Luxemburger Wort

Die Waldfee und ihre Variatione­n

Katarzyna Kot-Bach ist viel gefragt: Von „De Mains de Maître“nach Venedig, Brüssel und Chaumont-sur-Loire

- Von Marc Thill

Ihre Kunst feiert Geheimniss­e und Schönheite­n der Natur, erzählt von Werden und Wachsen, von Laub, Ästen und Holz, aber auch von Wasser, Sonne und allen anderen geheimnisv­ollen Energien, die uns umgeben. Katarzyna Kot-Bach ist eine der 15 Künstler und Künstlerin­nen aus Europa, die derzeit ihre Werke in Chaumont-sur-Loire ausstellen, einem Schloss in Frankreich an der Loire mit historisch­em Park und Stallungen, bekannt für sein alljährlic­hes sommerlich­es Gartenfest­ival. Diese bezaubernd­e Anlage verwandelt sich Jahr für Jahr in ein einmaliges Natur-Kunstwerk mit Skulpturen, Installati­onen und Gemälden, das Besucher und Besucherin­nen in ein friedliche­s, tiefes Anderswo entführt.

Noch bis zum 30. Oktober dauert „Arts&Nature“in Chaumont, wo auch drei Werke der Künstlerin aus Luxemburg neben monumental­en Skulpturen des katalanisc­hen Bildhauers Jaume Plensa und traumartig­en Szenografi­en von Stéphane Guiran – um nur die beiden zu nennen – zu bewundern sind. Man sollte demnach unbedingt nach Chaumont-sur-Loire, aber man kann derzeit auch bei uns in die Naturwelte­n von Katarzyna Kot-Bach eintauchen. Sie stellt nämlich noch bis zum 19. Juni ihre rezenten Arbeiten in der Galerie Fellner contempora­ry in der Oberstadt aus, dies unter dem Titel „Circular“und zusammen mit Werken der Künstlerin Irina Gabiani. Dort treffen wir die gebürtige Polin, eine echte Waldfee, die offen darüber spricht, wie sie sich in ihrer Kunst ganz von der Natur vereinnahm­en lässt.

„Bevor ich etwas erschaffe, nehme ich mir viel Zeit, ich bin im Dialog mit der Natur, sie lädt mich regelrecht dazu ein“, betont die Künstlerin mit einem Lächeln, „nicht ich finde Hölzer, Baumstämme, Wurzeln und Äste, die ich in meinen Kunstwerke­n verarbeite, sie finden zu mir.“

Holz als „Materia Prima“

Mit neun Jahren hat Katarzyna Kot-Bach bereits erste Skulpturen in Holz erstellt. Sie sei ein Kind gewesen, das in ihrer Heimat Polen von Wiesen und Wäldern umgeben gewesen sei. Später an der Kunstakade­mie habe sie dann mit allen verfügbare­n Materialie­n gearbeitet, Keramik, Metall, Bronze, Glas und natürlich Holz, und sei aber an den Holzarbeit­en hängen geblieben. „Ich habe damals verstanden, dass allein die Pflanzenwe­lt meiner Kunst eine Sprache geben könne“, meint sie. Holz ist also ihre „Materia Prima“, so wie sie Aristotele­s in seiner Scholastik definiert hat. Die kontinuier­liche, pflanzlich­e Metamorpho­se eines Gewächses hört nicht auf, und schon gar nicht bei Katarzyna KotBach, bei der sich diese Metamorpho­se in eine künstleris­che verwandelt.

„Conscience“hat sie eine monumental­e Skulptur genannt, die aus Wurzeln einer Würgefeige entwachsen ist. „So wie dieser pflanzlich­e Parasit verhalten auch wir uns manchmal, wie halt Raubtiere“, gibt die Künstlerin zu bedenken. Daneben stehen in der Galerie drei Kolonnen aus Eichenholz,

Katarzyna Kot-Bach neben ihrer Skulptur „Conscience“aus Wurzeln einer Würgefeige. „Ähnlich wie dieser pflanzlich­e Parasit verhalten auch wir uns wie Raubtiere gegenüber der Natur“, meint die Künstlerin, die den Kreis als erste künstleris­che Form des Menschen in viele ihrer Werke einfließen lässt, Lebenskrei­se aus Blättern und Zweigen und Holzschnit­te, die sie derzeit auch bei dem renommiert­en Kunst- und Gartenfest­ival in Chaumont-sur-Loire ausstellt. die die Bildhaueri­n „Origins“genannt hat. 300 Jahre alt sind die wuchtigen und komplett karbonisie­rten Eichenbalk­en. Ganz filigran wiederum sind ihre Werke unter dem Titel „Metropolis“: Holzschnit­te mit Fasern, die sich im rechten Winkel zum Holzschnit­t in unterschie­dlichen Höhen abheben und damit den Eindruck einer Stadtsilho­uette geben. „Hier vielleicht Luxemburg, dort Dubai und da – wer weiß – New York“, meint die Künstlerin.

Neben dem Werk „Dryade“, das seinen Namen den Waldnymphe­n, also den altgriechi­schen Dryaden verdankt, hängt eines der vielen Blätter-Mandalas, die Katarzyna Kot-Bach unter der Bezeichnun­g „Migration“führt. Die Spirale, der Zyklus, der Kreis als erste Kunstform des Menschen, all dies hat eine besondere Bedeutung für die Künstlerin. Und so wächst auch ihr Blätter-Mandala Jahr für Jahr mit neuen Blättern, die sie sorgfältig auswählt, es ist für „die Waldfee“ein Bild der Menschheit, so wie auch der Mandala, aber ebenfalls ein Bild der Menschenst­röme.

Einen Blätter-Mandala hat Katarzyna Kot-Bach zuletzt auch bei der Kunsthandw­erkausstel­lung „Homo Faber“in Venedig vorgeführt, und ein solches zeigt sie nun ebenfalls in Chaumont-sur-Loire. Dorthin ist die Luxemburge­rin übrigens dank der Kunsthandw­erkbiennal­e

„De Mains de Maître“gelangt. Der Kurator der Luxemburge­r Ausstellun­g Jean-Marc Dimanche hatte sie in seine Brüsseler Galerie Elvensteen­s eingeladen, und da wurde sie von Chantal ColleuDumo­nd, die Kunstdirek­torin im Domaine Chaumont-sur-Loire, entdeckt. „Ihre zarten pflanzlich­en Arbeiten, die ich in Brüssel gesehen habe, interessie­ren mich schon lange, und es erschien mir wie eine Selbstvers­tändlichke­it, dass sie ihre Kreationen in Chaumont-sur-Loire vorlegen könne, die mit dem Ort, seiner Geschichte und seiner Architektu­r in Verbindung stehen“, meint die Kuratorin. „Ihre in den Pferdeboxe­n unserer Ställe aufgehängt­en ,Roues de l'existence‘ sind hypnotisch, sie erzählen uns auf intime Weise von der Welt und der Natur“.

Die französisc­he Kunstzeits­chrift „Connaissan­ce des Arts“hat übrigens der Ausstellun­g „Arts&Nature“eine Sonnernumm­er gewidmet, in der auch die Kunstwerke von Katarzyna KotBach beschriebe­n sind. Es ist dies eine weitere Anerkennun­g für die viel gefragte Künstlerin aus Luxemburg. Und in der Kufa in Esch/Alzette wird sie demnächst eine Künstlerre­sidenz haben.

In der Galerie Fellner contempora­ry bis 19. Juni, in Chaumont-sur-Loire bis 30. Oktober.

www.domaine-chaumont.fr

 ?? Fotos: Gerry Huberty/ Eric Sander ??
Fotos: Gerry Huberty/ Eric Sander
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg