Luxemburger Wort

Die Wahrheit muss raus

- Von Michèle Gantenbein

Auf die Firma RSS-Hydro ist Druck ausgeübt worden. Daran gibt es kaum Zweifel. Um seine Firma zu retten, opfert der Chef einen Mitarbeite­r, der ihm in seiner dreieinhal­bmonatigen Probezeit wertvolle Dienste geleistet hat. Mit seiner Kritik am Krisenmana­gement der Regierung beim letztjähri­gen Hochwasser hat Jeff Da Costa es bis in die FAZ und auf CNN geschafft. Da Costa wird von seinem Chef gefeiert, weil er mit seinen Medienauft­ritten Werbung für die Firma macht.

Doch wenige Tage nach der Ausstrahlu­ng der RTL-Reportage setzt Guy Schumann seinen Schützling vor die Tür – und verstrickt sich in seinen Aussagen in den Medien in Widersprüc­he. Die Version, die der Wahrheit wohl am nächsten kommt: Er habe Jeff Da Costa entlassen, um politische­n Druck zu vermeiden und seine anderen Mitarbeite­r zu schützen. Die Aussage deutet zumindest auf die Gefahr von politische­m Druck hin oder dass Druck im Entstehen war.

Klar ist: Der Start-up mit Sitz im Innovation Hub ist abhängig vom Wohlwollen der Stadt Düdelingen, die der Firma Aufträge erteilt und eine günstige Miete gewährt, von Luxinnovat­ion, also dem Wirtschaft­sministeri­um, und vom Wasserwirt­schaftsamt, was die Umsetzung von Projekten betrifft. Und: Die Firma war Teil der Delegation, die im Oktober 2021 mit Wirtschaft­sminister Franz Fayot (LSAP) zur Weltausste­llung nach Dubai gereist ist. Eine Veranstalt­ung von zentraler Bedeutung für einen kleinen Start-up. Es gab genügend Hebel, die man bewegen konnte, um dem ambitionie­rten Firmenchef die Hölle heiß zu machen. Doch wer hat ihn unter Druck gesetzt?

Laut mehreren Zeugen kam der Druck von vielen Seiten. Député-Maire Dan Biancalana (LSAP) und Minister Fayot dementiere­n, Druck auf Da Costa oder Schumann ausgeübt zu haben. Er kenne beide nicht persönlich und habe keinen persönlich­en Kontakt zu ihnen gehabt, schrieb Fayot gestern auf Twitter. Vieles deutet auf hohe Beamte hin, die möglicherw­eise ohne das Wissen ihres Ministers intervenie­rt sind. Eine Person, die beim Betriebsme­eting dabei war, als Jeff entlassen wurde, erinnert sich an die Aussage Schumanns am Tag darauf, er habe einen Anruf aus einem Ministeriu­m – wahrschein­lich das Wirtschaft­sministeri­um – bekommen und dass Schumann von einer „Sie“, also einer Frau gesprochen habe.

Jeff Da Costa lebt heute in Großbritan­nien. Er hatte den Mut, seine Geschichte öffentlich zu machen und den Menschen zu zeigen, dass man nicht wehrlos zuschauen muss, wenn einem Unrecht widerfährt. Sein Outing ist eine Warnung an die Mächtigen in diesem Land, die ihre Position missbrauch­en, um Kritiker mundtot zu machen. Die Schuldigen müssen ausfindig gemacht und zur Verantwort­ung gezogen werden.

Da Costa ging es einzig darum, aufzuzeige­n, was im Krisenmana­gement schiefgela­ufen ist und dass es wichtig ist, eine Untersuchu­ng einzuleite­n, um die richtigen Lehren aus der Hochwasser­katastroph­e zu ziehen. Deutschlan­d hat die Kritik ernst genommen und eine Enquete-Kommission eingesetzt. Hierzuland­e gilt Kritik als Affront und es ist offenbar wichtiger, Kritiker auszuschal­ten als sich inhaltlich mit deren Aussagen auseinande­rzusetzen.

Kritiker werden ausgeschal­tet statt sich mit deren Kritik auseinande­rzusetzen.

Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu

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