Die Wahrheit muss raus
Auf die Firma RSS-Hydro ist Druck ausgeübt worden. Daran gibt es kaum Zweifel. Um seine Firma zu retten, opfert der Chef einen Mitarbeiter, der ihm in seiner dreieinhalbmonatigen Probezeit wertvolle Dienste geleistet hat. Mit seiner Kritik am Krisenmanagement der Regierung beim letztjährigen Hochwasser hat Jeff Da Costa es bis in die FAZ und auf CNN geschafft. Da Costa wird von seinem Chef gefeiert, weil er mit seinen Medienauftritten Werbung für die Firma macht.
Doch wenige Tage nach der Ausstrahlung der RTL-Reportage setzt Guy Schumann seinen Schützling vor die Tür – und verstrickt sich in seinen Aussagen in den Medien in Widersprüche. Die Version, die der Wahrheit wohl am nächsten kommt: Er habe Jeff Da Costa entlassen, um politischen Druck zu vermeiden und seine anderen Mitarbeiter zu schützen. Die Aussage deutet zumindest auf die Gefahr von politischem Druck hin oder dass Druck im Entstehen war.
Klar ist: Der Start-up mit Sitz im Innovation Hub ist abhängig vom Wohlwollen der Stadt Düdelingen, die der Firma Aufträge erteilt und eine günstige Miete gewährt, von Luxinnovation, also dem Wirtschaftsministerium, und vom Wasserwirtschaftsamt, was die Umsetzung von Projekten betrifft. Und: Die Firma war Teil der Delegation, die im Oktober 2021 mit Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) zur Weltausstellung nach Dubai gereist ist. Eine Veranstaltung von zentraler Bedeutung für einen kleinen Start-up. Es gab genügend Hebel, die man bewegen konnte, um dem ambitionierten Firmenchef die Hölle heiß zu machen. Doch wer hat ihn unter Druck gesetzt?
Laut mehreren Zeugen kam der Druck von vielen Seiten. Député-Maire Dan Biancalana (LSAP) und Minister Fayot dementieren, Druck auf Da Costa oder Schumann ausgeübt zu haben. Er kenne beide nicht persönlich und habe keinen persönlichen Kontakt zu ihnen gehabt, schrieb Fayot gestern auf Twitter. Vieles deutet auf hohe Beamte hin, die möglicherweise ohne das Wissen ihres Ministers interveniert sind. Eine Person, die beim Betriebsmeeting dabei war, als Jeff entlassen wurde, erinnert sich an die Aussage Schumanns am Tag darauf, er habe einen Anruf aus einem Ministerium – wahrscheinlich das Wirtschaftsministerium – bekommen und dass Schumann von einer „Sie“, also einer Frau gesprochen habe.
Jeff Da Costa lebt heute in Großbritannien. Er hatte den Mut, seine Geschichte öffentlich zu machen und den Menschen zu zeigen, dass man nicht wehrlos zuschauen muss, wenn einem Unrecht widerfährt. Sein Outing ist eine Warnung an die Mächtigen in diesem Land, die ihre Position missbrauchen, um Kritiker mundtot zu machen. Die Schuldigen müssen ausfindig gemacht und zur Verantwortung gezogen werden.
Da Costa ging es einzig darum, aufzuzeigen, was im Krisenmanagement schiefgelaufen ist und dass es wichtig ist, eine Untersuchung einzuleiten, um die richtigen Lehren aus der Hochwasserkatastrophe zu ziehen. Deutschland hat die Kritik ernst genommen und eine Enquete-Kommission eingesetzt. Hierzulande gilt Kritik als Affront und es ist offenbar wichtiger, Kritiker auszuschalten als sich inhaltlich mit deren Aussagen auseinanderzusetzen.
Kritiker werden ausgeschaltet statt sich mit deren Kritik auseinanderzusetzen.
Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu