Inakzeptable Zustände
Wer sich die Mühe gemacht hat, die Etappen der „SuperDrecksKëscht“-Affäre zu verfolgen, reibt sich angesichts der rezenten Entwicklungen die Augen und fragt sich, ob das alles wahr ist, was gerade passiert. Erst lässt Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) durch ihre juristische Abteilung ein wertloses Gutachten erstellen, das festhält, mit dem Gesetz von 2005 und dem Vertrag zwischen dem Staat und der SDK-Betreiberfirma „Oeko Service Luxembourg“(OSL) sei alles in bester Ordnung. Da aber zwei Gutachten zum gegenteiligen Schluss kommen, versucht sie erst gar nicht, die Sicht ihrer Juristen durchzusetzen, sondern legt dem Kabinett noch in derselben Woche den Entwurf eines Finanzierungsgesetzes vor, um einem „problematischen Vertrag“(Déi Lénk) nachträglich und bis zum Ende seiner Laufzeit eine legale Basis zu verschaffen – nach dem Motto: Wir machen das jetzt und gut ist. Der Clou: Der Firma OSL werden im Zuge der gesetzlichen Nachbesserung mehr Mittel zugesichert als vertraglich vereinbart, und zwar 112 statt 97 Millionen Euro, dies vor dem Hintergrund des demografischen und wirtschaftlichen Wachstums. Eine Neuverhandlung des umstrittenen Vertrags für die verbleibende Laufzeit lehnt Dieschbourg ab.
Damit klar ist, wovon wir hier reden. Es geht um eine private Firma, die einen Millionenauftrag vom Staat bekommen hat. Deren Miteigentümer Hans-Peter Walter verbindet eine enge Freundschaft mit dem Chef der Umweltverwaltung, Robert Schmit – dem Mann also, der in dieser Angelegenheit umfassende Überwachungs- und Kontrollfunktionen ausübte, von der Ausschreibung der Aktion SDK über die Auftragsvergabe und die Kontrolle der Rechnungen bis hin zur Kontrolle aller im Abfallsektor tätigen Unternehmen. Ein Audit hat Missstände bei der Auftragsvergabe und bei der Rechnungsführung der Firma OSL festgestellt. Doch die wesentlichen Fragen zur Finanzführung, also zum korrekten Umgang mit den Steuergeldern, zum Firmengeflecht von Hans-Peter Walter, zur engen privaten Verbindung zwischen Schmit und Walter sowie der Verdacht der Wettbewerbsverzerrung wurden bei der Prüfung nicht oder nur am Rande beleuchtet. Zur Erinnerung: Schmits Sohn ist Leiter der SDK-Akademie. Des Weiteren tritt die SDK als staatlich subventionierter Berater in Abfallfragen auf und bietet zugleich als Konkurrent auf dem Markt Lösungen an (Beispiel Abfallschleusen). Dass sich bisher weder der Rechnungshof noch der Konkurrenzrat eingeschaltet haben, ist nicht zu begreifen.
Die SDK-Affäre stinkt zum Himmel. Diese und vorige Regierungen haben zugelassen, dass ein Privatunternehmen auf dubiose Art und Weise zu einer unumgänglichen Instanz in der Luxemburger Abfallwirtschaft werden konnte. Statt die Chance zu nutzen und die Dinge neu zu ordnen, statt den Bürgern zu zeigen, dass sie die Vorwürfe ernst nimmt und prüfen lässt, lässt die Umweltministerin die Dinge laufen.
Mit dem Finanzierungsgesetz legitimiert sie für weitere acht Jahre eine private Firma mit einem unprofessionellen Geschäftsgebaren, sie legitimiert das Vorgehen von Direktor Robert Schmit und ignoriert sämtliche noch im Raum stehenden Vorwürfe. Zu erwarten ist, dass die Mehrheitsparteien das Finanzierungsgesetz mittragen. Indem sie das tun, missachten sie ihre Kontrollpflicht und erbringen den Beweis, dass sie aus machtpolitischem Antrieb Zustände tolerieren, die in einem demokratischen Rechtsstaat nicht tolerierbar sind.
Die SDK-Affäre stinkt zum Himmel.
Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu