„Schönheit ist kein Argument“
In Manternach kontert der Bürgermeister Kritik an Genehmigungen für klotzige Einfamilienhäuser
Manternach. Blickt man von Münschecker oder aus Richtung Schorenshaff nach Manternach, fallen als Erstes die Kräne im Neubaugebiet Léiffrächen auf. Dort, unmittelbar über dem alten Dorfkern, entstehen gerade 26 Wohneinheiten, vornehmlich Ein- und Zweifamilienhäuser. Um den Bauplatz optimal auszunutzen und trotzdem auf eine komfortable Wohnfläche zu kommen, haben sich die meisten Bauherren entschieden, in die Höhe zu gehen und zwei Vollgeschosse mit zusätzlichem Dachgeschoss zu realisieren.
Die moderne Häuserform unterscheidet sich grundlegend von den niedrigen Einfamilienhäusern aus den 1980er und 1990er-Jahren der Umgebung – ganz zu schweigen von den oft mehrere Jahrhunderte alten Bauernhöfen, die direkt an das Neubaugebiet anschließen. Dass sich das Dorfbild durch die massive Bebauung rasch verändert, gefällt nicht jedem in der Gemeinde.
Selbst Bürgermeister Jempi Hoffmann kann die Bedenken teilweise nachvollziehen: „Heute wird der Raum eben anders genutzt als vor 30 Jahren. Fast niemand kann sich heute mehr einen Bauplatz von zehn oder 15 Ar leisten. Ob man das Ergebnis dann schön findet, ist eine andere Sache.“Im Übrigen sei das Baugebiet Léiffrächen ein Produkt des vorigen Gemeinderats, der die Planungen vor den Wahlen 2017 abschloss. Der von Hoffmann geführte Schöffenrat sei nicht mehr in die Begutachtung und die Genehmigung eingebunden gewesen.
Anwohner kämpfen gegen Bauvorhaben
Trefflich streiten lässt sich auch über die Ästhetik eines zweiten, wesentlich kleineren Baugebiets in Manternach. Unterhalb der Rue St. Désert wollen zwei Brüder ihre freien Bauplätze innerhalb eines bestehenden Wohngebiets mit zwei Einfamilienhäusern bebauen.
Die geplanten Häuser würden mit elf Meter Firsthöhe und einer Tiefe von 17 Meter die umstehenden Häuser überragen.
Nachbarin Manon Bastian läuft Sturm gegen das Bauvorhaben. „Es passt sich nicht in die Umgebung ein. Die zwei Bauherren müssen die geplante Gebäudegröße an die bestehende Bebauung anpassen“, fordert sie. Ihre Nachbarin Kristina Martin sorgt sich um die Sicherheit der Kinder im Wohnviertel. Neben dem Gebiet „A Kouler“verläuft ein Fußweg zum nahen Spielplatz, der die Einfahrt zu den geplanten zwei Gebäuden kreuzt. „Wenn große Fahrzeuge, zum Beispiel
Müllwagen, auf die zwei Grundstücke fahren, ergibt sich ein Sicherheitsproblem. Die Gemeinde hat das nicht genügend berücksichtigt“, meint Kristina Martin. Anwohnerin Manon Bastian findet, Bürgermeister Hoffmann hätte das Neubauprojekt nicht genehmigen dürfen, weil es sich nicht in die Umgebung einfügt.
Bürgermeister Hoffmann sieht das grundsätzlich anders. „Das Projekt war völlig im Einklang mit den bestehenden Regelungen und deshalb absolut genehmigungsfähig“, entgegnet er. Dies habe auch das Innenministerium so gesehen. Eine „subjektive Meinung“, wie jene, dass die zwei Häuser nicht in die Umgebung passen, könne nicht als Basis dienen, das Bauvorhaben abzulehnen.
Bürgermeister: „Kompromiss gefunden“
Das kleine Baugebiet „A Kouler“hatte schon vor anderthalb Jahren im Gemeinderat zu einer hitzigen Diskussion geführt. Zwei Ratsmitglieder hatten die Sorgen der Anwohner geteilt. Im Vorfeld war auch dem Schöffenrat die massiven Ausmaße des Projekts aufgefallen. „Wir haben daraufhin mit den Bauherren einen Kompromiss gefunden. Sie haben die Baufenster
– also die bebaubare Fläche – freiwillig verkleinert“, sagt Bürgermeister Jempi Hoffmann heute.
Er weist darauf hin, dass in vielen ländlichen Gemeinden Luxemburgs Neubaugebiete dicht an dicht bebaut würden – um jeden Quadratmeter auszunutzen. Er denkt dabei aber weniger an das Dorfbild, sondern an junge Familien auf Immobiliensuche. Er findet: „Es gibt in Luxemburg viele junge Leute, die Probleme haben, einen Bauplatz zu finden und auf der Bank Geld für den Hausbau zu bekommen. Ihnen sollte man nicht noch Steine in den Weg legen.“