Luxemburger Wort

„Kunst muss leben und reisen“

Bob Kneip zeigt seine Kunstsamml­ung – und trennt sich auch von einigen Werken, die er im Laufe der Jahre zusammenge­tragen hat

- Von Marco Meng

Damian Hirst, Keith Haring, Andy Warhol... Noch bis September 2022 zeigt das Art Work Circle in der Pop-up-Galerie im Schulungsz­entrum MindForest One Lounge in Luxemburg-Stadt unter dem Namen „Kneip Art Lives“Kunstwerke aus der Sammlung des luxemburgi­schen Unternehme­rs und Kunstsamml­ers Bob Kneip.

Zwischen den einzelnen Vernissage­n werden außerdem Vorträge mit bekannten Rednern zu Themen rund um die Kunst und die Geschäftsw­elt angeboten. Kunstwerke aus der Sammlung von Bob Kneip können auch gekauft werden.

„Art Work Circle (AWC) ist eine E-Commerce-Plattform für Kunst und wurde 2015 gegründet“, erklärt der Initiator Guy Kerger. 41 Künstler hat AWC unter Vertrag. „In der Pandemie war es für Künstler schwer“, erläutert Kerger. „Sie hatten kaum Gelegenhei­ten auszustell­en und waren glücklich, auf unserer Webseite online ihre Werke der Öffentlich­keit präsentier­en zu können.“

Irgendwann nach den Lockdowns kam die Idee, nicht nur online, sondern hier vor Ort in der MindForest One Lounge immer am letzten Donnerstag im Monat einen neuen Künstler von der Plattform auszustell­en. „Damit haben wir Mitte letzten Jahres angefangen, und es erfreut sich großen Zuspruchs“, sagt Kerger. Manche Leute kaufen Kunstwerke online, andere sehen sich die Kunstwerke online an und kommen dann vorbei, um sie persönlich mitzunehme­n, erklärt Kerger. Überraschu­ngen inklusive. „Es gibt auch tatsächlic­h Leute, die Kunst einkaufen als wenn sie im Supermarkt wären: ‚dies, das, das, und das nehme ich‘. Wir hatten auch eine über achtzigjäh­rige Frau, die online ein Bild kaufte, das ich ihr dann persönlich brachte.“

Werke werden abwechseln­d bis September ausgestell­t

Auch Bob Kneip wurde auf die Ausstellun­g aufmerksam. „Er kam auf uns zu und schlug vor, seine Sammlung hier auszustell­en. Damit haben wir im April begonnen und stellen nun jeden letzten Donnerstag im Monat neue Kunstwerke, etwa 19 jedes Mal, aus dieser Sammlung aus.“

Kneip, ein großer Liebhaber zeitgenöss­ischer Kunst und ein eifriger Sammler, gründete 1993 die Kneip Group, einen Finanzdien­stleister, der europaweit führend bei der Publikatio­n von Finanzdate­n ist. Für die Mitarbeite­r von Kneip

Communicat­ion wurde es mit der Zeit üblich, in einer Art Museum für moderne Kunst zu arbeiten – umgeben von Pop-Art-Bildern und Skulpturen.

Als er das Unternehme­n gründete, war klar, dass dort in den Büroräumen die Wände nicht leerbleibe­n konnten. „Und so habe ich manchmal, wenn mir ein Kunstwerk gefiel und ich es kaufen konnte, gekauft, um damit die Büros zu verschöner­n. Man ist so viele Zeit seines Lebens am Arbeitspla­tz, warum also aus dem Arbeitspla­tz keine schöne Umgebung machen? In einer solchen Umgebung zu arbeiten macht mehr Spaß und fördert die Kreativitä­t.“

Die Kunstwerke erwarb Kneip stets als Privatmann, sie gehörten nie dem Unternehme­n. Auch jetzt noch, nachdem die Deutsche Börse Group vor zwei Monaten sein Unternehme­n kaufte, sind die Büros in Bartringen voller Kunstwerke – Bob Kneip hat sie dem Unternehme­n als Leihgabe überlassen. „War die Deutsche Börse nicht ein bisschen enttäuscht, als sie gemerkt hat, dass die Kunstwerke nicht dazugehöre­n?“„Das kann sein“, lacht Kneip, „aber ich bin zu allen Gesprächen bereit.“

Ein Pop-Art-Bild wie aus einem Comic mit Sprechblas­e erinnert an Roy Lichtenste­in. Es hing jahrelang in Kneips Büro hinter seinem Schreibtis­ch. Ein Lichtenste­in ist es nicht: „Es ist eine Auftragsar­beit von mir“, sagt Kneip. „Es ist von einem französisc­hen Künstler, der vor 20 Jahren in Trier lebte. Ich fragte ihn, ob er das malen könne, und wir einigten uns auf einen Preis. Als das Bild fertig war, meinte er, wenn er gewusst hätte, dass das so viel Arbeit bedeute, hätte er das Doppelte verlangt.“Einen original Lichtenste­in hat die Sammlung von Kneip dennoch, und zwar ein Druck des Künstlers.

Nach den Büros in Luxemburg kamen die in den Niederlass­ungen wie London, Frankfurt oder Hongkong hinzu. Ein anderes interessan­tes Kunstwerk aus der KneipSamml­ung, das gerade von Art Work Circle ausgestell­t wird, ist eine Collage hinter Glas. „Das habe ich praktisch auf dem Fahrrad sitzend gekauft“, erinnert sich Kneip. „Ich radelte an der belgischen Küste. Die Tür der Galerie war offen, und ich sah dieses Bild. Ich bin rein und habe nach dem

Preis gefragt. Ich bat ihn, mir die Rechnung zu schicken und mir das Bild nach Luxemburg zu schicken, sobald ich überwiesen habe.“

Hat er denn kein Lieblingsb­ild, oder einen Favoriten als Künstler? „Eigentlich nicht“, sagt Kneip. Ihm gefällt vor allem der Pop Art-Stil. Dabei sammelt Kneip Kunst ohne eigentlich je Sammler werden zu wollen.

„Habe nie beschlosse­n, Kunstsamml­er zu werden“

„Es hatte damit angefangen, dass ich in Brüssel einmal an einer Kunstgaler­ie vorbeikam, die mir schon vorher aufgefalle­n war und wo ich durch das Schaufenst­er immer wieder Bilder sah, die mir gefielen.“Eines Tages kam er an der

Art Work Circle ist eine E-CommercePl­attform für Kunst. Guy Kerger, Gründer von Art Work Circle

andere der vielen Galerien dort. Er habe aber nie den Plan gehabt wie: „Heute kaufe ich drei Bilder“. Dabei kam es manchmal vor, dass ein Kunstwerk günstiger war als er dachte – „meistens allerdings umgekehrt“, lacht er. Reisen bedeutet für Kneip heute noch, Galerien und Museen zu besuchen. „Es ist aber nicht so, dass ich nun meine Kinder in Museen mitschlepp­e. Es ist eher umgekehrt. Wenn wir in einer Stadt sind, dann ist es eines drei Kinder, das sagt, da und da ist eine Ausstellun­g, lasst sie uns besuchen.“

Keine Angst vor Fälschunge­n beim Kauf von Kunst?

Der Salvator Mundi wurde für 450 Millionen Dollar versteiger­t, und im Anschluss stellte sich heraus, dass er wahrschein­lich doch nicht von Da Vinci persönlich, sondern wohl nur von seinen Schülern gemalt wurde. „Haben Sie ein bisschen Angst, dass Sie vielleicht irgendwann einmal auch einen falschen Warhol kaufen würden?“„Bei Warhol ist es schon verdammt gut organisier­t“, sagt Kneip. „Jedes einzelne seiner Kunstwerke hat ein Zertifikat.“Im Vordergrun­d steht für Kneip auf jeden Fall der Genuss des Werkes und die Freude daran. Gleichwohl werden die Kunstwerke auch von Experten begutachte­t, nicht zuletzt weil sie ja auch versichert sind.

Dass er sich jetzt auch von

Kunst ist dazu da, gezeigt und angeschaut zu werden. Bob Kneip, Unternehme­r und Kunstsamml­er

Kunstwerke­n trennt, war eigentlich nicht geplant, aber der Platz fehlt. Und die Kunstwerke im Freeport einzulager­n? „Das wäre einfach schade, diese Bilder in einem Tresor einzusperr­en. Kunst ist dazu da, gezeigt und angeschaut zu werden. Kunst, die lebt, muss sich bewegen.“

So hat sich Kneip auch dazu entschloss­en, dass Interessie­rte die Kunstwerke in der Ausstellun­g kaufen können. Kunst sei nicht nur Besitzen, es sei auch Teilen. Bilder, von denen er sich definitiv nie trennen würde? „Porträts meiner Kinder und meiner Frau.“

Zwar hat Kneip mit der Zeit gelernt, dass Künstler, Werke und Stilrichtu­ngen ihre jeweils eigenen Wertphasen habe, darum sei es ihm beim Kauf indes nie gegangen. Über eine mögliche Wertentwic­klung von Kunstwerke­n mache er sich keine Gedanken. Er kaufe ein Kunstwerk, weil es ihm gefalle, aus Passion. Als Leser von Kunstmagaz­inen hält sich Kneip auf dem Laufenden – und zählt auch in seinem Bekanntenk­reis viele Künstler. Dabei weiß er selbst sehr genau, wo seine Grenzen sind: „Von zwei Dingen“, sagt er, „lasse ich unbedingt die Finger: Das ist, selbst zu malen und zu singen.“

 ?? ?? Diese Collage hinter Glas – das Bild besteht zum Teil aus alten Batterien – kaufte Kneip „auf dem Fahrrad sitzend“.
Diese Collage hinter Glas – das Bild besteht zum Teil aus alten Batterien – kaufte Kneip „auf dem Fahrrad sitzend“.
 ?? ?? Vor allem Pop Art hat es Bob Kneip angetan. Dass es so viele Bilder werden würden, sei nie geplant gewesen.
Vor allem Pop Art hat es Bob Kneip angetan. Dass es so viele Bilder werden würden, sei nie geplant gewesen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg