Luxemburger Wort

Ein Turm in der Abwehr

Handballer Joé Schuster stabilisie­rt mit seiner Größe und körperlich­en Präsenz die Luxemburge­r Defensive

- Von André Klein

Am vergangene­n Wochenende verpasste die Luxemburge­r Handball-Nationalma­nnschaft denkbar knapp den Einzug in die nächste Runde der WM-Qualifikat­ion – am Ende fehlte nur ein Tor. Trotzdem zeigte das Team von Nationaltr­ainer Nikola Malesevic starke Leistungen, insbesonde­re beim 31:26-Auftaktsie­g gegen die Gastgeber von den Färöern.

Ein Spieler, der bei dem Miniturnie­r einen bleibenden Eindruck hinterlass­en hat, ist der 21-jährige Joé Schuster vom deutschen Drittligis­ten Northeimer HC. Mit seinem Gardemaß von 1,95 m ragt der Defensivsp­ieler wie ein Fels in der Brandung aus der Luxemburge­r Abwehrreih­e und bringt seine Gegenspiel­er ein ums andere Mal zur Verzweiflu­ng. Auch im Offensivsp­iel stellt sich der Hüne in den Dienst der Mannschaft und reißt Lücken, wo immer es möglich ist. Heute, in der EM-Qualifikat­ion gegen Belgien im Gymnase der Coque,

wird der Handballer dies erneut versuchen.

Schuster begann bereits im zarten Alter von vier Jahren mit dem Handball in Petingen, wechselte mit zwölf nach Düdelingen und stand dort als Jugendlich­er mit 16 zum ersten Mal im Aufgebot der Männermann­schaft. Nur ein Jahr später wechselte er nach Deutschlan­d in die Jugend des Zweitligis­ten VFL Gummersbac­h und kam von Beginn an schon zu Einsätzen in der zweiten Mannschaft.

Wegen zahlreiche­r verletzter Spieler und guter Leistungen gelang ihm später sogar der Sprung in den Profikader. Nachdem er in der Saison 2020/2021 neun Zweitligas­piele für Gummersbac­h absolviert­e, wurde ihm dennoch kein Profivertr­ag angeboten und eine Rückkehr zur zweiten Mannschaft kam nicht in Frage. Um seine Karriere weiter voranzutre­iben, schloss sich Schuster im Sommer 2021 dem Northeimer HC an.

„In Gummersbac­h bot man mir keinen Profivertr­ag an. Northeim hat mich als Abwehrchef geholt und bietet mir eine Plattform, auf der ich mich zeigen kann“, erklärt Schuster den Vereinswec­hsel. „Hier habe ich praktisch eine Spielgaran­tie und kann mich handballer­isch sehr gut weiterentw­ickeln.“Das Ziel sei es, die Saison mindestens als Sechster abzuschlie­ßen und den Klassenerh­alt so direkt zu sichern. Mit der Nationalma­nnschaft hat der Northeimer ebenfalls noch einiges vor.

Ärger, Stolz und Zeitstrafe­n

„Einerseits ist es richtig ärgerlich, dass wir in der WM-Qualifikat­ion gescheiter­t sind, vor allem, weil es letztendli­ch an nur einem Tor lag“, sagt der gelernte Rückraumsp­ieler. „Auf der anderen Seite hat aber jeder gesehen, was wir als Mannschaft gemeinsam leisten können und dass man uns nicht unterschät­zen sollte.“Zum Schluss fehlte leider das berühmte Quäntchen Glück. Trotzdem habe man jetzt Blut geleckt und brenne schon auf das Heimspiel gegen Belgien.

„Die Mannschaft ist zu einer wirklichen Einheit zusammenge­wachsen. Die Einstellun­g stimmt zu hundert Prozent,“findet Nationaltr­ainer Nikola Malesevic, dem nach der Rückkehr von den Färöern nur drei Trainingse­inheiten blieben, um sein Team taktisch auf die Belgier vorzuberei­ten. Obwohl die Spieler noch ein wenig unter den Reisestrap­azen leiden, ist sich Schuster sicher, dass man bis zum Anpfiff vollständi­g regenerier­t sein wird. Ein Punkt, den es allerdings noch zu verbessern gilt, sind die vielen Zeitstrafe­n, die mitunter noch gegen die Mannschaft verhängt werden.

„Allein gegen Lettland spielen wir 16 Minuten in Unterzahl. Hier müssen wir cleverer agieren“, analysiert Schuster. „Aber ich habe trotzdem lieber mehr Zeitstrafe­n und eine harte Abwehr als keine Zeitstrafe­n und eine weiche Abwehr.“Der 21-Jährige weiß, wovon er spricht, wird die Abwehrkant­e wegen seines intensiven Einsatzes von den Schiedsric­htern doch immer mal wieder auf die

Strafbank geschickt. Was allerdings vermeidbar ist, sind Blaue Karten. Eine Aktion (grobe Unsportlic­hkeit) wie gegen die Färöer sollte sich Milasin Trivic also besser sparen. Der Spieler von Käerjeng wird aber sicherlich aus seinem Verhalten gelernt haben und sein Temperamen­t im richtigen Moment etwas zügeln.

Ich habe lieber mehr Zeitstrafe­n und eine harte Abwehr als keine Zeitstrafe­n und eine weiche Abwehr. Joé Schuster

Gute Chancen gegen Belgien

Dass mit Ben Weyer und Lé Biel wieder zwei Spieler in den Kader zurückkehr­en, die in der WM-Qualifikat­ion noch wegen positiver PCR-Tests ausfielen, macht ebenfalls Mut und steigert die Siegchance­n gegen Belgien. Auch Julien Kohn könnte noch hinzukomme­n, hier steht allerdings ein PCRTest noch aus. Es fallen zudem keine Spieler verletzung­sbedingt aus. Ohnehin sei das Team sehr gut eingespiel­t und viele Spieler kennen sich schon seit ihrer Zeit in den Jugendmann­schaften, so Schuster.

Das Motto scheint klar: Aus einer harten Defensive heraus sollen unnötige Fouls vermieden werden. Den Rest erledigt die Offensive. Beim Duell mit Belgien sind unter Beachtung der 2G+-Bedingunge­n sogar Zuschauer zugelassen. „Ich hoffe, die werden dafür sorgen, dass die Hütte brennt“, freut sich der Abwehrspie­ler. „Wir alle sind topmotivie­rt, die Belgier zu schlagen.“

 ?? Fotos: Stéphane Guillaume ?? Joé Schuster vom Northeimer HC spielt überwiegen­d in der Defensive, kann seine Mannschaft aber auch in der Offensive unterstütz­en.
Fotos: Stéphane Guillaume Joé Schuster vom Northeimer HC spielt überwiegen­d in der Defensive, kann seine Mannschaft aber auch in der Offensive unterstütz­en.
 ?? ?? Auch beim Training kämpft Joé Schuster (l.) mit harten Bandagen, wie hier im Zweikampf mit Milasin Trivic.
Auch beim Training kämpft Joé Schuster (l.) mit harten Bandagen, wie hier im Zweikampf mit Milasin Trivic.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg