Fluch und Segen gleichermaßen
Der neue Roman von Mohlin&Nyström greift zu kurz
„John drehte langsam den Kopf nach rechts und entdeckte ein zweites Bett. Offenbar war er nicht der einzige Patient im Raum. Als er das Gesicht des Mannes sah, explodierte der Schmerz in seinem Hinterkopf erneut. Dort, nur wenige Meter von ihm entfernt, lag der Mann, der ihm vierundzwanzig Stunden zuvor eine Pistole an den Hinterkopf gedrückt hatte.“
Mit diesem spannenden Einstieg beginnt der Kriminalroman von Peter Mohlin und Peter Nyström, deren tiefe Freundschaft auf die Kindheit zurückgeht. Beide sind fasziniert von Kriminalgeschichten, was sie auch dazu bewogen hat ihr erstes gemeinsames Buch zu veröffentlichen und ihr Können als Journalist respektive Drehbuchautor mit ins Schreiben einfließen zu lassen.
Die Geschichte handelt über das Verschwinden eines jungen Mädchens in Schweden. Der Fall der
Peter Mohlin und Peter Nyström: „Der andere Sohn“, HarperCollins, 528 Seiten, 22 Euro. als Cold Case nach zehn Jahren wiederaufgenommen wird, weckt die Aufmerksamkeit eines jungen amerikanischen FBI Agenten, dessen Stiefbruder als Täter seinerzeit wie auch jetzt im Fokus der Ermittlungen steht.
Nach einem fulminanten Auftakt fehlt es dem Thriller zwischendurch an Spannung und Tiefe, auch tritt eine gewisse Vorhersehbarkeit ein. Der dauernde Wechsel, von Kapitel zu Kapitel, zwischen Vergangenheit und Gegenwart erschwert den so wichtigen Einstieg in diese komplexe Handlung. Manche Szenen sind zu klischeehaft, die Dialoge zu sehr aufs Filmische ausgelegt.
Das Konstrukt der Geschichte ist sehr aufwendig und langatmig gestaltet, dies auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Protagonisten. Diese sind gut gewählt, aber auch hier fehlt es stellenweise an Charaktertiefe, an Ecken und Kanten, die der Geschichte eine andere Dynamik geben würden.
Die Zusammenarbeit beider Autoren ist Fluch und Segen gleichermaßen: Die Geschichte an sich ist spannungsvoll, manche Protagonisten gut herausgearbeitet, der Schreibstil ist lebendig und fließend. Jedoch ist die Kernkompetenz von Peter Nyström an manchen Stellen zu prägnant, sodass das Buch sehr in die Dramaturgie eines Drehbuches fließt.