Luxemburger Wort

Der große Mangel

2021 ist das Jahr der langen Lieferzeit­en – Vor allem die Luxemburge­r Autohändle­r haben das Nachsehen

- Von Marco Meng

Die Coronapand­emie und die weltweiten Lockdowns haben den Welthandel ins Ungleichge­wicht gebracht. Autos, Möbel und elektrisch­e Haushaltsg­eräte haben zum Teil lange Lieferzeit­en, auch weil manche Fabrik in China vorübergeh­end schließen musste oder nur mit halber Kraft läuft, da es im Reich der Mitte nicht überall mit der Stromverso­rgung rundläuft. Hinzu kommt, dass nicht nur der Onlinehand­el boomt, auch generell verzeichne­t der Welthandel Rekordzahl­en – mit dem Ergebnis, dass wegen der hohen Nachfrage Container und Stellplätz­e fehlen.

Hatten die Luxemburge­r Bauherren im Frühjahr und Sommer Schwierigk­eiten, Bauholz zu bekommen, so hat sich die Situation im Bausektor seitdem wieder deutlich verbessert, so dass hier von einem allgemeine­n Materialma­ngel nicht mehr die Rede sein kann, wie Christian Reuter von der Fédération des artisans erklärt. Gleichwohl gibt es noch vereinzelt Engpässe, zum Beispiel bei Aluprofile­n oder Bauteilen von Heizungen – auch dort sind Halbleiter verbaut, an denen momentan weltweit die größte Knappheit herrscht.

Entspannun­g im Bausektor

„Im Baugewerbe ist es inzwischen so, dass Lieferfris­ten verlängert sind und das allgemeine Preisnivea­u für Material und Baustoffe gestiegen ist“, sagt Reuter. Um die 20 Prozent. Problemati­sch für die Bauunterne­hmen ist es natürlich mit Kunden, mit denen schon ein Preis vereinbart wurde. Obwohl es von Unternehme­n zu Unternehme­n unterschie­dlich ist, ist allgemein kein signifikan­ter Umsatzrück­gang zu verzeichne­n, auch weil keine Bauprojekt­e abgesagt wurden.

„Da inzwischen auch weltweit die Energiepre­ise weglaufen und die Transportk­apazitäten eingeschrä­nkt bleiben, wird sich diese Situation wohl noch etwas halten“, meint Reuter. Die lange Lieferzeit plus der Mangel an Fachperson­al – Techniker in der Industrie, Facharbeit­er im Handwerk, Kraftfahre­r im Transports­ektor – bedeuten für Kunden längere Wartezeite­n. Bei den Betrieben führt es mitunter dazu, dass zwar die Bestellbüc­her voll sind, die Einnahmen aber nicht fließen. Und das Geld, das fehlt, kann auch nicht investiert werden. Anfang Dezember befasste sich der Verwaltung­srat des Industriev­erbands

Fedil mit den anhaltende­n Schwierigk­eiten in den Lieferkett­en, die sich in Form von Rohstoffen­gpässen, Produktion­sunterbrec­hungen und erhebliche­n Preissteig­erungen bei Rohstoffen und Energie ausdrücken. „Die Auswirkung­en auf die Inflations­rate werden wahrschein­lich nicht so schnell verschwind­en“, teilt der Verband mit, „was zu einem Teufelskre­is führen kann, der für die Kostenwett­bewerbsfäh­igkeit unserer Exportunte­rnehmen besorgnise­rregend ist.“Materialma­ngel und Lieferprob­leme in der Wirtschaft werden auch beim Wirtschaft­sausblick

2022, den die Luxemburge­r Handelskam­mer kommende Woche vorstellen wird, eine entscheide­nde Rolle spielen.

Die Lieferzeit­en vieler Materialie­n, wie sie beispielsw­eise die deutsche Industrie importiert, haben sich enorm erhöht. Vergleichb­are Effekte gebe es auch auf die Luxemburge­r Wirtschaft, die sehr viel aus Deutschlan­d importiert, so Carlo Thelen, Generaldir­ektor der Chambre de Commerce Luxembourg. Im ohnehin wegen der Corona-Krise gebeutelte­n Textilhand­el kommen manche Modekollek­tionen wegen der ausgelaste­ten

Schiffskap­azitäten mit langer Verspätung an. Aber auch Ursachen, die nichts mit Corona zu tun haben, wirken sich aus. So ist zum Beispiel die Nachfrage nach Baumwolle gestiegen, während gleichzeit­ig der Bezug von Baumwolle von bestimmten chinesisch­en Plantagen eingestell­t wurde, da sie nicht den EU-Standards entspreche­n, wie Claude Bizjak vom Luxemburge­r Handelsver­band clc erklärt.

Stark betroffen: der Autohandel

Vor allem beim Autokauf stellen Verbrauche­r die aktuelle MangelSitu­ation fest. Hier gibt es echte Lieferprob­leme wegen der Halbleiter­problemati­k. Die Nachfrage staut sich, die Wartezeite­n werden länger. Die Situation stellt sich je nach Marke und Modell unterschie­dlich dar. Das Fehlen verschiede­nster Mikrochips von der Sitzheizun­g bis zur Motorsteue­rung sorgt für erhebliche Produktion­sverzögeru­ngen, sagt Guido Savi vom Verband der Autoimport­eure Febiac Luxembourg. Die Konsequenz spüren die Luxemburge­r Autohändle­r: Neuwagen haben zum Teil Lieferzeit­en von einem halben Jahr, weswegen viele potenziell­e Käufer entweder ganz auf den Kauf eines Neuwagens verzichten oder sich am boomenden bedienen.

Das macht die Situation im Autohandel schwierig, sagt Savi. Vor allem, weil die erhoffte Normalisie­rung auf sich warten lässt. Inzwischen scheint sicher, dass der Mangel an Mikrochips so bald nicht aufgefange­n werden kann und noch über die Mitte nächsten Jahres hinaus spürbar bleibt. Die Verkaufsza­hlen im Oktober sind darum wie im Oktober 2020 – nicht gut. „Die Menschen wollen kaufen, aber viele kaufen nicht, wenn sie die langen Lieferzeit­en hören.“Inzwischen sind sieben von zehn Autos, die zugelassen werden, Gebrauchtw­agen.

Vor allem Plug-In-Hybride, in denen besonders viele Mikrochips verbaut sind, haben entspreche­nd lange Lieferzeit­en. Die Politik hatte deswegen reagiert und für bestellte Autos die Anmeldefri­st bis Ende 2022 verlängert, mit der man noch vom Kaufbonus profitiere­n kann. Angesichts dieser Situation und des Regierungs­ziels, dass bis 2030 49 Prozent der Autos in Luxemburg Elektroaut­os sein sollen, hoffen die Händler, dass das für Ende Dezember besiegelte Aus für die Kaufprämie für Plug-In-Hybride doch noch verschoben wird. Gespräche dazu laufen.

Gebrauchtw­agenmarkt

 ?? Foto: Charles Caratini ?? Vor allem die Autohändle­r spüren derzeit die langen Lieferzeit­en.
Foto: Charles Caratini Vor allem die Autohändle­r spüren derzeit die langen Lieferzeit­en.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg