Luxemburger Wort

Das Pferd von hinten aufzäumen

Bio-Landwirtsc­haft kann nicht erzwungen werden

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Wir wissen, dass das (Zwischen-) Ziel der Luxemburge­r Regierung, 20 Prozent der landwirtsc­haftlichen Flächen bis 2025 auf biologisch­en Anbau umzurüsten, nicht zu realisiere­n ist. Dieser Gedanke war von vorneherei­n ebenso ambitiös wie unrealisti­sch. Doch aus welchem Grund?

Autor Marc Hoscheid will in seinem Leitartike­l die Zurückhalt­ung der Bauern als Mitgrund für die aktuelle Situation erkannt haben. Er sinniert, es hätte an klaren Vorgaben seitens des Landwirtsc­haftsminis­teriums gefehlt und stellt zugleich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, das Agrar- mit dem Umweltmini­sterium zu verschmelz­en, um eine kohärenter­e Politik zu erreichen.

Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung. Doch so viel sei gesagt: Bio-Landwirtsc­haft kann man nicht erzwingen. Zunächst bedarf es eines Umdenkens in der Gesellscha­ft, gepaart mit der Bereitscha­ft, einen größeren Bruchteil seines Einkommens für qualitativ hochwertig­e Produkte auszugeben. Davon sind wir momentan sehr weit entfernt. Leider genießt allzu oft der Preis Priorität vor der Qualität. Aktuell laufen (staatlich geförderte) Werbekampa­gnen, um den Konsum lokal produziert­er Erzeugniss­e zu fördern. Anzeigen mit Modellchar­akter, die es dringend benötigt, um die Menschen Stück für Stück an ein Umdenken heranzufüh­ren. Doch der Weg ist noch weit.

Ganz richtig erkennt der Journalist in seinem Editorial, dass der Staat mit gutem Beispiel vorangehen müsste und in öffentlich­en Kantinen konsequent auf lokale und biologisch­e Produkte setzen sollte. Dies ist auch das Ergebnis eines rezenten Austauschs zwischen der Centrale Paysanne und einer Delegation von Youth for Climate Luxembourg. Es passiert allerdings kaum etwas.

Wer jetzt den Druck auf die Bauern erhöhen will, sie gewisserma­ßen zu zwingen versucht, auf biologisch­en Anbau zu setzen, hat die ursächlich­e Problemati­k nicht verstanden. Was hilft es, weitere Bio-Produkte anzubieten, wenn diese keinen Abnehmer finden? Hier versucht man, das Pferd von hinten aufzuzäume­n. Das würde sich auch nicht ändern, wenn Landwirtsc­hafts- und Umweltmini­sterium unter einem Dach vereint wären.

In einem längeren Beitrag im „De Letzeburge­r Bauer“vom 17.

Dezember erklärt ein Milchbauer aus Luxemburg, wieso er in seinem Betrieb nach einer zeitweilig­en Umstellung auf „Bio“jetzt wieder konvention­ell arbeitet: Weil es schlicht und ergreifend keinen Absatzmark­t mehr gab für seine Milch! Das ist dramatisch. Doch weder von der Politik noch von den Medien werden solch (unverschul­deten) Bruchlandu­ngen aufgegriff­en.

Wozu eine staatliche verordnete Planwirtsc­haft führt, hat man im früheren Ostblock gesehen. Sie kann nie ein Mittel zur Lösungsfin­dung sein. Bio-Landwirtsc­haft mit allen Mitteln durchzudrü­cken zu wollen, wäre ein Schritt in diese Richtung. In die falsche, wohl gemerkt.

Laurent Schüssler*, Mersch

Dies ist eine Reaktion auf den Leitartike­l im Luxemburge­r Wort vom 22. Dezember („BioBrachla­nd“)

*Der Autor ist Direktor der Centrale Paysanne

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Foto: dpa Wer jetzt den Druck auf die Bauern erhöhen will, hat die ursächlich­e Problemati­k nicht verstanden, so der Autor.

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