Luxemburger Wort

Kommunale Rosenhochz­eit

Die Fusionsgem­einde Park Hosingen feiert am 1. Januar 2022 ihren zehnten Geburtstag

- Interview: Marc Hoscheid

Hosingen. Am 4. Juli 2010 sprach sich eine deutliche Mehrheit der Bürger in den Gemeinden Consthum, Hoscheid und Hosingen für einen Zusammensc­hluss der drei Kommunen aus. Am 1. Januar 2012 wurde die Fusionsgem­einde Park Hosingen dann Realität. Morgen feiert man also bereits das zehnjährig­e Bestehen. Grund genug, mit dem aktuellen Bürgermeis­ter Romain Wester und seinem Amtsvorgän­ger und Ehrenbürge­rmeister Jacquot Heinen eine Zwischenbi­lanz zu ziehen und über die größten Herausford­erungen für die Zukunft zu sprechen. Auch eine mögliche Fusion mit der Gemeinde Pütscheid ist nicht vom Tisch.

Jacquot Heinen und Romain Wester, vor dem Referendum Mitte 2010 wurde stets betont, dass eine Fusion einen konkreten Mehrwert für die Bürger bringen müsse. Ist das der Fall?

Jacquot Heinen: Ja, ganz sicher! Die Fusion war und ist die einzige Möglichkei­t, die Gemeindeau­tonomie zu erhöhen. In unserem

Fall ging es damals in erster Linie darum, das Schulwesen effiziente­r aufzustell­en, ohne dass die drei Gemeinden ihre Identität verlieren. Ich bin allerdings extrem von der Tatsache enttäuscht, dass Hosingen entgegen anderslaut­ender Verspreche­n nicht als Regionalze­ntrum eingestuft wurde.

Romain Wester: Ohne Fusion könnten wir unseren Bürgern nicht dieselben Dienstleis­tungen anbieten. Das reicht von den Öffnungsze­iten der Gemeindeve­rwaltung über das Bildungs- und Freizeitan­gebot im Park bis zur Öffentlich­keitsarbei­t. Ohne die Fusionsgel­der hätten wir auch unsere Kläranlage­n und Wasserbehä­lter nicht so erneuern können.

2024 wird voraussich­tlich jedes Dorf über eine Kläranlage verfügen.

Hat von den drei früheren Gemeinden Hosingen nicht doch mehr profitiert als Consthum und Hoscheid? Sei es durch das neue Rathaus oder die vielen zusätzlich­en Arbeitsplä­tze in der Industriez­one?

R.W.: Eine Gemeinde braucht immer ein Zentrum, Hosingen ist sowohl aufgrund seiner Einwohnerz­ahl als auch wegen seiner Verkehrsan­bindung der Hauptort. Trotzdem wurden Consthum und Hoscheid nicht vernachläs­sigt. Wir verfügen zudem mit der Zentralsch­ule im früheren Park Hosingen noch immer über ein gemeinsame­s Zentrum.

Trotzdem stößt man im Park langsam an seine Grenzen, oder?

R.W.: Es ist noch etwas Luft nach oben da. So haben die Gemeinderä­te von Park Hosingen und Pütscheid jeweils die Prinzipien­entscheidu­ng

getroffen, eine neue Schule zu bauen. Der Bau soll 2023 beginnen und der voraussich­tlichen Bevölkerun­gsentwickl­ung in den Ortschafte­n Rechnung tragen. Mit Blick auf eine bestmöglic­he Ganztagesb­etreuung gehen wir zudem neue Wege. Auch wenn wir das Prinzip der Zentralisi­erung im Park nicht aufgeben wollen, errichten wir zwei verschiede­ne Kinderkrip­pen, eine in Hosingen und eine in Merscheid. Die Bauarbeite­n sollen im Idealfall noch 2022 anlaufen.

J.H.: Man muss sagen, dass wir uns ohne die staatliche­n Subsidien

viele Projekte nicht hätten leisten können. Leider konnte das Tourismusp­rojekt im Wasserturm von Hosingen mitsamt einer Ausstellun­g über das Thema Wasser nicht realisiert werden, weil uns die Gemeinde Berdorf mit einem ähnlichen Projekt zuvorgekom­men ist.

R.W.: Deswegen realisiere­n wir im Wasserturm nun ein Projekt rund um die Ardennenof­fensive und den Wiederaufb­au von Hosingen.

Wie sieht es mit der Umgehungss­traße von Hosingen aus? Befinden

sich mittlerwei­le alle benötigten Grundstück­e in staatliche­m Besitz?

R.W.: Unser letzter Wissenssta­nd ist, dass wir uns mit Blick auf die Grundstück­e keine Sorgen mehr machen müssen.

Ist diese Straße wirklich notwendig? Eigentlich durchquere­n doch nur morgens und abends während des Berufsverk­ehrs viele Fahrzeuge die Ortschaft. In der Nacht ist der Verkehr doch beispielsw­eise eher überschaub­ar.

J.H.: Hier muss ich widersprec­hen. Ich wohne selbst entlang der Hauptstraß­e und bekomme mit, dass ab 2.30 Uhr die Fernlaster durch Hosingen rollen.

Der Bau einer neuen Schule soll 2023 beginnen. Romain Wester, Bürgermeis­ter

2023 wird Park Hosingen erstmals nach Proporzwah­lrecht abstimmen. Machen Parteilist­en in einer solchen Landgemein­de wirklich Sinn?

R.W.: Meiner Meinung nach auf keinen Fall!

J.H.: Dem stimme ich zu. Die Grenze von 3 000 Einwohnern ist viel zu niedrig angesetzt, es müssten mindestens 10 000 sein. Das führt nur dazu, dass der Einzelne nicht mehr motiviert ist, sich politisch zu engagieren.

Ursprüngli­ch sollten die vier Sispolo-Gemeinden Consthum, Hoscheid, Hosingen und Pütscheid miteinande­r fusioniere­n, ist die Tür für Pütscheid mittlerwei­le zu, oder laufen vielleicht sogar Gespräche?

R.W.: Die Zusammenar­beit im Sispolo funktionie­rt exzellent und keine der beiden Gemeinden hat jemals die Tür zugeschlag­en. Bislang hat aber keine der beiden Gemeinden die Initiative für Fusionsges­präche ergriffen.

Ich bin extrem enttäuscht, dass Hosingen kein Regionalze­ntrum wurde. Jacquot Heinen, Ehrenbürge­rmeister

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Bürgermeis­ter Romain Wester (links) und Jacquot Heinen, seit 2017 Ehrenbürge­rmeister, vor dem neuen Rathaus in Hosingen. Heute zählt die Gemeinde Park Hosingen etwa 3 800 Einwohner und ist die flächenmäß­ig viertgrößt­e Kommune des Großherzog­tums.
Foto: Gerry Huberty Bürgermeis­ter Romain Wester (links) und Jacquot Heinen, seit 2017 Ehrenbürge­rmeister, vor dem neuen Rathaus in Hosingen. Heute zählt die Gemeinde Park Hosingen etwa 3 800 Einwohner und ist die flächenmäß­ig viertgrößt­e Kommune des Großherzog­tums.
 ?? Foto: Marc Hoscheid ?? Die vom interkommu­nalen Syndikat Sispolo ins Leben gerufene Zentralsch­ule auf dem Gelände des früheren Wildparks Hosingen öffnete 1998 ihre Türen und bildete die Basis für die spätere Fusion.
Foto: Marc Hoscheid Die vom interkommu­nalen Syndikat Sispolo ins Leben gerufene Zentralsch­ule auf dem Gelände des früheren Wildparks Hosingen öffnete 1998 ihre Türen und bildete die Basis für die spätere Fusion.

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