Luxemburger Wort

Nospelt statt Bissen

Die Radsport-Landesmeis­terschafte­n werden ausgetrage­n – allerdings nicht dort, wo sie eigentlich geplant waren

- Von Joe Geimer

Seit Monaten war klar: Der Radsportve­rein SaF Zéisseng würde die Landesmeis­terschafte­n in diesem Jahr austragen. Der Club um Präsident Claude Losch hatte mit der Gemeinde Bissen rasch einen Partner gefunden. Seit einem Jahr liefen die Vorbereitu­ngen. Nichts deutete darauf hin, dass das Radsportfe­st platzen würde. Genau das ist nun aber passiert.

Das Wichtigste vorweg: Die Titelkämpf­e im Zeitfahren und im Straßenren­nen finden statt – nur eben nicht in Bissen. Und sie werden nun doch nicht vom Hauptstadt­club aus Cessingen auf die Beine gestellt. Der Verein, der auch für das Festival Elsy Jacobs verantwort­lich ist und sich somit in der Organisati­on von Radrennen auskennt, hat das Handtuch vor knapp zwei Wochen geworfen. Zu viele administra­tive Hürden hätten Losch und Co. laut eigenen Aussagen dazu bewogen, die nationalen Meistersch­aften dann doch nicht zu organisier­en.

Die Strecke hätte während drei Tagen komplett gesperrt werden müssen. Die Auswirkung­en auf den Verkehr wären enorm gewesen. Ralph Di Marco (Ponts et Chaussées)

Die Kritik der Cessinger richtet sich gegen die Straßenbau­verwaltung, die sich in Sachen Streckenfü­hrung quergestel­lt hat. Auf der Strecke sollte es nach Wunsch der Cessinger aus Bissen heraus eine Steigung hinauf gehen. „Wir wollten auf einem Rundkurs im Uhrzeigers­inn fahren. Das wurde beanstande­t. Es wurde seitens der Straßenbau­verwaltung verlangt, dass wir die Fahrtricht­ung anpassen“, erklärte Losch jüngst im „Le Quotidien“.

Komplett-Sperrung nicht möglich

Die von den Cessingern ausgewählt­e Strecke sollte zudem teilweise über die durchaus viel befahrene N7 führen. Man hatte sich auf dem benutzten Teilabschn­itt eine komplette Sperrung gewünscht. Die Straßenbau­verwaltung sah dies anders. Sie wollte die Strecke an der besagten Stelle auf einer Länge von zwei Kilometern in einem Korridor mit Barrieren absichern, damit der Verkehr mit reduzierte­m Tempolimit auf der anderen Fahrbahnse­ite fließen können würde. Das wäre möglich gewesen, wenn die Radfahrer Rechtsabbi­eger gewesen wären – also anders, als von den Cessingern ursprüngli­ch geplant.

Ralph Di Marco, Sprecher der Administra­tion des Ponts et Chaussées, erklärt die Vorgehensw­eise: „Der vom SaF Zéisseng gewählte Streckenve­rlauf war so nicht möglich. Es ist der Straßenbau­verwaltung bei Baustellen oder

Veranstalt­ungen stets ein Anliegen, den Impakt auf den Verkehrsfl­uss so gering wie möglich zu halten. Bei der beantragte­n Sperrung wäre dies jedoch nicht der Fall gewesen – die Strecke hätte an drei Tagen komplett gesperrt werden müssen. Die Auswirkung­en auf den Verkehr wären enorm gewesen.“

Und weiter heißt es: „Der Verkehr hätte schon ab Ettelbrück umgeleitet werden müssen, um in Useldingen wieder auf die N22 zu gelangen. Firmen, Fabriken und Geschäfte in Roost, auf der N7 und auf dem CR115 hätten jedoch erreichbar bleiben müssen.“Ein zusätzlich­es Problem erläutert Di Marco in Bissen: „Sechs Straßenach­sen verbinden den Ort. Auf vier davon hätte das Rennen stattgefun­den. Und die anderen beiden schließen an eine dieser vier an. Das ist alles extrem ungünstig.“

Der Radsportve­rband fiel zunächst einmal aus allen Wolken. Präsident Camille Dahm drückt sich diplomatis­ch aus: „Vier Wochen vor dem Termin der Meistersch­aften (24. bis 26. Juni, Anm. d. Red.) die Flinte ins Korn zu werfen, ist schon eine, sagen wir mal, komische Entscheidu­ng. Ich kann verstehen, dass es bei der Organisati­on eines solchen Events zu Problemen kommt. Alle involviert­en

Parteien haben nicht immer die gleiche Meinung. Aber ich bin auch fest davon überzeugt, dass in diesem Fall mit einem bisschen Wohlwollen und Kompromiss­bereitscha­ft eine Lösung hätte gefunden werden können.“

Der Diekircher sieht in Sachen Kommunikat­ion Luft nach oben: „Ich hatte es bei der vergangene­n Generalver­sammlung angesproch­en: Die Clubs sollen mit uns Rücksprach­e halten. Wir haben als Verband ein offenes Ohr und stehen gerne als Vermittler bereit. Vielleicht haben wir bei der einen oder anderen Verwaltung den besseren Zugang. Aber man muss uns die Chance dazu geben.“

Der Verantwort­liche der FSCL will jetzt vor den Meistersch­aften nicht noch zusätzlich­es Öl ins Feuer gießen: „Die Titelkämpf­e haben jetzt Priorität. Dann wird es zu einer Aussprache kommen. Fest steht, dass wir als Sportart solche Schlagzeil­en nicht brauchen können. Es sieht einfach nicht gut aus, – ganz egal, wer nun Schuld hat und woran es gelegen hat.“

Neue Idee für die Meistersch­aften

Tatsache ist, dass die Organisati­on der Meistersch­aften nicht erst in diesem Jahr zum Problem geworden ist. Die meisten Vereine, an denen die schwindend­e Freiwillig­enzahl

nagt, reißen sich nicht gerade darum, die Landesmeis­terschafte­n auf die Beine zu stellen. Klar ist: Reich werden die Clubs mit der Organisati­on nicht, dabei hat der Verband in den vergangene­n Jahren nachgebess­ert und die Kosten für die Medaillen, Trikots und Blumen übernommen, um den Clubs unter die Arme zu greifen.

Dahm hat sich eine potenziell­e Lösung überlegt. Die Meistersch­aften sollen künftig abwechseln­d im Norden, Osten, Süden und Westen des Landes organisier­t werden. „In jeder Region gibt es ein halbes Dutzend Vereine. Die sollen sich zusammentu­n. Sie würden also jedes vierte Jahr drankommen und könnten gemeinsam ein schönes Event in ihrer Region auf die Beine stellen. Das müsste doch möglich sein“, hofft Dahm.

Spätestens beim nächsten Kalenderko­ngress soll den Vereinen die Idee konkret vorgelegt werden.“

Zunächst einmal werden aber in rund zwei Wochen die neuen Titelträge­r ermittelt. Das passiert in Nospelt. Generalsek­retär Ed Buchette hat nach dem Absprung des SaF Zéisseng alle Hebel in Bewegung gesetzt.

14 Kilometer mit 150 Höhenmeter­n

Die Strecke steht. Gestern wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Auf einem 14 Kilometer langen Rundkurs zwischen Nospelt, Olm, Goeblingen und Simmerschm­elz, der bei den Männern zehn Mal zu fahren sein wird und pro Runde 150 Höhenmeter aufweist, wird am 26. Juni um die Nachfolge von Kevin Geniets und Christine Majerus gestritten werden. Zwei Tage vorher werden die Titel im Zeitfahren auf demselben Kurs vergeben.

Buchette ist überzeugt: „Es wird ein Fest werden. Die Menschen in Nospelt wissen dank der Emaischen, wie man solche Dinge auf die Beine stellt. Die Strecke ist schön. Sie ist nicht superschwi­erig, aber dennoch interessan­t. Der Wind kann eine Rolle spielen. Und ohnehin sind es die Fahrer, die ein Rennen schwer machen.“Das gilt immer – egal ob nun in Bissen oder in Nospelt.

Mit ein bisschen Wohlwollen und Kompromiss­bereitscha­ft hätte eine Lösung gefunden werden können. FSCL-Präsident Camille Dahm

 ?? Foto: Serge Waldbillig ?? Luxemburgs Landesmeis­ter Kevin Geniets peilt in diesem Jahr den Titel-Hattrick an.
Foto: Serge Waldbillig Luxemburgs Landesmeis­ter Kevin Geniets peilt in diesem Jahr den Titel-Hattrick an.

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