„Gegen Weihnachten hilft nur Humor“
Carolin Kebekus über ihre neue Netflix-Comedyshow zum Fest und ihr ambivalentes Verhältnis zur Kirche
Sie gilt als lustigste Frau Deutschlands: Carolin Kebekus. In ihrer Comedyshow „The Last Christmas Special“– zu sehen ab heute beim Streaminganbieter Netflix – knöpft sich die 41-Jährige jetzt das Thema Weihnachten vor. In dem gut eine Stunde dauernden Programm nimmt die Entertainerin vom Adventskalender bis zum Gänsebraten viele Rituale der schönsten Zeit des Jahres auf die Schippe.
Carolin Kebekus, in Ihrer Comedyshow „The Last Christmas Special“bei Netflix nehmen Sie Weihnachtstraditionen auf die Schippe. Kann man Weihnachten nur mit Humor ertragen?
Er macht die Sache auf jeden Fall einfacher. An Weihnachten hat man ja immer diesen Zwang, besinnlich zu sein und alle aus der Familie lieb zu haben, das hat so eine gewisse Schwere – und da hilft nur Humor.
Das Special wurde in einer Kirche aufgezeichnet. Wie hat es sich angefühlt, da vorne zu stehen, wo sonst der Pfarrer predigt?
Es hatte was Feierliches, hat sich aber nicht angefühlt, als würde ich etwas Verbotenes machen. Es ist ja eine ganze spezielle Kirche, die Kulturkirche in Köln-Nippes, die einen sozial total engagierten Pfarrer hat. Viele Kolleg*innen (sic) von mir, deren Programm noch weiter unter der Gürtellinie ist als bei mir, standen da schon auf der Bühne. Ich selber bin auch bereits früher dort aufgetreten und habe Dinge gesagt, die man sonst nicht in der Kirche sagt. (lacht)
Sie sind katholisch aufgewachsen, aber aus der Kirche ausgetreten und eine bekannte Kirchenkritikerin. Ist Ihr Verhältnis zu Weihnachten ambivalent?
Ja, so wie mein ganzes Verhältnis zur Kirche ambivalent ist. Ich habe als Kind viele schöne Seiten von Kirche und Gemeindeleben mitbekommen, die Gemeinschaft an Weihnachten habe ich als etwas Positives erfahren. Ich liebe auch die klassischen Lieder. „Stille Nacht“ist für mich das schönste Stück Musik, das je geschrieben wurde. Trotzdem gehe ich an Weihnachten nicht mehr in den Gottesdienst. Diese Zweigleisigkeit der Kirche, die Moral so hochzuhalten, auf der anderen Seite die vielen Dinge, die da schieflaufen, angefangen beim Missbrauchsskandal – das kriege ich einfach nicht zusammen.
Sie beschreiben Weihnachten in Ihrem Special als Mischung aus Besinnlichkeit und „asozialem Stress“. Schaffen Sie es, sich von diesem Stress freizumachen?
Es geht so. Wenn ich viel Zeit habe, kann ich mich in den Vorbereitungen total verlieren, es macht mir Spaß, mich in etwas reinzufuchsen. Ich habe zum Beispiel angefangen, auf Zugfahrten sämtliche Kugeln für den Weihnachtsbaum zu umhäkeln, was mir wahnsinnig Spaß macht. Allerdings
beginne ich allmählich zu verstehen, was meine Mutter früher meinte, wenn sie über den Stress an den Feiertagen geklagt hat. Wir versuchen nämlich seit ein paar Jahren, sie an Weihnachten zu entlasten, indem wir bei mir feiern, und deshalb wechselt der Stress jetzt auf mich über.
Aber ich versuche, die Aufgaben auf alle zu verteilen, und wenn es dann nicht ganz perfekt ist, ist es nicht so schlimm.
Was ist für Sie das perfekte Weihnachtsfest?
Das perfekte Weihnachtsfest ist für mich, wenn alle da sind, wenn keiner krank ist, wenn gute Stimmung ist und man sich über seine Familie und seine Freunde und Freundinnen freut. Dann ist es egal, ob der Christbaum schief steht oder was es zu essen gibt.
Gibt es in Ihrer Familie ein Traditionsessen?
Bei uns gibt es immer Raclette. Eine Weile lang hat mein Vater versucht, Fleisch im Ofen zu machen, mit Kerntemperaturmessung mit Bluetooth-Verbindung – da schickt das Fleisch eine Nachricht ans Handy, ob es fertig ist. Das ist aber selten so richtig gut gegangen, deshalb sind wir zum Raclette zurückgekehrt, da muss man nur Packungen aufmachen, schön anrichten, und jeder macht sich sein Essen selbst.
Welches ist Ihr Lieblingsfilm zu Weihnachten?
„Feivel, der Mauswanderer“. Mein Bruder und ich haben diesen Film so geliebt – die Videokassette ist total ausgeleiert, immer morgens an Weihnachten haben wir uns den reingezogen. Früher habe ich auch immer „Sissi“geschaut und zusammen mit Freunden Sissi-Saufen gemacht – immer wenn im Film jemand „Sissi“sagt, musste man einen Kurzen trinken, das war teilweise heftig.
Wie stehen Sie zum Klassiker „Drei Nüsse für Aschenbrödel“?
Den kann ich leider nicht mehr gucken, weil ich irgendwann eine Nummer gemacht habe, wie schrecklich dumm Prinzessinnen sind, weil die aus ihrer Lethargie nicht rauskommen. Jede Prinzessin in Grimms Märchen ist in einer Misere, nicht selten ist ihr Leben bedroht, die machen aber eigentlich nichts anderes als zu warten, dass der Prinz die Sachen für sie regelt. Bei Schneewittchen ist es ja besonders schlimm. Sie ist so dämlich, dass sie dreimal hintereinander der Hexe die Tür öffnet, weil sie denkt, sie macht ein Schnäppchen, wenn sie einen verzauberten Gürtel kauft, und jedes Mal geht sie fast drauf. Deshalb kann ich das alles nicht mehr gucken.
In Ihrem Netflix-Special gehen Sie natürlich auch auf die Rolle der Frau zu Weihnachten ein, unter anderem beklagen Sie das, was Sie den Gender-Geschenkegap nennen …
Ja, Frauen kriegen einfach immer die kleineren Geschenke als Kinder und Männer. Die Mama macht sich eben um alle anderen Gedanken, aber niemand macht sich um sie Gedanken. Ein häufiger Fehler von Frauen: Sie verabreden mit ihrem Partner, dass man sich nichts schenkt, bereiten aber heimlich doch was vor und hoffen natürlich, dass sie mit was Tollem überrascht werden. Am
Ende kriegen sie einen vom Kind bemalten Bierdeckel, noch einen Glückwunsch von der Sparkasse und das war’s.
Sind Sie eine gute Schenkerin?
Ich habe auf jeden Fall immer Geschenke für alle – und manchmal auch ein bisschen zu viel. Gerade bei Kindern kann ich mich nicht entscheiden und bin immer die Tante, die viel zu viel schenkt.
2021 war ein erfolgreiches Jahr für Sie. Sie haben mehrere wichtige Preise bekommen und Ihr Buch „Es kann nur eine geben“veröffentlicht. Ist Weihnachten für Sie eine willkommene Auszeit vom Job?
Ja, total. Wenn an Weihnachten und Silvester alles zur Ruhe kommt, vielleicht noch Schnee liegt, wenn die Zeit ein bisschen still steht, das finde ich immer schön. Für mich ist es Luxus, mich mit Familie und Freunden zurückzuziehen.
Wenn ich viel Zeit habe, kann ich mich in den Vorbereitungen total verlieren.
Die Mama macht sich eben um alle anderen Gedanken, aber niemand macht sich um sie Gedanken.
Ich wünsche mir auch jedes Jahr aufs Neue, mehr Zeit für alle zu haben – und trotzdem mache ich dann wieder sämtliche Projekte und jammere über zu wenig Zeit.
Kommendes Jahr wird es sogar doppelt so viele Ausgaben Ihrer ARD-Sendung „Die Carolin Kebekus Show“geben …
Ja, es wird anstatt der bisherigen acht nun 16 Folgen geben, wir werden dafür wohl auch das Studio etwas ändern, außerdem muss ich einige Live-Shows nachholen, und für 2022 habe ich das „DCKS“-Festival angestoßen, ein Musikfestival nur mit weiblichen Acts – zu dem aber natürlich auch männliche Zuschauer eingeladen sind. Damit ist mein Jahr schon wieder ziemlich voll.