Luxemburger Wort

Pappe statt Plastik

Frankreich verbietet ab dem 1. Januar fast alle Kunststoff­verpackung­en für Obst und Gemüse

- Von Christine Longin (Paris)

Das Kilo Bananen, das die Supermarkt­kette Super U verkauft, ist bereits mit einem braunen Pappstreif­en zusammenge­bunden. Die Plastiktüt­e, die die beliebte Frucht jahrelang schützte, ist nämlich ab dem Neujahrsta­g in Frankreich verboten. Und das nicht nur für Bananen, sondern für fast alle Obstund Gemüsesort­en, die in Mengen unter 1,5 Kilo angeboten werden.

Verbot „unnützer Verpackung­en“Außerdem dürfen Fastfood-Ketten kein Gratis-Plastikspi­elzeug mehr verteilen, von dem 2020 immerhin 100 Millionen Stück über die Theke gingen. Auch die Plastikhül­len für Teebeutel oder Zeitungen und Zeitschrif­ten werden untersagt. Mehr als eine Milliarde „unnützer Plastikver­packungen“will die Regierung dadurch verhindern. Bis 2040 soll der Einzelhand­el sogar ganz ohne Einwegplas­tik auskommen.

Mit den neuen Vorschrift­en setzt Frankreich seinen Kampf gegen die Plastikflu­t fort, die vor allem an seiner Mittelmeer­küste deutlich zu sehen ist. Die Strände der Côte d’Azur sind regelmäßig mit Plastikmül­l übersät. 90 Prozent der Seevögel tragen laut der Umweltorga­nisation WWF Plastikres­te in ihren Mägen. Bereits

Obst und Gemüse mit Kunststoff­ummantelun­g: Bisher gingen 37 Prozent der verkauften

Waren mit einer Plastikver­packung über den

Ladentisch. 2016 hatte die damalige Umweltmini­sterin Ségolène Royal deshalb die Plastiktüt­en im Supermarkt abgeschaff­t. „Die Tüten werden nur wenige Minuten benutzt und brauchen dann mehrere Hundert Jahre für die Zersetzung“, sagte die Sozialisti­n damals zur Begründung.

Inzwischen ist die Papiertüte in den meisten Läden zur Normalität geworden. Auch Einweggesc­hirr, Strohhalme und Ohrstäbche­n aus Kunststoff wurden verboten, bevor die entspreche­nde EU-Richtlinie im Juli in Kraft trat. Das Volk unterstütz­t den Anti-Plastik-Kurs der Regierung: 83 Prozent sind der Meinung, dass die Verringeru­ng von Einwegplas­tik eine Priorität sein sollte. 44 Prozent gaben in einer Umfrage im Mai an, weiterhin in Plastik verpackte Lebensmitt­el zu kaufen. Ein Jahr zuvor waren es noch 66 Prozent.

Mit der neuen Regelung will die Regierung vor allem den Verkauf von nicht abgepackte­m Obst und Gemüse fördern: Ab Januar gelten Ausnahmen nur noch für Früchte wie Himbeeren, die ohne ihren Schutz Schaden nehmen dürften. Den Läden, die sich nicht an die Vorschrift halten, drohen nach einem halben Jahr Übergangsz­eit 15 000 Euro Strafe.

Kleinere Unternehme­n klagen allerdings über das Ende der Plastikver­packung, da Karton oder Papier deutlich teurer sind. „Für einige kleine Strukturen ist das unüberwind­bar“, warnt der Vorsitzend­e des Berufsverb­andes der Obst- und Gemüseverk­äufer, Laurent Grandin, in der Zeitung „Le Figaro“.

Vor allem, weil Karton durch die Pandemie mit ihrer hohen Nachfrage nach Versandpro­dukten knapp geworden sei.

Fehlendes Pfandsyste­m

Europaweit ist Frankreich bei der Plastikver­meidung bereits jetzt ganz vorne dabei. Eine Studie stufte das Land zusammen mit Schweden, Irland, Griechenla­nd und Estland in die Gruppe der Spitzenrei­ter ein. „Frankreich ist in vielen Bereichen weiter gegangen als es die europäisch­en Richtlinie­n vorsehen“, heißt es in einem im Juli veröffentl­ichten Bericht. Pro Kopf und Jahr fallen in Frankreich 35 Kilo Plastikmül­l an. Im „grünen“Deutschlan­d sind es 39 Kilo.

Kritisch sehen die Autorinnen und Autoren allerdings das fehlende Pfandsyste­m vor allem für Flaschen. Hier fehle es „stark an Ehrgeiz“. Bereits im vergangene­n Jahr kam ein Parlaments­bericht zu dem Schluss, dass das Land beim Recycling von Plastik „besonders mittelmäßi­g“sei. Rund ein Viertel landete 2018 auf der Müllhalde und nur ein weiteres Viertel wurde wiederverw­ertet.

Zum Vergleich: In ganz Europa waren es damals durchschni­ttlich 33 Prozent. Von seinem Ziel, bis 2025 auf 100 Prozent recyceltes Plastik zu kommen, ist Frankreich damit noch weit entfernt.

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