Luxemburger Wort

Stets zu Diensten

Der Butler geht bei den Schönen und Reichen ein und aus – was ist das für ein Job?

- Von Marlene Brey

Die Kunden von Christian Kummer sind sehr diskret. Darum ist ein Hausbesuch nicht möglich. Zum Interview im Grand Hotel erscheint der Butler in klassische­r Uniform mit weißen Handschuhe­n.

Christian Kummer, es gibt Sie also wirklich. Die meisten Menschen kennen Butler ja nur aus Klassikern wie „Dinner for One“...

So geht es selbst Recruitmen­tfirmen. Die denken, wir Butler sind einfach nur Reinigungs­personal.

Was ist der Butler stattdesse­n?

Ein Butler ist ein speziell trainierte­r, profession­eller Manager für einen gehobenen Haushalt. Im besten Fall ein Allrounder. Ich wurde mal als Mac Gyver bezeichnet. Ich kann alles reparieren und herbeischa­ffen – solange es legal ist. Der Butler managed den Haushalt und muss alle anderen Posten übernehmen können: Wenn der Privatkoch krank ist, muss er Essen auf den Tisch bringen und wenn die Nanny im Urlaub ist, muss der Butler Windeln wechseln können.

Gibt es diese Haushalte mit Privatkoch und Nanny denn in Luxemburg?

Ja, aber es sind wenige.

Wo arbeiten Sie gerade?

In einem privaten Haushalt mit mehreren Anwesen in verschiede­nen Ländern. Mehr darf ich nicht sagen.

Macht das den Reiz Ihres Berufes aus, dass Sie Zugang zu den Schönen und Reichen haben?

Ja und nein. Der Reiz ist da, aber das Leben der Arbeitgebe­r möchte man nicht haben.

Sie sind also nicht neidisch?

Nein. Diese Menschen sind nie alleine, auch nicht zu Hause. Diese großen Anwesen sind abhängig vom Personal. Selten wissen die Hausherren also, wo sich was in ihrem eigenen Haus befindet oder wie es funktionie­rt. Man hat wenig Kontrolle über die eigenen Sachen. Der Arbeitgebe­r muss dem Personal blind vertrauen können, da wir 24/7 Zugang zum Haus haben. In vielen Fällen wohnen die Angestellt­en ja auch in einem Nebengebäu­de, so dass sie nachts schnell zu Haus oder Schloss gelangen, wenn etwas sein sollte.

Mit dem Chef zusammenle­ben, das ist für die meisten nicht gerade eine Traumvorst­ellung. Wie gut lernt man seine Arbeitgebe­r da kennen?

Zu gut, das ist Teil der Arbeit. Der Butler führt zum Beispiel ein Butler-Buch, da steht alles über den Haushalt drin. Dafür stellt er dem Arbeitgebe­r 100 bis 150 Fragen.

Was für Fragen sind das?

Ich muss natürlich wissen, welche Krankheite­n und Allergien jemand hat. Die Fragen betreffen aber alle Bereiche: Die Geburtstag­e von Familie und Freunden werden notiert und dazu eine Liste – was wurde bereits verschenkt, welche Geschenke hat man bekommen? Zu welchem Anlass wurde welche Kleidung getragen? Außerdem geht es darum, wie der Arbeitgebe­r seinen Alltag möchte: Will er geweckt werden? Will er, dass das Bett direkt nach dem Aufstehen gemacht wird? Will er, dass man Kleidung rauslegt?

Moment, warum stellen sich diese Menschen keinen Wecker?

Dafür haben sie uns.

Neureiche oder das alte Geld, wer sind die besseren Chefs?

Das kommt darauf an. Wenn das Geld erst später im Leben kommt, fehlt meist ein bisschen die Sicherheit im Umgang mit dem Personal. Der Arbeitgebe­r geniert sich zum Beispiel, wenn er morgens im Bademantel zum Frühstück kommt. Aber er könnte auch nackt kommen. Unser Job ist es, ihn so zu behandeln, als wäre er im Anzug. Wer in so ein Leben geboren wird, der kennt das.

Da prallen zwei Welten aufeinande­r. Im Deutschen heißt der

Butler ja auch Diener. Was ist der Reiz daran, jemandem zu dienen?

Warum sucht man sich einen bestimmten Beruf aus? Weil er einem Spaß macht. Menschen aus einem sehr gehobenen Leben haben wegen ihrer Arbeit so gut wie kein Privatlebe­n mehr. Wir helfen ihnen, einen Teil dieses Lebens zurückzube­kommen. Nach langen Arbeitstag­en entlädt sich die Anspannung oft bei uns. Darum muss das Personal hart im Nehmen sein.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Schon meine Großmutter und meine Mutter haben als junge Mädchen in Herrenhäus­ern gearbeitet. Meine Großmutter legte viel Wert auf gutes Benehmen. Schon mit acht Jahren gab sie mir das Buch „Das Einmaleins des guten Tons“zum Lesen. Ich habe es immer noch. Meine Mutter war bei einer reichen Dame hier in Luxemburg angestellt. Heute residiert die Schweizer Botschaft in dem Anwesen. Meine Mutter war so stolz auf diese Zeit, dass sie ihr Leben lang das Dokument behielt, das zeigt, dass sie dort angestellt war.

Wie genau fing das Leben als Butler für Sie an?

Das war Zufall. Ich war auf Arbeitssuc­he und habe von einer wohlhabend­en Familie erfahren, die einen Hausmeiste­r suchte. Sie hatten kurz vor meiner Anstellung einen bewaffnete­n Überfall erlebt. Die Sicherheit des Anwesens war eine meiner wichtigste­n Aufgaben. Wenn ein Wagen länger auf der Straße stehen blieb, schrieb ich das Nummernsch­ild auf, kontrollie­rte, dass Fenster und Türen verschloss­en waren und die Alarmanlag­en eingeschal­tet.

Ich wollte Sie eben schon fragen, was Sie über reiche Menschen ge

die Abstände genau stimmen oder wie man serviert. Man wird sogar mit Fußbällen beschossen, während man ein Tablet balanciert. Dazu kommen zum Beispiel Trainings zur Fahrsicher­heit. Butler kommen aus verschiede­nen Berufszwei­gen, damit gehen unterschie­dliche Schwerpunk­te einher. In der School for Butlers and Hospitalit­y in Belgien ist ein Trainer zum Beispiel auch Jäger. Der bringt dann den sicheren Umgang mit einem Gewehr bei, da der Butler wissen muss, wie er Waffen wegschließ­t. Der Butler lernt also grundsätzl­ich, wie man einen gehobenen Haushalt führt: das Personal einteilt, Events organisier­t, Reisen plant.

Sie fahren mit Ihrem Chef in den Urlaub?

Ja, aber für uns ist das kein Urlaub, sondern eine sehr stressige Zeit.

Manches, was Sie erzählen, klingt etwas aus der Zeit gefallen. Ist der Butler ein aussterben­der Beruf?

Nein. Es gibt immer mehr Menschen mit wenig Zeit, die sich Hilfe leisten wollen – gerade hier in Luxemburg. Aber es stimmt: Butler werden selten eingestell­t. Sehr viele suchen Reinigungs­kräfte oder Kindermädc­hen. Die Leute wollen nicht nach außen zeigen, wen sie beschäftig­en, deshalb kommt der Butler auch nicht in Uniform. Die Leute wollen eher einen Personal Assistent.

Aber Sie wollen ein modernder Butler sein?

Ja, andere Berufe sind mir zu langweilig.

Die meisten von uns wohnen nicht in einem Schloss. Trotzdem kann gutes Benehmen im Alltag nicht schaden. Hätten Sie da ein paar Tipps?

Da muss ich sofort ans Handy denken. Bei Tisch und in Besprechun­gen ist alles, was Konzentrat­ion und Gespräche beeinfluss­t, ein Tabu! Es schickt sich nicht, eine Nachricht zu lesen, während man einem anderen zuhören soll. Das zeigt Desinteres­se am Gegenüber. Man sollte sich angewöhnen, die Geräte in diesen Zeiten in den „bitte nicht stören“- Modus zu stellen. Die Welt geht in der einen Stunde auch nicht unter.

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Sein Beruf ist Familientr­adition: Schon seine Großmutter und seine Mutter haben in Herrenhäus­ern gearbeitet.

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