Das Spiel mit der Angst
DVON STEVE REMESCH
ie Bürger der Hauptstadt haben bei den „Schäfferot on Tour“-Veranstaltungen unmissverständlich klargemacht, was ihre größten Sorgen sind: die Lebensqualität in ihren Wohnvierteln, die Verkehrsüberlastung, fehlende und unsichere Radfahrinfrastrukturen, der Parkraummangel und die Wohnungsnot. Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) hat aber am Dienstag offensichtlich ihr Wahlkampfthema vorgegeben: Angst. Die Stadt sei selbst an ihren schönsten Spielplätzen nicht mehr sicher. Es brauche private Sicherheitsdienste in den Straßen – auch in der Oberstadt. Die Polizei könne ihrer Aufgabe derzeit aus Personalmangel nicht gerecht werden. Man könne nicht warten, bis dieses Problem behoben sei.
Kalkül oder nicht: Es ist ein gefährlicher Diskurs, dessen Exzesse man aus den Vereinigten Staaten kennt oder auch aus dem Osten
Deutschlands: Der Staat versagt, wir müssen uns selbst helfen. Für Lydie Polfer ist die Sicherheitsdebatte aber auch Teil ihres Grundkapitals, das ihr sicher auch ihren vierten Platz im jüngsten Politmonitor eingebracht hat – weit vor ihrer Parteikollegin Corinne Cahen (Platz 27), der ebenfalls Ambitionen auf den Bürgermeisterposten nachgesagt werden.
Das am Freitag vorgestellte Gesetzesprojekt zum Gardiennage wird es Lydie Polfer ermöglichen, private Sicherheitspatrouillen in einem klaren gesetzlichen Rahmen überall im öffentlichen Raum einzusetzen. Ob diese das Sicherheitsgefühl der Bürger tatsächlich erhöhen werden, ist aber fraglich: Wenn es an jeder Ecke private Hilfssheriffs gibt, dann vermittelt das dem Bürger schließlich erst, dass er sich an einem gefährlichen Ort befindet. Ansonsten gäbe es ja keinen Bedarf für deren Präsenz.