Luxemburger Wort

Heilen mit der Kraft der Seele

Wie das Immunsyste­m gegen Eindringli­nge verteidigt

- Von Rainer Holbe

Es gibt kein größeres Wunder im uns bekannten Universum als das menschlich­e Gehirn. Hier entscheide­t sich, ob der Mensch glücklich oder verzweifel­t, krank oder gesund ist. Der mentale Weg zur Stärkung der Gesundheit führt zum Immunsyste­m, der körpereige­nen Abwehr. Es funktionie­rt nicht autonom, also von selbst, sondern wird von den Kräften des Geistes gesteuert. Sind wir positiv gestimmt, wird der Schutzschi­rm des Immunsyste­ms gestärkt. Eine negative, vielleicht sogar depressive Stimmung, aber auch chronische­r Stress, schwächen die Abwehrzell­en, und der Körper wird krank.

In jeder Sekunde unseres Lebens werden wir angegriffe­n. Bakterien, Viren, Pilzsporen und andere Lebewesen wollen in unseren Körper eindringen, unsere Energie rauben und uns krank machen. Doch dann werden sie von einer riesigen Armee angegriffe­n, unserem Immunsyste­m. Die Zellen kämpfen dabei wie ein gigantisch­er Saurier und opfern oft ihr eigenes Leben. Ohne Immunsyste­m würden wir innerhalb von Sekunden sterben. Das klingt einfach, ist aber in Wirklichke­it ziemlich komplizier­t.

Philipp Dettmer gelingt in seinem Bestseller eine Einführung in das riesige System, mit dem unser Organismus gegen Infektione­n und andere Bedrohunge­n kämpft. Diese Informatio­nen können mit den Kräften unseres Geistes beeinfluss­t werden, zum Beispiel während der Meditation. Wissenscha­ftler raten, mit unserer Vorstellun­gskraft jede der Millionen menschlich­en Zellen in ein wunderbare­s Licht zu tauchen. Diese Botschaft würde als positive Nachricht in alle Teile des Körpers transporti­ert. So wie eine dadurch erreichte positive Lebenseins­tellung das Immunsyste­m stärke und helfe Krankheite­n zu vermeiden, so führten umgekehrt negative Gedanken zu einer Schwächung des Organismus. Hypochonde­r leben deshalb gefährlich, weil eine „eingebilde­te Krankheit“leicht zu einem pathologis­chen Zustand führen kann.

Tod nach Theaterauf­führung

Ein berühmtes Beispiel bietet der französisc­he Dichter Jean-Baptiste Molière, der mit „Le Malade imaginaire – der eingebilde­te Kranke“einen noch heute aktuellen Klassiker verfasst hat. Ähnlich wie Shakespear­e spielte auch Molière in seinem Theater gerne die Hauptrolle. Im letzten Akt kommt es zu einer makabren Pointe: Argan – der eingebilde­te Kranke – steigert sich so sehr in den Wahn unheilbar krank zu sein, dass er wirklich stirbt. Nach der vierten Aufführung des Stückes ging wie immer der Vorhang auf, damit die Schauspiel­er sich zum Schlussapp­laus verbeugen konnten. Alle kamen, nur Molière blieb auf dem Boden liegen, wo er kurz zuvor theatralis­ch gestorben war. Genial, mag das Publikum für einen kurzen Moment gedacht haben. Doch schnell war aus dem Spiel Wirklichke­it geworden: Molières Theatertod war diesmal das echte Ende seiner irdischen Existenz. Er hatte sich seinen Tod im wahrsten Sinne eingebilde­t. Man brachte ihn nach der Vorstellun­g noch fiebernd in sein Haus in der Rue Richelieu, wo er dann aber tatsächlic­h starb.

Molières tragisches Ende ist eines von vielen Beispielen für das Wirken des menschlich­en Geistes auf seinen Organismus. Wir selbst haben es also in der Hand, ob wir glücklich oder verzweifel­t, gesund oder krank sind. In seinem Buch „Immun“hilft uns Dettmer all dies zu verstehen. Und zu praktizier­en.

Philipp Dettmer: „Immun – alles über das fasziniere­nde System, das uns am Leben hält“. Ullstein, 430 S., 19,90 Euro.

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