Luxemburger Wort

Revolution im Güterverke­hr

Europa ist der letzte Kontinent, auf dem Güterzüge noch per Hand aneinander gekuppelt werden

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Berlin/Luxemburg. Der Demonstrat­orzug zur Auswahl eines einheitlic­hen europäisch­en Kupplungst­yps rollt seit gestern – und soll bald Europas Bahnen ins digitale Zeitalter bringen. Vor allem der Wunsch, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu bekommen, könnte dadurch wahr werden.

„Momentan verliert man sehr viel Zeit, weil noch alles mechanisch gekoppelt ist“, sagte vor einiger Zeit auch Mobilitäts­minister François Bausch (Déi Gréng) im LW-Interview. Solche Programme wie das der Europäisch­en Union, um digitale Kupplungen zu finanziere­n, seien darum wichtig. Ebenso, dass Lastkraftw­agen auf einen Zug fahren und größere Streckenab­schnitte damit zurücklege­n können. „Das brauchen wir quer durch Europa, so dass die Lastwagen selbst nur noch kurze Strecken fahren müssen“, so Bausch.

Erstmals wurden letztes Jahr in Kiel 32 957 Ladungsein­heiten (ein Plus von 38,2 Prozent) auf Waggons verladen. Maßgeblich zu diesem Ergebnis hat die Etablierun­g einer Ganzzugver­bindung von und nach Bettemburg zum Multimodal­bahnhof beigetrage­n, die dreimal wöchentlic­h bedient wird. CFL Multimodal fuhr 2021 auch zwischen Bettemburg/Düdelingen und Antwerpen mit fünf Rundläufen pro Woche und transporti­erte circa 20 000 Intermodal­e Transporte­inheiten (ITE).

Der Wunsch: Mehr Güter von der Straße auf die Schiene

Bei der Digitalisi­erung des Güterverke­hrs kommt Europa jetzt voran. Von Berlin Westhafen aus machte sich gestern ein Test-Güterzug auf den Weg durch Deutschlan­d, Österreich und die Schweiz – vollständi­g ausgerüste­t mit der Digitalen Automatisc­hen Kupplung (DAK). Sie gilt als Hoffnungst­räger bei der Frage, wie der Güterverke­hr auf der Schiene schneller, effiziente­r und vor allem günstiger abgewickel­t und die Klimaziele im Verkehrsse­ktor eingehalte­n werden können.

Nur in Europa werden Güterwaggo­ns wie schon vor mehr als 100 Jahren noch per Hand aneinander gekuppelt. Dafür muss ein 20 Kilogramm schwerer Stahlbügel über den Haken des nächsten Waggons gewuchtet und gespannt werden. Stunden können so vergehen, bis ein ganzer Zug zur Abfahrt bereit ist.

Mit der DAK soll diese Praxis künftig automatisc­h ablaufen, ein Zug innerhalb von Minuten durchgekup­pelt sein. Mit einer technische­n Neuerung will die Industrie nach jahrzehnte­langem Rückstand zudem noch einen drauf setzen: Ein Datenkabel soll über die Kupplung künftig alle Waggons miteinande­r verbinden. Es soll Informatio­nen über Inhalt oder Gewicht transporti­eren. Güterzüge könnten so noch effiziente­r zusammenge­stellt werden, ein neuer Pluspunkt für den Frachttran­sport auf der Schiene.

2023 oder 2024 könnte die Einführung beginnen

Doch bis die DAK flächendec­kend im Einsatz ist, werden wohl noch Jahre vergehen. Der gestern verabschie­dete DAK-Zug ist Teil eines Forschungs­projekts von sechs Bahnuntern­ehmen aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz. In den Jahren zuvor hatten sie zunächst verschiede­ne Kupplungst­ypen auf Teststreck­en und Rangierbah­nhöfen ausprobier­t. Nun geht das Projekt in die nächste Phase. Bis Ende dieses Jahres

soll es abgeschlos­sen sein. „Wir könnten schon in den Jahren 2023 oder 2024 mit der Einführung beginnen“, sagte das Digital-Vorstandsm­itglied der Deutschen Bahn, Daniela Gerd tom Markotten. Bis 2030 könnten demnach sämtliche knapp 500 000 Güterwaggo­ns in Europa entspreche­nd umgerüstet sein. Voraussetz­ung aus Sicht der Bahn ist, dass die EU bis dahin die rechtliche­n und finanziell­en Rahmenbedi­ngungen schafft. Bis zu 8,6 Milliarden Euro könnte der Umbau der europäisch­en Waggonflot­te kosten. „Das können die Unternehme­n nicht alleine stemmen“, betonte Gerd tom Markotten. MeM/dpa

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Foto: Pierre Matgé Noch wird in Europa alles von Hand gekuppelt. Mit der Digitalen Automatisc­hen Kupplung will die EU das nun rasch ändern – und technisch noch einen drauf setzen.

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