffen stellte Biden in den wenigen Sekunden zur Sprache, die in Russland vom Beginn des virtuellen Treffens gezeigt wurden.
Putin hatte schon vorher zu verstehen gegeben, dass er nicht viel von dem Gipfel erwartete. Bei einer ebenfalls digitalen Kabinettskonferenz zu Wirtschaftsfragen am Nachmittag bat er die Minister, „kompakt“zu arbeiten. „Weil ich in einer Stunde noch eine Protokollveranstaltung habe.“
Teilung Osteuropas in Sphären
Dass diese Veranstaltung nur gut zwei Stunden dauerte, veranlasste viele russische Beobachter zu der Vermutung, man habe die Hauptprobleme nur andiskutiert. Schon am Vormittag hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow von einem „Arbeitsgespräch in einer sehr schwierigen Periode“gesprochen, bei dem kein Durchbruch zu erwarten sei. Aber immerhin würden die zwei Präsidenten miteinander reden, sie wollten die Dinge also nicht eine Sackgasse bugsieren. wofür die Schleuserbande 1,3 Millionen Euro kassierte. In Moskau gilt es als sicher, dass Putin seinem US-Kollegen jene neu gezogenen „roten Linien“Russlands vorhielt, zu denen Biden schon angemerkt hatte, er erkenne sie nicht an.
Putin fordert seit Wochen von der NATO eine schriftliche Garantie, sich nicht weiter nach Osten auszuweiten, außerdem auf jede Militärhilfe für die Ukraine zu verzichten. Das geschieht vor dem Hintergrund sich häufender westlicher Meldungen vom Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze und von einer für Anfang 2022 vermuteten Invasion.
Moskauer Politologen reden inzwischen von einer neuen Teilung Osteuropas in Einflusssphären, der sich Biden auf Dauer nicht widersetzen könne. Die Ukraine dürfe nicht weiter zum „Anti-Russland“aufgebaut werden. Und Peskow erklärte, Russland hätte nie vorgehabt, irgendwen anzugreifen. „Aber auch wir haben unsere Befürchtungen, unsere roten Linien.“
Das Weiße Haus teilte später mit, Biden habe Putin im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Konsequenzen gedroht. Der Präsident habe „die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten und unserer europäischen Verbündeten“über die Ukraine-Krise zum Ausdruck gebracht. Biden habe seine Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt.
Ob ein großer Krieg wahrscheinlicher geworden ist oder nicht, mögen die kommenden Tage zeigen.