Luxemburger Wort

„Eine realistisc­he Chance“

Radprofi Kevin Geniets glaubt an die Möglichkei­t, bei der Tour de France dabei zu sein

- Interview: Joe Geimer

In einem Monat haben die Teilnehmer an der Tour de France bereits die ersten Kilometer der 109. Ausgabe hinter sich gebracht. Beim Grand Départ in Kopenhagen möchte auch Kevin Geniets (Groupama) dabei sein. Der 25-Jährige würde dann seine Tour-Premiere feiern. Damit dies gelingt, hat er sich zuletzt in der Sonne in Form gebracht. Luxemburgs Landesmeis­ter will von Sonntag an beim Critérium du Dauphiné letzte Zweifel beiseite schaffen und sich seine Nominierun­g verdienen.

Kevin Geniets, Sie waren zuletzt 16 Tage auf Teneriffa. Von süßem Nichtstun und Sonne tanken kann allerdings keine Rede sein ...

Nein, es war kräftezehr­end und anstrengen­d. Sieben Fahrer unserer Mannschaft (Bruno Armirail, Geniets, David Gaudu, Olivier Le Gac, Valentin Madouas, Rudy Molard, Quentin Pacher, Anm. d. Red.) waren vor Ort. Wir haben uns nicht geschont und hart trainiert. In meinen Augen war es ein perfektes Höhentrain­ingslager rund um den Vulkan Teide (3 715 m). Die Bedingunge­n hätten nicht besser sein können. Es war richtig warm. Das passte mir recht gut. Normalerwe­ise komme ich bei Hitze nicht besonders gut zurecht. So hatte ich die Möglichkei­t, mich an die Verhältnis­se zu gewöhnen.

In Frankreich ist es um Juli auch meistens sehr warm ...

Das stimmt (lacht). In Sachen Tour de France gibt es aber noch nichts zu vermelden. Ich habe eine realistisc­he Chance, dabei zu sein. Mehr kann ich nicht zu diesem Thema sagen.

Fiebern Sie der Veröffentl­ichung des Groupama-FDJ-Aufgebots entgegen oder machen Sie sich im Vorfeld nicht verrückt?

Die Teilnahme an der Tour de France war eines meiner beiden Saisonziel­e. Zunächst standen die Klassiker in Flandern im Fokus, dann rückte die Frankreich-Rundfahrt ins Zentrum meines Interesses. Ich möchte dabei sein – gar keine Frage. Ich trainiere so, als ob ich es schaffen würde. Ich habe mich optimal vorbereite­t. Ich fühle mich stark. Das Training lief in den vergangene­n Wochen richtig gut. Mehr konnte ich nicht tun. Nun liegt es fast nicht mehr in meinen Händen.

Die Verantwort­lichen Ihrer Mannschaft gaben bereits zu Jahresbegi­nn fünf Namen von Fahrern bekannt, die bei der Tour de France dabei sein werden: Gaudu, Stefan Küng, Madouas, Thibaut Pinot und Michael Storer. Es bleiben also noch drei Tickets. Gehen die an Fahrer, die in Teneriffa anwesend waren?

Die Teamkolleg­en aus dem Trainingsl­ager gehören genauso zum erweiterte­n Tour-Aufgebot wie ich. An wen die finalen Plätze gehen, weiß ich noch nicht. Klar ist wohl, dass die Teamchefs bereits eine gewisse Vorstellun­g haben. Sie haben sich schon ihre Gedanken gemacht. Aber noch ist nichts in Stein gemeißelt.

Beim Critérium du Dauphiné bietet sich Ihnen demnach an acht Renntagen noch einmal die Chance, Punkte zu sammeln, oder macht das keinen Unterschie­d mehr?

Doch, ich denke schon. Es ist wichtig, sich dort in guter Verfassung zu präsentier­en. Wer die Frankreich-Rundfahrt fährt, ist entweder bei Critérium du Dauphiné (5. bis 12. Juni) oder bei der Tour de Suisse (12. bis 19. Juni) im Einsatz. Beide Rennen bieten die Möglichkei­t, sich den letzten Schliff zu verpassen. Man bekommt einen ganz präzisen Eindruck davon, wo man im Vergleich mit der Konkurrenz steht. Auch wenn es unmöglich ist, einen großen Formrückst­and wettzumach­en, so kann man vielleicht noch Kleinigkei­ten anpassen. Nach den Rennen fällt die Entscheidu­ng in Sachen TourAufgeb­ot. Dann weiß ich, ob es gereicht hat oder eben nicht.

Haben Sie sich die Streckenfü­hrung des Critérium du Dauphiné genauer angeschaut? Was kann man vom Team Groupama-FDJ erwarten?

Ich habe festgestel­lt, dass es nur sehr wenige flache Meter gibt. Es gibt drei Ankünfte an einem

Gipfel, weitere wellige Etappen und ein flaches Einzelzeit­fahren (31, 9 km) an Tag vier. Wir werden ganz schön auf die Probe gestellt. Aber das ist bei diesem Etappenren­nen nichts Ungewöhnli­ches. Gaudu ist unser Mann für die Gesamtwert­ung. Wir wollen aber auf allen Etappen eine Rolle spielen.

Blicken wir noch einmal zurück auf die ersten Monate der Saison. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Leistungen?

Insgesamt bin ich richtig glücklich. Meine Entwicklun­g zeigt in die richtige Richtung. Ich werde konstant besser und schließe allmählich die Lücke zu den absoluten Topfahrern. Seit ich Profi bin (2019) mache ich vielleicht keine großen Sprünge nach vorne, aber ich merke eindeutig, dass ich immer stärker werde. Bei den großen Klassikern in Flandern fuhr ich im Frühjahr länger an der Seite der Besten. Ich schaffte es, bis ins Finale der Rennen eine Rolle zu spielen. Wenn du bei der Tour des Flandres zu den Top 30 gehörst, dann will das schon etwas heißen. Solche Leistungen sind sehr motivieren­d. Wir waren auch als Mannschaft gut unterwegs.

Mit Küng, Madouas und mir waren wir oftmals zu Dritt noch ganz spät im Rennen vorne dabei. Wir sind besser geworden – als Team, aber auch individuel­l. Es gab im ganzen Frühjahr nur zwei Rückschläg­e: einmal die Verletzung bei Paris-Nice und dann die Aufgabe bei der E3 Saxo Bank Classic. Da war ich krank.

Sie kombiniert­en die Klassiker in Flandern mit denen in den Ardennen. Welche Erfahrunge­n haben Sie gemacht?

Ich war nach der Tour des Flandres noch frisch genug, um die Rennen unweit von Luxemburg zu bewältigen. Es handelte sich um meine Premiere. Es war interessan­t. Ich war als Teamplayer am Start. Es gibt Fahrer, die besser und schneller die Berge hinaufkomm­en. In Zukunft wird sich an meiner Zielsetzun­g nichts ändern. Die Rennen in Flandern liegen und gefallen mir besser. Nach Liège-Bastogne-Liège fasste ich das Fahrrad während einer Woche nicht an. Nach dem Trainingsl­ager brenne ich aber nun wieder auf mein erstes Rennen seit sechs Wochen.

Meine Entwicklun­g zeigt in die richtige Richtung. Ich werde konstant besser.

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Foto: Serge Waldbillig Kevin Geniets will sich beim Critérium du Dauphiné von seiner besten Seite präsentier­en.

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