Ein Kommentar zu Luxemburgs NATO-Ausgaben
Meine ersten 100 Tage als USBotschafter in Luxemburg, diesem kleinen, aber einflussreichen und zukunftsorientierten Land, waren sehr beeindruckend. Luxemburg ist ein Land der Superlative: eine der wohlhabendsten Nationen der Welt, eine der offensten Gesellschaften der Welt und eines der sichersten Länder der Welt. Als globales Finanzzentrum bietet Luxemburg mehr als viele andere Länder, seine hervorragende Gesundheitsversorgung, Bildung und die kostenlosen öffentlichen Verkehrsmittel sind erstaunlich. Es gibt viel zu bewundern und ehrlich gesagt, was die Vereinigten Staaten nachahmen können.
Da Luxemburg als Land in vielen Dingen ein Vorreiter ist, ist es für viele überraschend, dass Luxemburg in einem wichtigen Bereich das Schlusslicht bildet: Wir reden von den Investitionen in die Verteidigung. Zu keinem Zeitpunkt in den letzten 75 Jahren hat dieser Bereich mehr Aufmerksamkeit oder mehr Investitionen verdient als jetzt. Präsident Putin führt Krieg gegen ein europäisches Land, dies sät Instabilität und Risiken weit über die Grenzen der Ukraine hinaus.
Die Vereinigten Staaten und Luxemburg genießen Frieden und Sicherheit, weil wir uns zusammengeschlossen haben, um das größte Verteidigungsbündnis zu bilden, das die Welt je gesehen hat. Als Mitglieder der NATO verpflichten sich unsere Länder zur kollektiven Verteidigung aller Bündnismitglieder beizutragen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, haben die NATO-Mitglieder, einschließlich Luxemburgs, versprochen, bis 2024 zwei Prozent des BIP für die Landesverteidigung auszugeben.
Ich war sehr erfreut zu sehen, dass Luxemburg seine Verteidigungsausgaben bis 2024 auf 0,72 Prozent des BIP erhöht, aber das bleibt weit von den versprochenen zwei Prozent entfernt. Tatsächlich wird Luxemburg im Jahr 2024 das einzige Mitglied der Allianz sein, das weniger als ein Prozent seines BIP ausgibt.
Armeeminister François Bausch (Déi Gréng) stattete kürzlich den baltischen Staaten einen Besuch ab, die alle zu jenen NATO-Mitgliedern gehören, die die Zwei-Prozent-Vorgabe erfüllen. Obwohl sie weniger wohlhabend sind als Luxemburg, geben diese drei Länder volle zwei Prozent ihres nationalen Vermögens für die Verteidigung aus. Nur drei Verbündete geben insgesamt weniger Dollar für die Verteidigung aus als Luxemburg – Albanien, Montenegro und Nordmazedonien. Dennoch bringen alle drei immer noch einen höheren Prozentsatz ihres BIP auf als Luxemburg.
Veränderte Sicherheitslage
Der russische Einmarsch in die souveräne Ukraine hat die globale Sicherheitslage rasch verändert. Die NATO bleibt unser bester und größter Schutz vor weiterem Putin-Abenteurertum, aber sie erfordert nachhaltige Innovationen und Investitionen. Alle Verbündeten sollten dieser Situation Rechnung tragen. Deutschland und Belgien haben eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben angekündigt, um das Zwei–Prozent-Versprechen zu erfüllen. Deutschland hat sich verpflichtet, 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Verteidigung auszugeben (Luxemburg muss im Vergleich dazu nur eine Milliarde
Dollar mehr ausgeben, um seine Zusage zu erfüllen). Rumänien, das seine Zwei–ProzentVerpflichtung bereits erfüllt hat, strebt nun 2,5 Prozent an.
Luxemburg leistet viele bedeutende Beiträge zur NATO, das Beherbergen der NATO Support and Procurement Agency (NSPA), das Land spielt eine entscheidende Rolle in der CyberReichweite der NSPA, das Mitwirken am Betrieb eines großen Lagers der US-Luftwaffe und die Verbesserung der Satellitenkapazitäten der NATO sind nur gute Beispiele. Aber sollte eines der erfolgreichsten Länder der Welt nicht mehr als 0,72 Prozent anstreben?
Luxemburgische Beamte haben eine Reihe von Beschränkungen für höhere Ausgaben identifiziert, darunter vor allem die geringe Größe der Armee. Diese Argumente sind gültig, aber der sich schnell entwickelnde Sicherheitskontext zwingt uns, Argumente dafür zu finden, mehr zu tun, anstatt Gründe dafür zu finden, dass dies schwierig wäre.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Luxemburg nachhaltig in die Verteidigung investieren könnte, insbesondere in Bereichen, in denen Luxemburg über umfangreiches und erstklassiges Knowhow verfügt – Weltraum, Cyber und die damit verbundene Forschung und Entwicklung. Es gibt
Raum, um mehr zu tun. Luxemburg sollte mindestens 1,28 Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben.
Ich fühle mich ermutigt durch die ernsthaften Bemühungen, die Minister Bausch unternimmt, um dieses Problem anzugehen. In seinem Vorwort zur luxemburgischen Verteidigungsstrategie sagt Minister Bausch: „Es
Luxemburg ist ein Land der Superlative: eine der wohlhabendsten Nationen der Welt, eine der offensten Gesellschaften der Welt und eines der sichersten Länder der Welt.
Luxemburg sollte mindestens 1,28 Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben.
liegt in der Verantwortung Luxemburgs, seinen Verpflichtungen als zuverlässiger Partner innerhalb dieser internationalen Organisationen nachzukommen und seine Verantwortung für die Bemühungen zu tragen, die einer kollektiven und gemeinsamen Verteidigung innewohnen.“
Ich könnte nicht mehr zustimmen. Während wir uns dem Gipfel am 29. Juni in Madrid und der künftigen NATO-Erweiterung nähern, werden die NATO-Verbündeten darauf hoffen, dass Luxemburg dieser Verpflichtung nachkommt.
Der Autor ist US-Botschafter in Luxemburg.
Das Hauptziel der Sanktionen ist klar: Die Kosten für den Angriffskrieg müssen für das Regime in Moskau auf Dauer so hoch werden, dass sie Putin letztlich an den Verhandlungstisch zwingen. Denn Diplomatie allein wird nicht reichen, um diesen Krieg schnellstmöglich zu beenden.
Tatenlos zuschauen, wie der Aggressor ein Land überfällt, besetzt, von der Landkarte ausradiert und selbst bedauernd an der Seitenlinie verharren, ist keine Alternative. Russland ist der Verursacher des Krieges in der Ukraine mit zehntausenden Opfern. Und der Westen steht in der moralischen Pflicht, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um dem Opfer, der Ukraine, die für ihre Souveränität einsteht, zu helfen, und dem Aggressor, Russland, die Kriegsführung soweit wie möglich zu erschweren, wenn militärisches Eingreifen aus nachvollziehbaren Gründen keine Option ist. Das Argument, anstatt auf Sanktionen nur auf Verhandlungen zu setzen, ist hier völlig fehl am Platz. Putin hat das Schachbrett der Diplomatie umgeworfen und ist an Verhandlungen derzeit nicht interessiert. Er versucht, mit militärischer Gewalt Fakten zu schaffen.
Es braucht ein Signal der Stärke, Einigkeit und Geschlossenheit der EU: Was Putin tut, wird nicht akzeptiert. Mit einem des Völkermordes Beschuldigten – Stichwort Butscha – machen wir keine Geschäfte und wir lassen mit der Ukraine eine in die EU strebende Nation nicht im Stich. Denn würde Putin die Erfahrung machen, dass die EU aus Angst vor möglichen eigenen wirtschaftlichen Nachteilen seine Gegenwehr einstellt und völkerrechtswidrige Gewaltpolitik einfach so hinnimmt, wird er nicht nur versuchen, weitere Nachbarländer unter seine Kontrolle zu bringen, wie etwa Georgien, Moldawien und die baltischen Staaten. Auch der Westen Europas wäre dann nicht mehr vor seinen Versuchen sicher, es sich durch Drohungen und Erpressungen gefügig zu machen.
Dabei geht es neben der Abkoppelung vom Finanzsystem Swift oder dem von der EU verhängten TeilEmbargo gegen russisches Öl vor allem um die zielgerichtete Sanktionierung von Technologie-Transfers, die auf Dauer überlebenswichtig für den russischen militärisch-industriellen Komplex sind. Das Fehlen an kritischen Komponenten wie Ersatzteilen für Flugzeuge und Maschinen dürfte etwa die russische Kriegswirtschaft härter treffen als jedes Öloder Gas-Embargo und die Finanzsanktionen. Denn es fehlt an dem notwendigen Know-how, um dies kurzfristig zu kompensieren.
Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg der Sanktionen wird also letztlich der Durchhaltewillen der EU sein. Putins Kalkül ist es dabei, dass die russische Duldsamkeit der vermeintlich europäischen Sensibilität überlegen ist. Der EU muss dagegen klar sein, dass die Sanktionen auch langfristig die Bereitschaft zu finanziellen und wirtschaftlichen Opfern erfordern. Es ist der Preis, den wir bereit sein müssen, für die internationale Solidarität zu zahlen. Doch dieser scheint gering im Vergleich zu den ukrainischen Soldaten, die tagtäglich auf dem Schlachtfeld ihr Leben riskieren und stellvertretend für den Westen für Werte wie Freiheit und Demokratie einstehen – und den Zivilisten, die dem Bombenhagel russischer Raketen ausgesetzt sind.
Es war ein Moment, der die Welt schockierte: Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg! Schon in den ersten Tagen, als Kampfbomber in enger Taktung wichtige Kriegsziele bombardierten und dabei den Tod Abertausender unschuldiger Zivilisten in Kauf nahmen, reagierte die internationale Gemeinschaft. Umgehend brachten die führenden Industrienationen harte Sanktionen auf den Weg, um den Aggressor wirtschaftlich zu schwächen und dadurch ein Ende der Kampfhandlungen zu erzwingen. Man wolle den Feind nachhaltig schwächen, damit er auf lange Sicht nicht mehr in der Lage sei, Kriege zu führen, hieß es aus hochrangigen Politikerkreisen. Die EU schloss den Aggressor nach zähem Ringen sogar aus dem internationalen Bankensystem Swift aus, was die Kommission als eine der schärfsten nur erdenklichen Strafmaßnahmen bezeichnete. Und damit hatte Brüssel Erfolg: Nach wenigen Wochen wurde die Spezialoperation beendet.
So hätten die Schlagzeilen im Frühjahr 2003 lauten können – doch natürlich ist dieses Gedankenspiel reine Fiktion. Denn trotz zahlreicher Mahnwachen und Proteste gab es keine konkreten Maßnahmen, um den damaligen US-Präsidenten George W. Bush daran zu hindern, im Irak einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
vom Zaun zu brechen. Die Folge waren jahrzehntelanges Chaos und menschliches Leid im Nahen Osten mit geschätzt 500 000 Toten.
Freilich: Der Angriff Putins auf die Ukraine liegt anders, doch das Beispiel zeigt, mit welch unterschiedlichem Maß gemessen wird, wenn es um die angemessene Reaktion auf kriegerische Handlungen geht. Freilich
Entscheidend wird letztlich der Durchhaltewillen der EU sein.
Bei der Frage nach der Reaktion auf Kriege wird mit sehr unterschiedlichem Maß gemessen.
könnte man jetzt einwenden, dass so ein historischer Vergleich nichts taugt; schließlich gehe es vielmehr darum, das jetzige Leid der Betroffenen zu verhindern. Doch wo ist dann, um nur ein Beispiel herauszugreifen, der westliche Einsatz für die Jemeniten? Der dortige Krieg, der als eine der schwersten humanitären Katastrophen der Welt gilt, interessiert faktisch kaum jemanden. Die Kriegspartei Saudi-Arabien bombardiert über Jahre hinweg Ziele im Jemen, dessen Bevölkerung unermesslich leidet – doch niemand käme deswegen auf die Idee, Sanktionen gegen die Saudis zu verhängen. Stattdessen werden die lupenreinen Demokraten in Riad und anderen Ölstaaten mit fragwürdiger menschenrechtlicher Bilanz vom Westen angesichts seiner Abkehr von russischen Ressourcen hofiert. Das ist grotesk.
In drei Monaten Ukraine-Krieg hat die EU bereits sechs Sanktionspakete erlassen, darunter auch die „ultimative Waffe“Swift. Doch all diese Maßnahmen erzielen nicht das erwünschte Ergebnis, Putin von seinem Kriegskurs abzubringen. Stattdessen treffen sie die einfache Bevölkerung – und dies nicht nur in Russland; auch ärmere Haushalte in Luxemburg leiden unter den Preissteigerungen. So, wie es nach vielen Jahren der Sanktionen im Iran der Fall ist. Wenn der Westen also Sanktionen verhängt, dann sollte er es glaubwürdig und stringent tun – und mit einem klaren Ziel, wie es der Ökonom Thomas Piketty beschrieben hat: „Um den russischen Staat in die Knie zu zwingen, müssen wir Sanktionen auf die dünne soziale Schicht von Multimillionären fokussieren, auf die sich das Regime stützt.“