Luxemburger Wort

Südkorea beschlagna­hmt in Cannes den roten Teppich

Alte und neue Regisseure sprechen von einem „goldenen Zeitalter für das südkoreani­sche Filmschaff­en“

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Cannes. Südkorea exportiert sich kulturell. K-Pop wird von seinen BTS-Stars getragen und Bong Joon-ho war der erste südkoreani­sche Regisseur, der 2019 mit „Parasite“die Goldene Palme in Cannes gewann. Als erster nichtengli­schsprachi­ger Film gewann er im Jahr darauf den Oscar für den besten Film.

„Es gibt so etwas wie ein goldenes Zeitalter für das südkoreani­sche Filmschaff­en, und das ist erst der Anfang“, genießt Lee Jung-jae, Star von „Squid Game“, der für „Hunt“zum ersten Mal hinter der Kamera stand. Dieser nervenaufr­eibende Action-/Spionage-/Politthril­ler, der mit einem komfortabl­en Budget ausgestatt­et ist, jagt mit einer Handlung zwischen Washington, Seoul und Bangkok eindeutig in Hollywoods Gefilden.

Südkorea hat also nicht nur stilisiert­e Autorenfil­me für den internatio­nalen Markt, auch wenn

Cannes sich auf „Broker“freut, einen Film aus dem Land unter der Regie des Japaners Hirokazu Kore-eda, der mit „Parasite“-Star Song Kang-ho und der K-Pop-Sängerin IU, mit richtigem Namen Lee Ji-eun, zwei südkoreani­sche Figuren angeworben hat.

Alle aber können Park Chanwook danken, dessen „Old Boy“(2003) dem südkoreani­schen Film den Weg geebnet hat und der nun mit „Decision to leave“nach Cannes zurückkehr­t. „'Parasite' kam nicht aus dem Nichts, und 'Old Boy' legte in vielerlei Hinsicht den Grundstein für das, was danach kam“, erklärt Jason Bechervais­e, Professor an der Korea Soongsil Cyber University.

Park produziert­e 2013 den ersten englischsp­rachigen Film von Bong Joon-ho, „Snowpierce­r“, und machte im selben Jahr mit „Stoker“mit Nicole Kidman seine ersten Schritte in Hollywood. Wie die anderen Regisseure seiner Generation werden Park Chan-wooks Werke von der „ziemlich turbulente­n zeitgenöss­ischen Geschichte

Lee Jung-jae, Star von „Squid Game“, präsentier­t in Cannes mit dem Film „Hunt“sein Regie-Debüt.

Koreas“beeinfluss­t. „Wir haben viele tragische Ereignisse erlebt und auch einen Sieg der Demokratie durch die Absetzung einer Präsidenti­n“, fügte er hinzu. Park war in den 1980er Jahren unter der brutalen Militärdik­tatur aufgewachs­en.

Keine friedliche­n Charaktere

Diese dunkle Zeit der 1980er Jahre dient als Hintergrun­d für „Hunt“, auch wenn Lees Film eine universell­e Botschaft hat. „Die Frage des Films ist, was uns dazu bringt, Kanonenfut­ter zu werden“, erklärt der Schauspiel­er, Regisseur und Produzent. Aufgrund der Ideologie werden arme Soldaten in den Kampf getrieben. Wir müssen darüber nachdenken, ob die Überzeugun­gen oder die Ideologie, von denen wir uns leiten lassen, wirklich richtig sind.

Auch die Themen, die Park aufgreift, treffen in den USA einen

Nerv. Filme wie „Old Boy“stellen die Fragen „Ist Rache gerechtfer­tigt? Ist sie effektiv? Welche emotionale­n und psychische­n Folgen hat es, wenn man Rache begeht oder erleidet?“, so Brian Hu, Professor an der San Diego State University. Diese Fragen „fielen in eine Zeit, in der Amerikaner Gräueltate­n begingen und Menschen folterten, die des Terrorismu­s verdächtig­t wurden“.

Park liebt es, in den dunkelsten Winkeln der koreanisch­en Psyche zu wühlen, und er gibt zu, dass es in ihrem Inneren brodelt: „Wir haben keine friedliche­n, Zen-orientiert­en Charaktere, das sieht man in den Filmen oder den Serien“.

Aber man sollte ihn nicht auf seinen Fokus auf Rache reduzieren: „Thirst“ist von Zolas „Thérèse Raquin“inspiriert. Und „Mademoisel­le“stützt sich auf den Roman „Du bout des doigts“der Britin Sarah Waters. AFP

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