Kämpfen wie Bruce Lee
Die Taekwondo-Elite trifft sich am Wochenende bei den LuxOpen in der Coque
Es ist paradox. Die Sportart Taekwondo ist seit 22 Jahren olympisch, doch Aufmerksamkeit erregt sie dennoch kaum. Der große Bruder Karate hingegen steht, auch in Luxemburg, deutlich häufiger im Fokus. Bei den Sommerspielen sind die Karatekas – mit Ausnahme von Japan im vergangenen Jahr – hingegen (noch) nicht dabei.
„Dafür gibt es mehrere Gründe“, erklärt Taekwondo-Nationaltrainer Waldemar Helm. „Einerseits gibt es im Taekwondo einen dominierenden Weltverband, andererseits ist die Sportart sehr offen, was die Anpassung der Regeln betrifft.“Im Klartext: Im Karate rückte man im Laufe der Zeit wenig von Traditionen ab, während sich das Taekwondo mit den Jahren massiv weiterentwickelte.
Was das in der Praxis bedeutet, können sich die Sportfans am Samstag und Sonntag in der Coque in Kirchberg anschauen. Denn bei der fünften Ausgabe der LuxOpen im Taekwondo sind nicht nur die besten einheimischen Kämpfer am Start, sondern auch etliche Athleten internationaler Klasse. Am Samstag gehen die Cadets und Junioren an den Start, am Sonntag kämpfen die Frauen und Männer (jeweils ab 9 Uhr).
Vielversprechende Talente
Nach zwei Jahren Corona-Pause sind bei den LuxOpen 2022 fast 800 Kämpferinnen und Kämpfer aus 58 Ländern mit dabei. Die Nationalmannschaften aus Argentinien, Brasilien, China, Frankreich oder Großbritannien haben genauso gemeldet wie verschiedene Kaderteams aus Deutschland. Aus Luxemburger Sicht nehmen 13 Athleten aus fünf Vereinen teil.
Die Hoffnungen der Fédération luxembourgeoise des arts martiaux (FLAM) ruhen vor allem auf Sekou Coulibaly (-68 kg) und Louis Feiereisen (-58 kg). Die beiden Mitglieder des COSL-Promotionskaders kommen frisch aus der Jugend und versuchen nun, sich bei den Erwachsenen zu etablieren. Beide waren Ende Mai bei der EM in Manchester am Start. „Sekou und Louis sind vielversprechend, brauchen aber noch Erfahrung bei den Männern“, sagt Helm. „Für eine Medaille in der Coque ist es vermutlich noch zu früh.“
Was für den Nationaltrainer, der seit Mitte der 1980er-Jahre Taekwondo betreibt und seit Januar 2021 den Posten in Luxemburg innehat, eine große Umstellung bedeutet, ist für seine jungen Schützlinge selbstverständlich. „Nach dem neuen Kampfsystem müssen die Treffer weniger hart, dafür aber präziser sein. Dementsprechend wird auch trainiert. Die junge Generation kennt das gar nicht anders“, erläutert Helm.
Was der Nationalcoach meint: Im Taekwondo werden die Treffer mittlerweile elektronisch gemessen. Überall am Körper befinden sich Sensoren – in den Kampfwesten, den Helmen, den Handschuhen und den Socken. Das Wertungssystem ist somit genauer und transparenter, da die Zuschauer die Treffer auf dem Scoreboard nachvollziehen können.
Elektronische Revolution
Damit wurde auch Vorwürfen Rechnung getragen, dass durch Entscheidungen von Kampfrichtern in der Vergangenheit bestimmte Nationen bevorzugt wurden. Kritische Stimmen, die bemängeln, dass Taekwondo vor der elektronischen Revolution dynamischer und schneller gewesen sei, gibt es allerdings auch. „Wir haben früher sogar ohne Kopfschutz und Wettkampfmatten gekämpft“, verrät Helm, der von 2000 bis 2012 deutscher Nationaltrainer gewesen war. „Grundsätzlich ist diese Entwicklung aber richtig.“
Eine weitere Änderung, welche die Zuschauer am Wochenende in der Coque erleben können, ist ein neues Rundensystem. Statt wie zuvor über drei Durchgänge alle Punkte zusammenzuzählen, müssen die Athleten nun zwei von drei Runden gewinnen, um sich am Ende durchzusetzen. „Dabei geht es einmal mehr um die Attraktivität unserer Sportart – vor allem im Hinblick auf Paris 2024“, erklärt der Coach.
Attraktiv genug sollte Taekwondo ohnehin sein. „Es ist schon eine sehr spektakuläre Disziplin“, sagt Waldemar Helm. „Was Fußtechniken betrifft, gibt es weltweit keine andere Sportart, die da heranreicht.“Dies sei auch der Hauptunterschied zum Karate. Während dort das Verhältnis von Angriffen mit Händen und Füßen etwa ausgeglichen ist, wird beim Taekwondo zu 80 Prozent mit Tritten gepunktet. „Fans alter Bruce-Lee-Filme werden einiges wiedererkennen.“