Wachablösung in Italiens Rechtslager
Lega-Chef Matteo Salvini verliert seine Führungsrolle bei den Kommunalwahlen
Rom. Die Wahlen in knapp tausend italienischen Gemeinden waren der letzte große Test vor den Parlamentswahlen im Frühling 2023, bei denen der Nachfolger von Mario Draghi als Ministerpräsident gekürt werden wird. Und nach den Kommunalwahlen ist die Wahrscheinlich stark gestiegen, dass es sich nicht um einen Nachfolger, sondern erstmals um eine Nachfolgerin handeln wird: Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia, hat das interne Duell gegen ihren Konkurrenten im Rechtslager, Lega-Chef Matteo Salvini, klar für sich entschieden. Sie wird, wenn nicht alles täuscht, die Mitte-Rechts-Koalition, der auch Ex-Premier Silvio Berlusconi angehört, bei den Parlamentswahlen als Spitzenkandidatin anführen.
Die Resultate der Kommunalwahlen sind zwar noch mit Vorsicht zu genießen: Bei Redaktionsschluss handelte es sich erst um
Hochrechnungen, und es lagen auch aus diversen Orten noch keine Ergebnisse vor. Aber der Trend war offensichtlich: Die Römerin Meloni hat mit ihrer Partei den Mailänder Salvini und die Lega sogar in den Stammlanden der einst autonomistischen Partei, in Norditalien, in der Wählergunst hinter sich gelassen. Überall, wo es Hochrechnungen gab, lag die Fratelli d'Italia vor der Lega. In Mittel- und Süditalien, wo die Lega aufgrund ihrer früheren rassistischen Ausfälle gegen die „terroni“traditionell wenig Sympathien genießt, hat Salvini gegen Meloni ohnehin keine Chance.
Der Höhenflug Melonis
Die Wachablösung bei der italienischen Rechten hatte sich bereits in den Umfragen abgezeichnet: Ende Mai schob sich die Fratelli d'Italia vor den sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) und wurde stärkste Partei des Landes
– als erste Partei seit dem Zweiten Weltkrieg, deren Wurzeln noch auf den Faschismus von Diktator Mussolini zurückgehen. Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Rechtslager ist spektakulär: In nur drei Jahren ist die Lega von Salvini von 34 Prozent bei den Europawahlen 2019 auf 15 Prozent in den Umfragen vom Mai abgestürzt; im gleichen Zeitraum kletterte die Meloni-Truppe von 6,5 auf 22 Prozent. Der Höhenflug Melonis erfolgt fast vollständig auf Kosten von Salvini, der wegen seiner Putin-Begeisterung weitere Sympathien eingebüßt hat.
Auch wenn Salvini das persönliche Duell gegen Meloni verloren hat, so kann er sich zusammen mit seinen Koalitionspartnern immerhin damit trösten, dass sich das Mitte-Rechts-Lager bei den Kommunalwahlen insgesamt gut geschlagen hat, zumindest in den Städten, wo sie gemeinsam als Koalition angetreten sind. D.S.