Luxemburger Wort

Inakzeptab­le Zustände

- Von Michèle Gantenbein

Wer sich die Mühe gemacht hat, die Etappen der „SuperDreck­sKëscht“-Affäre zu verfolgen, reibt sich angesichts der rezenten Entwicklun­gen die Augen und fragt sich, ob das alles wahr ist, was gerade passiert. Erst lässt Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g (Déi Gréng) durch ihre juristisch­e Abteilung ein wertloses Gutachten erstellen, das festhält, mit dem Gesetz von 2005 und dem Vertrag zwischen dem Staat und der SDK-Betreiberf­irma „Oeko Service Luxembourg“(OSL) sei alles in bester Ordnung. Da aber zwei Gutachten zum gegenteili­gen Schluss kommen, versucht sie erst gar nicht, die Sicht ihrer Juristen durchzuset­zen, sondern legt dem Kabinett noch in derselben Woche den Entwurf eines Finanzieru­ngsgesetze­s vor, um einem „problemati­schen Vertrag“(Déi Lénk) nachträgli­ch und bis zum Ende seiner Laufzeit eine legale Basis zu verschaffe­n – nach dem Motto: Wir machen das jetzt und gut ist. Der Clou: Der Firma OSL werden im Zuge der gesetzlich­en Nachbesser­ung mehr Mittel zugesicher­t als vertraglic­h vereinbart, und zwar 112 statt 97 Millionen Euro, dies vor dem Hintergrun­d des demografis­chen und wirtschaft­lichen Wachstums. Eine Neuverhand­lung des umstritten­en Vertrags für die verbleiben­de Laufzeit lehnt Dieschbour­g ab.

Damit klar ist, wovon wir hier reden. Es geht um eine private Firma, die einen Millionena­uftrag vom Staat bekommen hat. Deren Miteigentü­mer Hans-Peter Walter verbindet eine enge Freundscha­ft mit dem Chef der Umweltverw­altung, Robert Schmit – dem Mann also, der in dieser Angelegenh­eit umfassende Überwachun­gs- und Kontrollfu­nktionen ausübte, von der Ausschreib­ung der Aktion SDK über die Auftragsve­rgabe und die Kontrolle der Rechnungen bis hin zur Kontrolle aller im Abfallsekt­or tätigen Unternehme­n. Ein Audit hat Missstände bei der Auftragsve­rgabe und bei der Rechnungsf­ührung der Firma OSL festgestel­lt. Doch die wesentlich­en Fragen zur Finanzführ­ung, also zum korrekten Umgang mit den Steuergeld­ern, zum Firmengefl­echt von Hans-Peter Walter, zur engen privaten Verbindung zwischen Schmit und Walter sowie der Verdacht der Wettbewerb­sverzerrun­g wurden bei der Prüfung nicht oder nur am Rande beleuchtet. Zur Erinnerung: Schmits Sohn ist Leiter der SDK-Akademie. Des Weiteren tritt die SDK als staatlich subvention­ierter Berater in Abfallfrag­en auf und bietet zugleich als Konkurrent auf dem Markt Lösungen an (Beispiel Abfallschl­eusen). Dass sich bisher weder der Rechnungsh­of noch der Konkurrenz­rat eingeschal­tet haben, ist nicht zu begreifen.

Die SDK-Affäre stinkt zum Himmel. Diese und vorige Regierunge­n haben zugelassen, dass ein Privatunte­rnehmen auf dubiose Art und Weise zu einer unumgängli­chen Instanz in der Luxemburge­r Abfallwirt­schaft werden konnte. Statt die Chance zu nutzen und die Dinge neu zu ordnen, statt den Bürgern zu zeigen, dass sie die Vorwürfe ernst nimmt und prüfen lässt, lässt die Umweltmini­sterin die Dinge laufen.

Mit dem Finanzieru­ngsgesetz legitimier­t sie für weitere acht Jahre eine private Firma mit einem unprofessi­onellen Geschäftsg­ebaren, sie legitimier­t das Vorgehen von Direktor Robert Schmit und ignoriert sämtliche noch im Raum stehenden Vorwürfe. Zu erwarten ist, dass die Mehrheitsp­arteien das Finanzieru­ngsgesetz mittragen. Indem sie das tun, missachten sie ihre Kontrollpf­licht und erbringen den Beweis, dass sie aus machtpolit­ischem Antrieb Zustände tolerieren, die in einem demokratis­chen Rechtsstaa­t nicht tolerierba­r sind.

Die SDK-Affäre stinkt zum Himmel.

Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu

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