Jetzt handeln: mutige Lösungen für die Wohnungsnot und Energiearmut
Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht in der Presse über die Wohnungskrise lesen müssen. Diese Krise, die bis vor ein paar Jahren noch als Randnotiz wahrgenommen wurde, drängt sich immer mehr in das Zentrum politischer Debatten und bestimmt, wenn nicht gerade eine Pandemie oder ein Krieg dazwischenkommt, die Schlagzeilen.
Als Linke haben wir schon vor vielen Jahren vor der Wohnungskrise gewarnt als sonst noch kein anderer das Wort Krise in den Mund nehmen wollte. Mittlerweile sind wir so weit, dass jeder die Wohnungskrise anerkennt, aber dennoch sind wir weit davon entfernt, die nötigen, sich aufdrängenden politischen Schritte zu gehen.
Wenn wir von einer Krise reden, müssen wir auch Kriseninstrumente einsetzen. Leider müssen wir uns aber eingestehen, dass die Debatte wenig spannend verläuft und an der Oberfläche verharrt. Da, wo der Wohnungsbauminister von einem Paradigmenwechsel redet, hören wir nur leere Worte. Dabei sind die Ideen zur Krisenbewältigung seit Jahren mehr oder weniger die gleichen.
Regierung, Gemeinden und Promoteure schieben sich Ball zu Das Rad muss nicht neu erfunden werden, denn viele Maßnahmen liegen auf der Hand. Und die Instrumente gibt es auch, sie werden nur nicht genutzt. Linke Politiker fordern seit Jahren, dass diese Instrumente endlich eingesetzt werden. Wie kann es sein, dass angesichts der gewaltigen sozialen Konsequenzen der Wohnungskrise sogar die vorhandenen Instrumente nicht genutzt werden?
Die Steuer auf leer stehendem Wohnraum und brach liegendem Bauland steht seit Jahren im Gesetz. Sie besteht aber konkret nur in acht Gemeinden, von denen nur zwei diese Steuer auch wirklich erheben. Als Argument für die Nichterhebung der Steuer wird unter anderem das bisher fehlende Register zur Eintragung von Wohnungen und Parzellen angeführt. Die Steuer aber würde konkrete Anreize setzen, um Wohnungen und Bauland zu mobilisieren.
Immer wieder werden Ausreden gefunden. Der Staat sieht die Gemeinden in der Verantwortung, die Gemeinden den Staat. Die Promoteure sagen, die öffentlichen Akteure und gesetzlichen Regelungen und Prozeduren wären schuld, diese sehen wiederum die Promoteure immer mehr in der Verantwortung. Alles das bringt niemanden weiter, solange die politischen Entscheidungsträger/innen nicht den Mut zu den nötigen Entscheidungen haben und diese auf allen Ebenen konsequent in Richtung „Recht auf
Wohnen“für alle in die Tat umsetzt.
Weiter wird so gemacht, als müssten Angebot und Nachfrage nur ins Gleichgewicht gebracht werden und schon würden sich die Preise stabilisieren. Wer es glaubt, wird selig. In etlichen europäischen Großstädten, in denen das Angebot explodiert ist, sind die Preise der Mieten trotzdem parallel gestiegen.
Es braucht demnach nicht einfach nur mehr Wohnungen, sondern bezahlbare Wohnungen. Diese bezahlbaren Wohnungen braucht es nicht erst in drei Jahren, oder in 30 Jahren, sondern es hätte sie vor 30 Jahren schon gebraucht.
Die soziale Krise verschärft sich immer weiter
Aktuell müssen mindestens 5 000 Haushalte bezahlbar untergebracht werden. Die Not ist groß, jeden Tag erfahren wir von Menschen in den unterschiedlichsten Situationen, die unmittelbar aus ihrer aktuellen Wohnung ausziehen müssen: Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, junge Menschen, die aus einer toxischen Beziehung raus müssen, Männer und Frauen, die durch eine Scheidung ihr Haus verkaufen müssen, Geflüchtete, die den internationalen Schutzstatus seit Jahren schon haben und aus der Flüchtlingsunterkunft hinausgedrängt werden.
Wir müssen auch unbedingt von den 449 Haushalten reden, die seit dem Ende des während der Pandemie geltenden Räumungsverbots im Juli 2021 zur Räumung ihrer Mietwohnung verklagt wurden. Wo gehen diese Menschen hin? Was passiert mit ihnen? Es gibt kaum Auffangmöglichkeiten in Luxemburg für Menschen und Familien in sehr kritischen sozial-ökonomischen Verhältnissen. Notwohnungen fehlen einfach überall, in allen Gemeinden.
Und dann gibt es die Menschen, die die Kriterien nicht erfüllen, um sich auf der Warteliste vom Fonds du Logement einzuschreiben oder dauerhaft auf dieser Liste zu bleiben. Und darunter fallen auch die Menschen, die ihre Wohnung verloren haben und dadurch keine Adresse mehr haben. Auch die vielen Menschen, die in zu kleinen Wohnungen leben, unter Dächern, die nicht isoliert sind oder sogar undicht sind, in Zimmern leben, wo mehrere Personen auf unzureichende sanitäre Anlagen zurückgreifen müssen, müssen zum Bedarf an bezahlbarem Wohnraum dazugerechnet werden. Laut Nationalem Reformplan, den die Luxemburger Regierung an die EU geschickt hat, leben 15,5 Prozent der Bevölkerung in Wohnungen, die von Feuchtigkeit betroffen sind, die ein Leck im Dach, in den Mauern oder im Boden haben oder die mit Schimmel befallen sind.
Die Mietpreisbremse ist unerwünscht
Dabei geht in der Diskussion eine Maßnahme unter, mit der der Gesetzgeber schnell und wirksam die Mieten für viele Wohnungen herabsetzen könnte: Die Festlegung von Höchstmieten, wie sie auch schon in der Vergangenheit bestanden hat. déi Lénk haben schon vor fünf Jahren ein Mietgesetz deponiert, mit dem wir eine neue Berechnung der zugelassenen Höchstmieten einführen möchten. Unser Gesetzentwurf liegt jedoch seit vier Jahren in einer der tiefen Schubladen des Parlaments.
Wir brauchen auf jeden Fall eine Mietenbremse. Wir können die Menschen nicht dem Markt ausliefern. Das aber passiert derzeit, immer mehr Mieter geben bis zu 50 Prozent oder sogar mehr als 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus. Man kann sich schwer ausmalen, wie sie das Monatsende überstehen.
Mehr denn je: Wohnungskrise hat eine ökologische Dimension
Neben der Wohnungskrise müssen wir aktuell mit zwei weiteren Krisen kämpfen, die uns den Weg zeigen, auf welcher Grundlage wir die Mieten sinnvoll deckeln sollten: die Klimakrise und die durch den Krieg in der Ukraine verschärfte Energiekrise. Altbausanierungen
müssten wegen diesen beiden Krisen eine absolute Priorität haben. In den meisten Fällen sind die Wohnungen, die in den unteren Energieklassen einzuordnen sind und vermietet werden, schon Jahrzehnte im Besitz der jeweiligen Vermieter. Dementsprechend sind diese Wohnungen oftmals mehrfach abbezahlt. Nach der Logik jedoch des aktuellen Mietgesetzes dürfte die Miete in diesen Fällen nur einen Bruchteil der aktuellen Mietpreise betragen. Artikel 3 des Mietgesetzes von 2006 besagt nämlich, dass die Miete auf maximal fünf Prozent des investieren Kapital betragen darf. Das Problem ist nur, dass dieses Gesetz selten wirklich angewendet wird und die Ermittlung des investierten Kapitals sich oft als kompliziert, respektive für die Mieter als unmöglich erweist.
Die Lösung besteht darin, auf eine legale Obligation zurückzugreifen, die schon besteht: den Energiepass. Durch die Festlegung der Mieten je nach Energieklasse würden zwei Zielsetzungen einfach und wirksam umgesetzt werden: Erstens würden sehr viele Mietwohnungen von einem Tag zum anderen bezahlbar werden und zweitens würden die Vermieter/innen dieser Wohnungen handfest ermutigt, eine komplette Altbausanierung ihrer Wohnungen durchzuführen. Unterstützungen vom Staat durch die „Klima-Agence“, um diese klimaschützenden und energiesparenden Sanierungsarbeiten umzusetzen, gibt es reichlich.
Dieser Vorschlag hätte den Vorteil einer schnell und einfach umsetzbaren Rechnungsgrundlage. Es braucht auch bei anderen Aspekten der Wohnungskrise pragmatischere und effiziente Lösungen, die das Recht auf Wohnen für alle zur Realität machen können. Die Lösungen sind schon lange bekannt, es fehlt nur der politische Wille und der Mut bei den Parteien, die in Gemeinden und in der Regierung an der Macht sind, und eine Verfassung, welche dem Recht auf Wohnen mindestens den gleichen Stellenwert wie dem Schutz des Eigentums einräumt.
Nathalie Oberweis ist Abgeordnete von Déi Lénk, Gary Diederich ist Co-Sprecher von Déi Lénk.
Wir müssen auch unbedingt von den 449 Haushalten reden, die seit dem Ende des während der Pandemie geltenden Räumungsverbots im Juli 2021 zur Räumung ihrer Mietwohnung verklagt wurden.