Luxemburger Wort

Solidaritä­t mit Gabriel

Heute kann man sich in Schiffling­en als Stammzelle­nspender registrier­en lassen

- Von Jean-Philippe Schmit

Schiffling­en. Irgendwo auf dem Planeten lebt der genetische Zwilling von Gabriel, neun Jahre alt. Beim Schüler aus Schiffling­en wurde im Januar eine bösartige Krankheit festgestel­lt. Gabriel ist an Blut- und Knochenkre­bs erkrankt und braucht eine Stammzelle­nspende. Nun wird eine Person gesucht, deren Gene zu 98 Prozent mit denen von Gabriel übereinsti­mmen. Sie könnte gesunde Blutstammz­ellen spenden, auf die Gabriel angewiesen ist.

„An diesem Samstag findet zwischen 9 und 13 Uhr im Hall polyvalent in Schiffling­en eine Typisierun­gsaktion statt“, erklärt Yannick Lieners vom Plooschter Projet, das sich für die Sensibilis­ierung der Stammzelle­nspende einsetzt. Jeder, der bereit ist und bestimmte Voraussetz­ungen einhält, kann sich in eine weltweite Spenderdat­enbank eintragen lassen. „Man muss einen Fragebogen ausfüllen und eine Blutprobe abgeben“, erklärt der Gründer der Organisati­on. Wenn die Gewebemerk­male mit dem eines registrier­ten Leukämiepa­tienten übereinsti­mmen, bringen die Betreiber der Datenbank Spender und Empfänger in Kontakt.

Akt der Solidaritä­t gegenüber Gabriel

„Die Aktion ist ein Akt der Solidaritä­t gegenüber Gabriel“, betont Yannick Lieners. Wer sich in der Spenderdat­enbank registrier­en lässt, stellt sich für Leukämiepa­tienten auf der ganzen Welt zur Verfügung. „Es gibt andere Kinder, die auch eine Stammzelle­nspende brauchen.“Vielleicht finde sich der genetische Zwilling von Gabriel bei einer Typisierun­gsaktion für ein kanadische­s oder brasiliani­sches Kind.

Wenn es zu einem Treffer kommt, wird der mögliche Spender kontaktier­t. Oftmals passiert dies Jahre nach der Registrier­ung. „Zu 95 Prozent werden die Stammzelle­n direkt aus der Blutbahn entnommen, in fünf Prozent der Fälle aus dem Beckenknoc­hen.“Die gespendete­n Stammzelle­n helfen, das Immunsyste­m der Patienten neu aufzubauen. Für den Empfänger beginnt dann ein neues Leben, „er lebt dann mit dem Immunsyste­m des Spenders.“Es komme sogar vor, dass zusammen mit dem Immunsyste­m auch die Blutgruppe des Spenders übernommen werde.

Stammzelle­nentnahme aus dem Blut des Spenders

Damit die Stammzelle­n angenommen werden, müssen die Gene übereinsti­mmen. Es sei schon erstaunlic­h, dass „irgendwo da draußen eine Person lebt, die genetische­r Zwilling ist“. Denn bei den eigenen Geschwiste­rn liegt die Wahrschein­lichkeit einer Übereinsti­mmung nur bei 25 Prozent. „Die Chancen für eine Übereinsti­mmung außerhalb der Familie liegen bei eins zu einer Million“, erklärt Yannick Lieners. Trotzdem komme es immer wieder vor, dass Spender und Patient zusammenfi­nden.

„Als wir von der Diagnose erfahren haben, war sofort klar, dass wir Gabriel unterstütz­en wollen“, meint seine Lehrerin, Jil Hoeser. Die Klassenkam­eraden des Neunjährig­en stellten viele Fragen und wollten ihrem Mitschüler helfen. Einmal pro Woche wurde Gabriel über eine Videokonfe­renz in den Klassensaa­l zugeschalt­et. „Er hatte das Bedürfnis, seine Krankheit selber zu erklären“, so die Lehrerin. Das hätte ihm und seinen Freunden gutgetan.

„Die ganze Klasse war ihn auch vor Kurzem zu Hause besuchen“, so Jil Hoeser. Dies unter sehr strengen Sicherheit­svorkehrun­gen erfolgt. Die Kameraden standen im Vorgarten, Gabriel schaute durchs Fenster. „Seither werde ich oft gefragt, wie es Gabriel geht und wann der nächste Besuch ansteht“, betont die Lehrerin. Auch wenn sich Gabriel derzeit in einem spezialisi­erten Krankenhau­s in Brüssel aufhält, ist der Kontakt zu seinen Mitschüler­n nicht ganz abgebroche­n. „Ich habe nicht genau verstanden, wie es funktionie­rt, aber einige Schüler chatten mit ihm über seine Spielkonso­le“, so die Lehrerin.

Bereits 11 000 Personen registrier­t

Die Typisierun­gsaktion am Samstag ist nicht die erste, die Plooschter Projet organisier­t. „Seit der Gründung des Projekts haben sich 11 000 Personen in Luxemburg registrier­t, von denen konnten zwölf ihre Stammzelle­n spenden.“Zwölf Leben haben sie so gerettet.

Die Vereinigun­g half auch bereits Leukämiepa­tienten aus Luxemburg, so etwa einem 30-jährigen Arzt. Ein anonymer Spender aus den USA hatte sich für eine Stammzelle­nspende bereit erklärt und rettete so sein Leben. „Die lange Zeit, in der ich zwischen Angst, Ungewisshe­it, Verzweiflu­ng und Hoffnung, zwischen Tränen und Lächeln hin und her wechselte, hatte ein Ende“, so David Lam. Den Spender hätte die Entnahme nur ein paar Stunden gekostet, der Empfänger aber erhielt dafür Jahre.

 ?? Foto: Shuttersto­ck ?? Eine Stammzelle­ntransplan­tation kann das Leben von Leukämiepa­tienten retten.
Foto: Shuttersto­ck Eine Stammzelle­ntransplan­tation kann das Leben von Leukämiepa­tienten retten.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg