Luxemburger Wort

Botschafte­r des Friedens

Mit seiner Haltung gegen Waffengewa­lt erregt Basketball­trainer Steve Kerr viel Aufmerksam­keit

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Als Steve Kerr vor zwei Wochen auf den Tisch schlug und seinen Frust und seine Trauer über die jüngsten Schießerei­en und die laschen US-Waffengese­tze zeigte, kam das aus tiefstem Herzen.

Der Basketball­trainer der Golden State Warriors, die in den NBA-Finals derzeit gegen die Boston Celtics um die vierte Meistersch­aft in Kerrs Amtszeit spielen (Boston führt nach Spiel drei mit 2:1), ist seit Jahren ein leidenscha­ftlicher Kämpfer für einen strengeren Umgang mit Schusswaff­en – und das auch, weil sein Vater einst bei einem Attentat ums Leben kam. Da war Kerr gerade 18 Jahre alt und ging aufs College.

„Wann werden wir etwas tun?“, schrie Kerr bei jener Pressekonf­erenz vor einem Play-off-Spiel gegen die Dallas Mavericks, in der er am Ende seiner emotionale­n Rede aufstand und ging. „Ich habe es satt, ich habe genug!“Anlass war das Schulmassa­ker im texanische­n Uvalde, wo ein 18-Jähriger 19 Kinder und zwei Erwachsene erschossen hatte.

Viel Menschenke­nntnis

Vor und nach dem zweiten Spiel in den Finals gegen die Celtics gab Kerr seine Interviews dann gekleidet in ein orangefarb­enes TShirt mit der Aufschrift „END GUN VIOLENCE“– „Waffengewa­lt beenden“. Es sei an der Zeit, „dass Leute Notiz nehmen und sich beteiligen an etwas, das eine landesweit­e Bemühung sein sollte, die Waffengewa­lt da draußen einzudämme­n. Und es gibt Wege, das zu limitieren“. Auch aus anderen US-Ligen äußerten sich zuletzt wieder Profisport­ler und Teams zu dem Thema – wenige aber können das so fundiert wie der 56 Jahre alte Kerr, der spontan neben Interessen­sgruppen auch auf Gesetzesen­twürfe verweisen kann.

„Was er gesagt hat, ist enorm authentisc­h“, sagte Warriors-Manager Bob Myers „The Athletic“nun am Rande der Finals zu Kerrs Rede, die weltweit viel Aufmerksam­keit bekommen hat. „Es war absolut authentisc­h und echt. Leute haben das gesehen und haben jemanden gesehen, dem dieses Land und die Gesetze darin sehr wichtig sind und der eine Veränderun­g sehen will.“

Was er gesagt hat, ist enorm authentisc­h. Warriors-Manager Bob Myers

Wenn Kerr spricht, hören die Leute zu – Fans und hoch bezahlte NBA-Stars wie Stephen Curry gleicherma­ßen. Der dreimalige Familienva­ter ist intelligen­t, hat ein hohes Maß an Menschenke­nntnis und nach 15 Jahren als Spieler in der NBA und in seinem inzwischen achten Jahr als Trainer einen enormen Erfahrungs­schatz. Als Profi war er Teil jener Chicago Bulls um Michael Jordan, die in den 1990er-Jahren das Maß der Dinge waren und zweimal jeweils drei Titel in Serie holten.

Kerr stand als Profi in mehr als 900 Spielen auf dem Feld. Nach

Angaben der „Los Angeles Times“zwar nur 30 Mal von Beginn an, doch fünf Meistersch­aften holte er als wichtiger Rollenspie­ler dennoch. 1997 traf er für die Bulls den vorentsche­idenden Wurf zum Triumph. Dazu kommen die drei Titel als Trainer der Warriors.

Lange war er Co-Trainer der US-Nationalma­nnschaft bei Olympische­n Spielen und dort in der ungewohnte­n Rolle nicht des Chefs, sondern des Zuarbeiter­s für seinen Förderer Gregg Popovich. Zu sehen, wie andere Toptrainer der NBA – im Trainersta­b war neben dem langjährig­en Cheftraine­r der San Antonio Spurs unter anderem auch Erik Spoelstra von den Miami Heat – mit dem Kader voller Stars umgingen, habe ihm extrem geholfen, sagte Kerr oft. Bei den kommenden Spielen in Paris 2024 ist er selbst Cheftraine­r des Nationalte­ams.

Weil seine Eltern zu der Zeit als Lehrende im Libanon arbeiteten, wurde Kerr in Beirut geboren und verbrachte die ersten Jahre seines Lebens in dieser Region der Welt, die sich so krass unterschei­det von Kalifornie­n, wo er schließlic­h zur High School ging. Die Erfahrunge­n haben seinen Horizont früh erweitert und sein Verständni­s für Menschen unterschie­dlicher Herkunft und Glaubens begründet.

Unterschie­de verstehen

Leute, die mit Kerr zu tun haben, schätzen neben dieser Weltgewand­theit und seinem Intellekt auch seinen Sinn für Humor. „Meine Eltern (...) haben mich gelehrt,

Menschen zu verstehen, verständni­sund respektvol­l zu sein. Sie haben mir beigebrach­t, dass Menschen anders sprechen und sich anders kleiden können oder Gewohnheit­en haben, die mir fremd sind. Und, dass es wichtig war, all diese Unterschie­de nicht nur zu verstehen, sondern sie anzunehmen“, erzählte er vor Jahren einmal.

Und sagte dann: „Das war sehr nützlich, als Jahre später Dennis Rodman mein Teamkolleg­e bei den Chicago Bulls wurde.“Rodman mit seinem Temperamen­t, seinen Tattoos, seinen Frisuren und seiner unkonventi­onellen Art ist einer der extravagan­testen Spieler in der NBA-Geschichte. Kerr wirkte daneben unscheinba­r, großen Respekt hatte er sich auch damals schon erarbeitet. dpa

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Foto: AFP Wenn Steve Kerr spricht, hören viele Menschen aufmerksam zu.

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