Keine Vorgaben für Restopolis
Es fehlen Mindestquoten für regionale und biologische Lebensmittel
Mehr als 45 000 Gerichte werden täglich Jugendlichen und Lehrerinnen in 80 verschiedenen Cafeterien und Kantinen von Restopolis serviert. Wer bei einer solchen Reichweite über die Entscheidungsmacht verfügt, den Versorgungsgrad durch regionale oder biologische Lebensmittel vorzugeben, sorgt im Rahmen eines Gesetzesprojektes, der zurzeit in der Abgeordnetenkammer diskutiert wird, für Gesprächsstoff.
Blanche Weber, Präsidentin vom Mouvement Ecologique (Mouveco) und Luc Emering, Präsident der „Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren“, kritisierten am Montag die Umgestaltungspläne des Erziehungsministeriums und drängen darauf hin, dass Restopolis seitens der Regierung klare, eindeutige und verbindliche Vorgaben erhält, was in Zukunft in Besonderem die Beschaffung der Lebensmittel betrifft.
Eine Neuausrichtung mit weitreichenden Folgen
Eigentlich hätte Restopolis durch die Festlegung von Zielen und Aufgaben in eine eigenständige Verwaltung umgewandelt werden sollen, doch hinkt das Gesetzesprojekt zur Neuorientierung hinterher. Grund dafür ist unter anderem eine „Opposition formelle“vonseiten des Staatsrates, welcher Restopolis in seiner Begutachtung das Hoheitsrecht abspricht, zentrale Aspekte wie jene der Lebensmittelherkunft selbst normativ festzulegen.
Dass die Neuausrichtung von Restopolis weitreichendere Folgen als die Schaffung einer eigenständigen Verwaltung nach sich zieht, geben der Mouveco und die Jungbauern in einer gemeinsamen Pressemitteilung zu bedenken: „Was etwas dröge und eher wie ein rein administrativer Akt klingt, ist von herausragender Bedeutung für die Luxemburger Landwirtschaft, den Biolandbau, den Klima- und Biodiversitätsschutz und schlussendlich auch für das Wohlbefinden zahlreicher Jugendlicher und Lehrer.“
Beide Organisationen verlangen feste Mindestquoten für biologische und regionale Lebensmittel, denn das Recht auf gesundheitsförderliche, unbelastete Ernährungsangebote sowie Planungssicherheit müsse weiterhin von den politisch gewählten Entscheidungsträgern ausgehen und nicht „vom Gutdünken und der Selbstdefinition einer nachgelagerten Verwaltung“abhängen.
Dadurch soll vermieden werden, dass die „Macht“und Alleinentscheidungsbefugnisse von Restopolis gefestigt und ausgebaut werden, heißt es vonseiten des Mouveco und der Jungbauern.
Mit der Verschärfung der Klimaund Biodiversitätskrise sei es wichtiger denn je, nationale und EU-Ziele mit der Aktivität von Restopolis abzustimmen, so Blanche Weber:
„Wenn der nationale Bioaktionsplan den Ausbau des Biolandbaus voranzutreiben anstrebt und wir im Klima- und Energiebereich die verpflichtenden EUZiele
erreichen wollen, dann müssen Mindestquoten für die obligatorische Anwendung biologischer und regionaler Lebensmittel sowie dem vegetarischen und veganen Angebot im Gesetzesprojekt verankert werden.“
Vage und unverbindliche Zielvorgaben
Die im Sommer von Restopolis vorgelegte „Food4Future“-Strategie, durch welche mehr lokale und biologische Nahrungsmittel den Weg auf die Teller finden sollen, sei „gut gemeint“, doch betitelt der Präsident der Jungbauern Luc Emering die Initiative bloß als „gut klingende Marketingleistung“.
Vage und unverbindliche Aussagen in den Zielvorgaben des Projektes würden konkrete Maßnahmen zur Förderung von regionalen und biologischen Produkten ausblenden. Eine „enge Kollaboration mit regionalen Herstellern“und eine „maximale Förderung von regionalen Lebensmitteln“werden von Restopolis angestrebt – Zahlen oder Prozentsätze sind in den Zielvorgaben dennoch nicht auffindbar. Das Projekt bliebe somit eine „reine Absichtserklärung, ohne Chance auf Umsetzung“, so Emering.
Voraussetzung für die Reformierung der Ausschreibungspraxis, um den Zugang von Landwirten aus der Großregion zu ermöglichen, sei eine verstärkte Datenerhebung, um den Bedarf an Lebensmitteln zu definieren, so Emering. Verlässliche Zahlen über die real verwendeten Lebensmittel vonseiten Restopolis gebe es bis dato nicht. Auch eine Zufriedenheitsumfrage bei den Kantinennutzern fehle gänzlich.
Dass nicht nur Konsumenten, sondern auch Lokalproduzenten von der Umsetzung der Ziele des Projekts ausgeschlossen werden, davon zeugt die einschränkende Ausschreibungspraxis von Restopolis. Damit auch kleinere Lieferanten aus der Großregion für die Belieferung mit Lebensmitteln infrage kommen, dürfen landesweit nicht mehr in einem engen Zeitrahmen die gleichen Menüs angeboten werden. Kleine Produzenten können in dem System die geforderten Mengen für eine landesweite Versorgung sonst nicht liefern.
„Das führt dazu, dass Ware quasi automatisch von großen und oft ausländischen Firmen stammen muss“, moniert Emering. Mittels regionaler Antennen könnte aber ein dezentralisierter Einkauf sichergestellt werden, doch müsse Restopolis selbst eine aktivere Rolle in der Beschaffung der Waren übernehmen.
„Mehr als nur eine reine Worthülse“
Dass Konsumenten, Produzenten oder gar Ernährungsexperten im Entscheidungsprozess von Restopolis wenig miteinbezogen werden, bemängeln Mouveco und Jungbauern zusätzlich. Gemäß dem neu geschaffenen Artikel 19 des Gesetzesprojektes soll ein „Comité d'accompagnement“mit internen Experten die Ausrichtung von Restopolis begleiten. Lehrer, Schüler, Vertreter von Elternkomitees oder gar Ernährungsexperten sind von diesem Gremium dennoch ausgeschlossen.
Kommt es nicht zu einer Überarbeitung des Gesetzesprojektes 7792, sehen Mouveco und Jungbauern schwarz für die Zukunft: „Restopolis wäre somit ‚Alleinherrscher‘: Ersteller seiner eigenen Regeln – deren Umsetzer sowie zudem auch noch Überwacher der Umsetzung seiner selbst erstellten Vorgaben. Auf allen Ebenen hätte sich Restopolis seine Vormacht gesichert.“
Es ist die verdammte Pflicht einer Regierung und nicht einer Verwaltung, klare gesetzliche Vorgaben festzulegen. Blanche Weber, Präsidentin Mouveco