Die bargeldlose Zukunft
Eine Umfrage zeigt, wie sich das Zahlungsverhalten der Luxemburger ändert
Nur Bares ist Wahres, lautet ein abgegriffener Spruch aus Omas Zeiten. Doch in Luxemburg wird diese Maxime auch im 21. Jahrhundert überwiegend noch gelebt. In Zeiten von PayPal, ApplePay und anderen mobilen Bezahlverfahren zahlen viele Luxemburger am liebsten noch immer mit Münzen und Scheinen.
Dennoch hat die Corona-Krise auch hierzulande einige zum Nachund Umdenken bewegt. Denn: Die Hälfte der Befragten wären mit einem Leben in einer komplett bargeldlosen Gesellschaft zufrieden. Das geht aus einer Umfrage der LHoFT Foundation und Payments Association EU unter 1 192 Befragten hervor. Die Studie, die mit Unterstützung von TNS Ilres vom 28. September bis zum 13. Oktober durchgeführt wurde, richtete sich an Luxemburger Bürger ab 18 Jahren. Die Ergebnisse wurden in einem Bericht mit dem Titel „Payments in Luxembourg: A Glance into the future“zusammengefasst. „Ziel war es, ein tieferes Verständnis des Kundenverhaltens, der Präferenzen und des erwarteten zukünftigen Verhaltens zu erlangen“, sagt Jérôme Verony, Research and Strategy Associate bei The Lhoft Foundation.
Die Umfrage zeigt, dass 61 Prozent der Befragten mindestens fünf verschiedene Zahlungsarten nutzen. Kreditkarten (82 Prozent), Überweisungen (77 Prozent) und Bargeld (76 Prozent) sind heutzutage die drei beliebtesten Zahlungsmittel. Die Sicherheit spielt dabei eine große Rolle. „Sie ist bei weitem das gefragteste Attribut, gefolgt von Privatsphäre und Schutz persönlicher Daten“, sagt Jérôme Verony. Die Sicherheitsmechanismen für Online-Zahlungen werden weitgehend als benutzerfreundlich angesehen. Und: „Die Nutzer scheinen sich weitgehend an die Sicherheitsmechanismen
für Online-Zahlungen gewöhnt zu haben.“
In Zukunft dürften Geldbörsen und mobile Zahlungslösungen laut Umfrage weiter Marktanteile gewinnen. „Von den wichtigsten Zahlungsmitteln wird Bargeld am meisten verlieren“, sagt Thibault de Barsy, Vice-Chairman und General Manager von Payments Association EU. Der Anteil von Barzahlungen in Luxemburg ist im Zeitraum 2017-2019 von 39 Prozent auf 30 Prozent gesunken, während E-Geld-Transaktionen in den letzten sieben Jahren um mehr als das Dreifache gestiegen sind.
Offen für Innovationen
Das Interesse an fortschrittlichen Konzepten wie eingebetteten und reibungslosen Zahlungen wird vor allem von denjenigen geweckt, die bereits mit Neobanken oder kontaktlosen Zahlungen vertraut sind, erklärt Jérôme Verony. Vor allem die Befragten im Alter von 25 bis 34 Jahren gehen davon aus, dass sie ihre Nutzung von Kreditkarten und Überweisungen künftig reduzieren werden. Ist Luxemburg also auf dem Weg zur bargeldlosen
Gesellschaft? „Frühere Umfragen haben gezeigt, dass die Abneigung gegen die bargeldlose Gesellschaft viel größer war“, gibt Thibault de Barsy zu bedenken. Aus einer INGUmfrage aus dem Jahr 2017 etwa ging hervor: Nur 28 Prozent der Befragten würden gerne bargeldlos bezahlen. In einer Umfrage der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 sprachen sich 95 Prozent der Befragten in der EU gegen Einschränkungen bei Bargeldzahlungen aus.
Die Umfrage, die gestern vorgestellt wurde, zeigt, dass die Abneigung nun nicht mehr so stark ist. Personen mit einem MasterAbschluss oder einem gleichwertigen Abschluss (38 Prozent), Neobank-Kunden (37 Prozent), Personen im Alter von 25 bis 34 Jahren (29 Prozent) und Bewohner der Hauptstadt (29 Prozent) könnten sich mit dem Gedanken einer bargeldlosen Gesellschaft anfreunden.
Aus der Umfrage geht ebenfalls hervor, dass eine „leichte Mehrheit“der Befragten an sogenannten eingebetteten und friktionslosen Zahlungen interessiert ist. Jérôme Verony führt das Einkaufen in einem Geschäft als Beispiel an: „Sie betreten ein Geschäft, scannen einen QR-Code mit dem Telefon, füllen den Einkaufskorb und verlassen das Geschäft, ohne eine Kasse zu passieren. Der Betrag, der den Einkäufen entspricht, wird automatisch abgebucht. Die Umfrage zeigt, dass 53 Prozent der Befragten an einer solchen Lösung interessiert sind, 44 Prozent sind es nicht.“
Luxemburger schätzen Flexibilität
Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Sieben Prozent der Befragten geben die Privatsphäre und den Schutz der persönlichen Freiheiten als Grund für eine Ablehnung an. 15 Prozent schätzen, dass die physische Charakteristik des Bargelds einen besseren Überblick über die eigenen Ausgaben ermöglicht. Und elf Prozent befürchten, dass sie im Falle eines Systemausfalls im digitalen Zahlungsverkehr nicht mehr bezahlen könnten.
Wenn es also Fortschritte in Richtung bargeldlose Gesellschaft gibt, so ist aber Luxemburg noch ein Stück davon entfernt. „Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass die Verbraucher weiterhin Flexibilität schätzen werden. Sie werden wahrscheinlich das richtige Zahlungsmittel für die richtige Aufgabe suchen“, meint Jérôme Verony. Während der mobile Zahlungsverkehr eindeutig auf dem Vormarsch ist und eine große Offenheit gegenüber Innovationen besteht, legen die Verbraucher in Luxemburg weiterhin sehr viel Wert auf Sicherheit. „Dabei sind auch die luxemburgischen Banken als zentrales Element des Zahlungspuzzles fest verankert“, stellt Jérôme Verony fest. Durch die Zusammenarbeit von etablierten Instituten und innovativen Start-ups könnte im Zahlungsbereich „das Beste aus beiden Welten kombiniert werden“.