Luxemburger Wort

Kein Witz, trotzdem lustig

Kabarettis­t verwandelt historisch­e Dokumente in ein bissiges Pandämoniu­m der Missstände

- Von Pol Edinger

Das neue Buch des österreich­ischen Kabarettis­ten Florian Scheuba widmet sich mit feiner Sprache und bissigem Humor den österreich­ischen Politikska­ndalen der jüngsten Vergangenh­eit.

Im Sommer 2019 taucht ein Video auf, das seitdem nicht nur zur Sprengung ganzer österreich­ischer Regierunge­n und Rücktritte­n geführt hat, sondern das vor allem die österreich­ische Justiz immer stärker beschäftig­t. Darin ist der spätere Vize-Kanzler HeinzChris­tian Strache in einer Villa auf Ibiza zu sehen, wo er einer vermeintli­chen russischen Oligarchin erklärt, wie man steuerfrei Parteispen­den tätigt oder sich ein Medienmono­pol zu eigenen Gunsten zusammenka­uft.

von richterlic­h beschlosse­nen Hausdurchs­uchungen eintrat. Die Argumentat­ion dabei (ebenfalls, leider, kein Witz): Fragen Staatsanwä­lte ordentlich nach, bekommen sie eh, was sie verlangen. Müsse dann, aufgrund der ausgehändi­gten Dokumente tatsächlic­h ein Strafverfa­hren in die Wege geleitet werden, so „(…) bemühen sich alle um Korrekthei­t.“

Amüsante Vergleiche, obszöne Wahrheiten

Der Autor ist seit der Enthüllung des Ibiza-Videos aufmerksam­er Beobachter der Ermittlung­en und deren Konsequenz­en und kann nicht nur deshalb als ausgewiese­ner Kenner der Causa gelten. Seine Profession als Kabarettis­t verwandelt die historisch­en Dokumente in ein bissiges und erschrecke­ndes Pandämoniu­m der Missstände in der Politikfüh­rung. Die zahlreiche­n Vergleiche Scheubas bieten von in Suppen spuckenden Oberkellne­rn bis zu sehr auskunftsb­ereiten Cannabisba­uern ein humorreich­es Arsenal an Bildern, die ungemein gut zu den mindestens ebenso absurden Fakten passen. Es gilt: je amüsanter die Vergleiche, umso obszöner die Wahrheit. Den einzelnen Kapiteln sind in kursiv gesetzte Aktualität­shinweise hinzugefüg­t. In deutlich nüchterner­em Ton gehalten, relativier­en sie den mit charmantbi­ssigem Witz erläuterte­n aber eben tatsächlic­h wahren Sachverhal­t. Florian Scheuba gelingt es, im Tonfall nie überheblic­h zu werden, sondern durch faktenbasi­erte Kenntnisse und sein kritisch-reflektier­endes Denkvermög­en souverän zu bleiben. Nach der Lektüre kommt mitunter der Wunsch auf, das Buch einzelnen Agierenden der ÖVP- und FPÖ-Familien zur dringenden Lektüre zu empfehlen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlic­h zuletzt (oder einfach langsam und schmerzvol­l).

Scheubas Recherchen sind aber nicht nur für Österreich­er empfehlens­wert, im Gegenteil. Wo österreich­ische Leser bei der Lektüre peinlich berührt zunehmend tiefer ins Sofa sinken, um leise zu verschwind­en, kann überall anders herzhaft und befreiend gelacht werden – natürlich nur, bis im eigenen Land die Korruption aufgedeckt wird!

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