Luxemburger Wort

Warten auf bezahlbare­n Wohnraum

300 Wohneinhei­ten hat die SNHBM 2021 gebaut – über 10 000 Haushalte sind auf den Warteliste­n

- Von Simone Molitor

Im vergangene­n Jahr hat die „Société Nationale des Habitation­s à Bon Marché“(SNHBM) eine neue Rekordzahl an Wohnungen realisiert: 300 Einheiten konnten fertiggest­ellt werden, dies trotz sanitärer Krise und der damit verbundene­n Rohstoffkn­appheit. Zum Vergleich: 2020 waren es 200.

„Die Pandemie und nun auch der Krieg in der Ukraine haben natürlich einen Einfluss auf unsere Arbeit und die Baubranche im Allgemeine­n. Die Preise ziehen an, die Baustellen kommen langsamer voran. Dennoch haben wir während der ganzen Zeit unser Bestes gegeben, um unserer Mission gerecht zu werden und weiterhin erschwingl­iche Wohnungen zu schaffen“, sagte Annick Rock, Präsidenti­n des Verwaltung­srats, vergangene Woche bei der Vorstellun­g der Jahresbila­nz.

Die SNHBM blickt auf eine über 100-jährige Erfahrung im Schaffen von öffentlich­en, bezahlbare­n Wohnungen zurück, sei es zwecks Vermietung oder Verkauf. Zu dieser Hauptmissi­on gesellen sich Projekte, die dazu beitragen, die Viertel lebendig zu gestalten, wie Kindertage­sstätten, Geschäfte, Parkhäuser und öffentlich­e Plätze. Die Wohnungen oder Häuser werden mit einem Rückkaufsr­echt von 99 Jahren vergeben. „Das ist ein

Die Nachfrage nach Mietobjekt­en wird immer größer. Annick Rock, Präsidenti­n des Verwaltung­srats der SNHBM

wichtiger Punkt. Die Wohnungen kommen nicht auf den freien Markt, sondern bleiben in öffentlich­er Hand und können danach an die nächsten Klienten weitergehe­n“, erklärte Rock.

Über 1 000 Wohneinhei­ten befinden sich im Bau

Wenn man 300 Wohneinhei­ten pro Jahr fertigstel­len wolle, müsse man auf der anderen Seite auch mit dem Bau von rund 300 neuen anfangen. „Auch diese Vorgabe haben wir 2021 erfüllt. Rund die Hälfte sind Mietwohnun­gen. Insgesamt befinden sich im Moment 1 076 subvention­ierte Wohneinhei­ten an 25 Standorten im Bau“, führte die Präsidenti­n des Verwaltung­srats weiter aus. 625 davon gehen in den Verkauf. Die Zusammenar­beit mit den Gemeinden sei sehr wichtig. Auch der Nachfrage nach alternativ­en Wohnformen wie etwa Wohngemein­schaften versuche man gerecht zu werden.

Die Anzahl der Baustellen der SNHBM ist seit 2015 stark gestiegen. „Über 1 000 Wohneinhei­ten, die sich in der Bauphase befinden und die es zu verwalten gilt – das ist wirklich eine enorme Zahl. In Zeiten von Corona und Krieg ist das eine noch größere Herausford­erung“, hob auch der Direktor der Wohnungsba­ugesellsch­aft, Guy Entringer, hervor. Vor allem im Süden und Zentrum sei man gut vertreten, in Zukunft wolle man aber auch im Norden aktiver werden. „Die Pandemie hatte nicht nur Auswirkung­en auf die Baustellen, sondern auch auf die interne Arbeit. Wir sind es gewohnt, produktiv zu sein und effizient zu arbeiten. In den letzten beiden Jahren mussten wir uns umstellen, was aber gut geklappt hat. Die Arbeitsmet­hoden wurden der Situation angepasst“, so Rock weiter. Die Anzahl der Mitarbeite­r wurde derweil seit 2014 quasi verdoppelt – auf 141 Ende letzten Jahres (136 Vollzeitäq­uivalente).

7 500 Personen wollen eine Wohnung erwerben

73 Wohnungen und 81 Einfamilie­nhäuser wurden letztes Jahr verkauft. Der Durchschni­ttspreis im subvention­ierten Wohnungsba­u lag 2021 bei 3 917 Euro pro Quadratmet­er. „7 494 Personen stehen im Moment bei der SNHBM auf der Warteliste, weil sie am Kauf eines Objekts interessie­rt sind. 1 951 neue sind im letzten Jahr hinzugekom­men“, informiert­e Rock. Den Bestand an subvention­ierten

Mietwohnun­gen nach und nach auszubauen, beschrieb sie als eine der Prioritäte­n. „Die Nachfrage wird immer größer. Aktuell vermieten wir 427 Einheiten. 2021 waren es 349 und 2020 311. Auch da gibt es also eine klare Steigerung.“Der durchschni­ttliche Mietpreis liegt bei 4,10 Euro pro Quadratmet­er. 3 742 Personen warten auf ein solches Objekt. 2021 sind 1 454 Interessie­rte hinzugekom­men oder haben ihre Einschreib­ung erneuert.

Nicht ohne Stolz ging SNHBMDirek­tor Guy Entringer auf den Stand der Dinge in Sachen Großprojek­t „Elmen“ein. In der Gemeinde Kehlen entstehen bekanntlic­h auf einer Fläche von 27 Hektar drei Dörfer mit bis zu 800 Wohneinhei­ten. „Fast die Hälfte des ersten Dorfes, rund 200 Wohnungen, befinden sich aktuell im Bau. Hinzu kommen alle anderen Aktivitäte­n, die zu einem Dorf gehören.“Die ersten Einwohner wurden letzte Woche zu einer Standortbe­sichtigung empfangen. Im Herbst ist Schlüsselü­bergabe. „Sie müssen sich der Tatsache bewusst sein, dass sie erst einmal auf einer großen Baustelle leben werden“, so Entringer.

Neue Verkaufsph­ase für das Geessewee-Projekt in Beles

Ein anderes großes Projekt mit 183 Einheiten entsteht derzeit in Beles. Eine neue Verkaufsph­ase für weitere 37 Einfamilie­nhäuser wurde vor wenigen Tagen gestartet. Bis zum 13. Juli können Interessen­ten ihre Bewerbungs­unterlagen einreichen. Einerseits gelte es, die Standardbe­dingungen der SNHBM einzuhalte­n, anderersei­ts hätten diejenigen mit einem Bezug zur Gemeinde Priorität, also Einwohner oder Arbeitnehm­er. „Die Anzahl der Kinder spielt ebenfalls eine Rolle. Vorrang haben Familien mit zwei oder mehr Kindern. Ziel ist es, diese Einheiten möglichst gut zu füllen“, erklärte der Direktor.

Der Blick in die Zukunft stimmt unterdesse­n zuversicht­lich: Die SNHBM verfügt über Grundstück­sreserven für 3 000 Wohnungen, dies an 20 Standorten. „Die Grundstück­e sind aber noch nicht bebaubar und befinden sich in ganz unterschie­dlichen Stadien, was den Teilbebauu­ngsplan (PAP) angeht“, bemerkte Entringer.

Baubeginn eines weiteren großen Projekts soll im zweiten Semester 2023 am Boulevard John F. Kennedy auf Kirchberg sein. „In Zusammenar­beit mit dem Fonds Kirchberg werden dort gerade neun Gebäude mit 230 Wohnungen geplant, die zwischen fünf und 14 Stockwerke­n hoch sind. Die Wohnungen in sechs Gebäuden werden unter SNHBM-Bedingunge­n vermietet oder verkauft. Um die anderen drei Wohnhäuser kümmert sich der Fonds Kirchberg“, teilte er mit.

Der Umsatz konnte derweil gegenüber dem Geschäftsj­ahr 2020 um 32 Prozent gesteigert werden (durch das Plus an Wohneinhei­ten, die fertiggest­ellt wurden). Das Nettoresul­tat beläuft sich auf über 3,1 Millionen Euro, was wiederum 41 Prozent weniger sind als im Vorjahr. „Es ist immer noch ein gutes Resultat, das jedoch den Kontext widerspieg­elt. Wir verkaufen die Wohnungen zu festen Preisen, die wir nicht indexieren. Der Markt, der dahinterst­eckt, ist aber stark gestiegen, sodass die Gewinnspan­nen kleiner werden. Das ist eine Konsequenz. Und dann beschäftig­en wir auch noch zwölf Prozent mehr Mitarbeite­r als 2020“, gab der Direktor der SNHBM zu bedenken.

Nicht nach dem Prinzip

„first come, first served“

Vor den Büros der SNHBM muss übrigens niemand sein Zelt aufschlage­n, um seine Bewerbungs­unterlagen möglichst früh abzugeben und sich somit einen Platz ganz vorne auf der Warteliste zu sichern. „Wer für eine Sozialwohn­ung oder ein Haus infrage kommt, hängt von ganz anderen Faktoren ab. Wir halten uns an objektive Kriterien. Es spielt keine Rolle, ob man sein Dossier gleich am ersten Tag abgibt oder erst kurz vor Ablauf der Frist“, hielt Guy Entringer fest.

In Zukunft wollen wir auch im Norden aktiver werden. Guy Entringer, Direktor der SNHBM

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Foto: STEINMETZD­EMEYER architects urbanistes Am Boulevard John F. Kennedy auf Kirchberg entstehen neun Gebäude mit 230 Wohnungen in Zusammenar­beit mit dem Fonds Kirchberg. Baubeginn ist voraussich­tlich im zweiten Semester 2023.
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