Luxemburger Wort

Neue Ideen für die Einkaufsme­ile

Escher Alzettestr­aße soll in den kommenden Jahren aufgewerte­t werden

- Von Raymond Schmit

Esch/Alzette. Mit knapp einem Kilometer ist sie die längste Fußgängerz­one Luxemburgs. Doch 30 Jahre, nachdem die Autos aus dem Einkaufsme­kka verbannt wurden, hat die Alzettestr­aße in Esch an Attraktivi­tät eingebüßt. Geht es den Hausherren im Rathaus nach, dann wird das sich ändern. Ein internatio­naler Architekte­nwettbewer­b soll es richten.

Dass im Herzen von Luxemburgs zweitgrößt­er Stadt König Fußgänger regiert, ist schon längst eine Selbstvers­tändlichke­it. Dass das Zepter vom Autofahrer an den Kunden, der den eigenen zwei Beinen den Vorzug gibt, übergehen sollte, war in der Planungsph­ase aber nicht unumstritt­en. Über Sinn und Zweck einer Fußgängerz­one lieferten sich Ende der 1980er-Jahre Mehrheit und Opposition im Stadtrat zum Teil hitzige Wortgefech­te. Da gab es die Bedenken, dass eine wichtige Ost-West-Verbindung

im Zentrum der Stadt verschwind­en würde und die übrigen Verkehrsac­hsen überlastet würden.

Konzept umstritten

Aber auch das zurückbeha­ltene Konzept war nicht nach jedermanns Geschmack. Vor allem störten sich die Gegner an den lila Masten. Und das hatte seinen Grund, denn die Stahlträge­r gab es nicht zum Nulltarif. Eine Million Franken (umgerechne­t rund 25 000 Euro) sollten sie das Stück kosten. Für diejenigen, die stilisiert­e Vögel aus wetterfest­em Material darstellen sollten, fiel die Rechnung noch gesalzener aus. Für die Gegner war das in Zeiten einer klammen Gemeindeka­sse ein Ding der Unmöglichk­eit. Die hitzigen Debatten sind längst vergessen. Die lila Masten sind zu einem Wahrzeiche­n der Stadt geworden, und auch der Pleitegeie­r hat nicht zur Landung auf dem Dach des Rathauses angesetzt. Dass der Zahn der Zeit an der Alzettestr­aße genagt hat, ist aber unübersehb­ar. Eine Frischzell­enkur soll der Einkaufsme­ile mit regionaler Ausstrahlu­ng mehr Anziehungs­kraft verleihen. Dass dieses Ziel nicht kurzfristi­g zu erreichen ist, dessen ist sich Bürgermeis­ter Georges Mischo (CSV) bewusst.

Die Erkenntnis, dass ein frischer Wind durch die Fußgängerz­one wehen muss, ist nicht neu. Das war schon im Kommunalwa­hlkampf 2017 ein Thema. Die schwarz-grün-blaue Mehrheit sei nach dem Einzug ins Rathaus nicht untätig gewesen, betont Mischo, der die Erneuerung der Alzettestr­aße als Teil der Aufwertung des gesamten Zentrums betrachtet. Das habe 2018 mit einer Bürgerbete­iligung begonnen und seinen Niederschl­ag in 13 Maßnahmen gefunden. Dazu gehören die Begrünung der Fußgängerz­one, das Pflanzen von Bäumen, das Aufstellen von Blumenkübe­ln, das Anlegen von vergänglic­hen Gärten, die Verbesseru­ng der Beleuchtun­g, eine neue Weihnachts­beleuchtun­g, die Überarbeit­ung des Fußgängerl­eitsystems und der

Kampf gegen Geschäftsl­eerstände. Zusätzlich sollen Sitzbänke für Farbtupfer sorgen. Die gefallen nicht jedem, aber „über Geschmack lässt sich streiten“, so der Bürgermeis­ter. Demnächst soll auch eine öffentlich­e Toilette in einem Haus eingericht­et werden, das die Gemeinde in der Rue de la Libération angemietet hat. Das entspreche einem langjährig­en Wunsch der Kundschaft.

Wettbewerb ausgeschri­eben

Die Erneuerung soll in den kommenden Jahren angegangen werden. Deshalb wurde europaweit ein Architekte­nwettbewer­b ausgeschri­eben, der begleitete­t wird vom Architekte­nbüro WW+ sowie den Planungsbü­ros Schroeder & Associés und Goblet & Lavandier. Erste Ergebnisse liegen vor. Die Untersuchu­ngen haben ergeben, dass das gesamte Versorgung­snetz sich in einem nicht einwandfre­ien Zustand befindet. Deshalb sollen sämtliche unterirdis­chen Infrastruk­turen und der Kanal erneuert werden. Befasst wurde sich auch mit den einst umstritten­en lila Masten: „Die bleiben stehen“, so Bürgermeis­ter Mischo. Gedanken gemacht wurde sich auch über ein neues Verkehrsko­nzept, u. a. was die Querstraße­n betrifft. Die könnten in Zukunft bei Veranstalt­ungen für den Verkehr gesperrt werden. Gearbeitet wird außerdem an einem neuen Lieferkonz­ept.

Wichtig erscheint es dem Hausherrn im Rathaus, dass die unmittelba­r Betroffene­n, die Geschäftsl­eute, in die Planung einbezogen werden. Man habe von Anfang an einen permanente­n Gedankenau­stausch mit dem Geschäfts- und Handwerker­verband gehabt, versichert Mischo.

Im Rahmen des europäisch­en Wettbewerb­s wurden neun Arbeiten eingereich­t, die alle die Kriterien erfüllen. Am 18. Mai wurde in einer Sitzung eine erste Auswahl getroffen. Dabei wurden fünf von neun Entwürfen für die engere Auswahl zurückbeha­lten. In der Jury waren neben den Mitglieder­n des Schöffenra­ts der Präsident des Geschäftsv­erbandes, drei Vertreter des Architekte­nordens, drei internatio­nale Planer und ein Vertreter der Uni Luxemburg.

Die Autoren der fünf zurückbeha­ltenen Entwürfe wurden gebeten, ihre Arbeiten zu verfeinern und sie bis zum 15. September einzureich­en. Der Gewinner soll dann am 14. Oktober ermittelt werden.

Bürgermeis­ter Georges Mischo geht davon aus, dass die Planungsph­ase 2023 anlaufen könnte. 2024 soll dann mit der Ausführung der Arbeiten begonnen werden. Sie sollen in acht Phasen von je 80 m durchgefüh­rt werden. Das ganze Unternehme­n könnte bis zu dreieinhal­b Jahre in Anspruch nehmen. Wichtig erscheint es Georges Mischo, dass während der ganzen Umbauphase der Zugang zu den Geschäften gewährleis­tet bleibt. Mit der Verjüngung­skur verfolgt man im Rathaus ein klares Ziel. Bürgermeis­ter Mischo: „Die Leute sollen sich wohlfühlen im Zentrum.“Und: „Es muss uns gelingen, Geschäfte nach Esch zu holen, die es sonst nirgendwo gibt.“

 ?? Foto: Raymond Schmit ?? Die Fußgängerz­one in Esch/Alzette ist in die Jahre gekommen. Nun soll sie erneuert und somit wieder attraktive­r werden.
Foto: Raymond Schmit Die Fußgängerz­one in Esch/Alzette ist in die Jahre gekommen. Nun soll sie erneuert und somit wieder attraktive­r werden.
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